GTD: Arbeiten ohne Prioritätenliste
Viele Zeitmanagementsysteme bestimmen die Reihenfolge, in der Aufgaben abzuarbeiten sind, an Hand zweier Kriterien:
- Wichtigkeit und
- Dringlichkeit.
Das klingt zunächst einleuchtend, führt aber zu grundlegenden Problemen. Zum ersten werden bei dieser Vorgehensweise erst alle Aufgaben abgearbeitet, die in der höchsten Prioritätsstufe rangieren, dann die Aufgaben der nächstniedrigeren Prioritätsstufe, und so weiter.
Da aber im Alltag immer wieder neue wichtige und sehr wichtige, sowie dringende und sehr dringende Aufgaben anfallen, laufen die als weniger wichtig und dringend eingestuften Aufgaben Gefahr, immer weiter hinaus geschoben zu werden.
Zum zweiten lässt der Alltag oft gar nicht zu, dass Sie sich der Aufgabe mit der höchsten Priorität als erstes widmen: Wenn Sie zwei Stunden brauchen, um eine wichtige Präsentation vorzubereiten, aber nur noch zehn Minuten Zeit bis zur nächsten Besprechung haben, werden Sie wohl erst gar nicht mit der Präsentation anfangen.
Wenn Sie sich nach der Besprechung ins Auto setzen, um von Köln nach Hamburg zu fahren, hätten Sie zwar genug Zeit, sollten während der Fahrt aber besser Ihre Augen auf die Straße richten, als auf Ihr Notebook-Display. Und wenn Sie am späten Abend in Ihrem Hotel in Hamburg ankommen, fehlt Ihnen schlicht die Energie, Ihr Notebook einzuschalten und die Präsentation zu erstellen.
„Priorität" als Hauptkriterium für die Reihenfolge zu wählen, in der die Aufgaben angegangen werden, wirkt oft sogar als psychischer Hemmschuh, sich anderen Aufgaben zu widmen.
Der beste „nächste Schritt"
Genau hier setzt das GTD-System an. GTD beansprucht, den kompletten Alltag zu organisieren, und nicht nur die wichtigsten und dringendsten Aufgaben. Bei Durchsicht der Listen mit den „nächsten Schritten" entscheiden Sie nach den folgenden Kriterien, welchen davon Sie als erstes erledigen:
Kontext: Der „Kontext" nimmt die wichtigste Stellung ein. Wenn Sie in Ihrem aktuellen „Kontext" keinen Computer haben, können Sie den Schritt „Präsentation vorbereiten" vergessen. Wollen Sie dagegen Ihre fünfzig Kilometer entfernt wohnende Großtante besuchen, geht das am besten im Kontext „Auto" oder „Zug". Empfehlenswert ist deshalb eine eigene „Nächste-Schritte-Liste" für jeden einzelnen Kontext in Ihrem Alltag.
Zeit: Es liegt auf der Hand, dass Sie keine Arbeit in Angriff nehmen sollten, die vier Stunden in Anspruch nimmt, wenn Ihnen bis zum nächsten Termin nur fünfzehn Minuten bleiben. Der beste „nächste Schritt" im aktuellen „Kontext" ist der, der am besten in das gerade offene Zeitfenster passt. So wird auch der lästige Kleinkram konsequent erledigt.
Energie: Einen wichtigen Brief zu verfassen oder einen komplizierten Vertragstext konzentriert durchzusehen, kostet mehr Kraft als eine Routinetätigkeit. Gehen Sie die schwierigeren Aufgaben zu Zeiten an, an denen Ihnen mehr Energie zur Verfügung steht, als beispielsweise nach einer anstrengenden Autofahrt oder gegen Ende eines überlangen Arbeitstages.
Priorität: Die „Priorität" ist erst das vierte Entscheidungskriterium. Erst, wenn sich mehr als eine Aufgabe im passenden Kontext anbietet, für die Sie aktuell ausreichend Zeit und Energie haben, entscheidet die „Priorität", welche dieser Aufgaben Sie angehen sollten. Eine „Prioritätenliste" benötigen Sie dafür aber meist nicht.
Wenn Sie sich an diese Reihenfolge halten, um den aktuell geeignetsten „nächsten Schritt" auszuwählen, erledigen Sie regelmäßig auch die Aufgaben, die eigentlich keine all zu hohe Priorität aufweisen, noch bevor sie so dringend werden, dass Sie um die Erledigung nicht mehr herum kommen.
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