Mit systemischem Kurzzeit-Coaching werden unselbständige Mitarbeiter zu Problemlösern
Als Führungskraft sind Sie permanent Fragen Ihrer Mitarbeiter ausgesetzt, wie diese oder jene Angelegenheit zu handhaben ist. Das kostet nicht nur Zeit, es bindet auch Arbeitskraft. Damit ist jetzt Schluss – mit systemischem Kurzzeit-Coaching befähigen Sie auch unselbständige Mitglieder Ihres Teams zur eigenständigen Lösungsfindung.
Das Grundproblem erkennen
Mitarbeiterfragen zwischen Tür und Angel zu beantworten, endet in der Regel in einem Teufelskreis. Um den Fragesteller zu mehr Eigenverantwortlichkeit zu bewegen, fehlt Ihnen meist die Zeit. Also benennen Sie selbst schnell eine Lösung für das Problem. Damit vertiefen Sie aber die Abhängigkeit, denn der Mitarbeiter wird sich selbstverständlich weiterhin mit seinen Problemen und „Problemchen“ an Sie wenden. Kommt es dann erneut zu dieser Situation, stehen Sie wieder vor dem gleichen Dilemma – entweder selbst die Antwort geben, oder sich kostbare Zeit von einer anderen Aufgabe abziehen. Probieren Sie es hier doch einmal mit systemischem Kurzzeitcoaching – Sie werden sehen, es lohnt sich.
Mit Kurzzeit-Coaching Teufelskreis auflösen
Innerhalb des systemischen Kurzzeit-Coaching sollen Sie Ihren Mitarbeiter beraten und unterstützen, ohne mit konkreten Antworten aufzuwarten. Ihre Verantwortung liegt hier lediglich in der Gestaltung eines Prozesses. Diese Verantwortung – also das Suchen und Finden von Lösungen – übergeben Sie dem Mitarbeiter. Mit offenen Coaching-Fragen aktivieren Sie gezielt dessen Problemlösungsfähigkeit.
Übersicht zum Download
In unserer Übersicht: Ablauf systemisches Kurzzeit-Coaching zeigen wir Ihnen auf, wie so ein Prozess gestaltet werden kann.
Ohne Fleiß kein Preis
Ein solches Vorgehen stellt selbstverständlich gewisse Anforderungen. Hier die entscheidenden Punkte:
- Trotz Ihres Wissens und Ihrer Erfahrung müssen Sie sich grundsätzlich zurücknehmen
- Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass Ihr Mitarbeiter über eigene Lösungskompetenz verfügt
- Wertschätzen Sie seine Lösungsideen und zeigen Sie in seine Lösungsfindung Vertrauen
- Machen Sie sich bewusst, dass sich Ihre eigene Denkstruktur oder Ihr Erfahrungsspektrum von der Ihres Mitarbeiters unterscheidet. Dieser Unterschied wird meist auch in den Lösungen sichtbar, die Ihr Mitarbeiter für das Problem finden wird.
- Denken Sie immer daran – das Problem, das Ihr Mitarbeiter hat, ist in erster Linie sein Problem. Es fordert deshalb seine Lösung, nicht die Ihrige.
Begegnen Sie Ihren eigenen Zweifeln
Nicht jede dieser Anforderungen wird Ihnen leicht fallen umzusetzen. Denn wie bei jedem Empowering (Befähigung zur Problembewältigung) -Prozess geben Sie Macht und Kontrolle ab. Manche Führungskräfte haben – unberechtigterweise – Schwierigkeiten, mit einem solchen Verlust umzugehen. Wenn Sie hier schon zweifeln, sollten Sie Ihr Selbstbild dringend einer Revision unterziehen.
Der Umgang mit Vorbehalten
Erfahrungsgemäß werden Sie die Lösung Ihres Mitarbeiters nicht immer sofort begrüßen, Wie Sie diesbezüglich mit Ihren eigenen Vorbehalten und Ressentiments umgehen sollten, zeigen wir Ihnen anhand des Fragekatalogs:
1. Was ist, wenn die Lösung, die Ihr Mitarbeiter findet, nicht klappt?
Überlegen Sie einmal, ob jeder Ansatz, den Sie früher vorgeschlagen hatten, funktionierte – wahrscheinlich nicht. Bedenken Sie auch, dass Ihr Mitarbeiter direkt ins Problem involviert ist – er weiß also besser über das Problem Bescheid und kann so einen Lösungsansatz wählen, der näher am Problem ist.
2. Was tun Sie, wenn Sie die Lösungsidee Ihres Mitarbeiters als gänzlich ungeeignet beurteilen?
Hüten Sie sich davor, hier schnell selbst eine Antwort zu geben. Sie zerstören ansonsten das Vertrauen und die Befähigung des Mitarbeiters für künftige Coaching-Prozesse. Wenn sie von der Untauglichkeit des Mitarbeitervorschlags überzeugt sind, bleiben Ihnen vier Möglichkeiten, zu reagieren:
- Klopfen Sie am besten seine Lösung mit weiteren offenen Fragen ab:
- „Angenommen Sie wären Teamleiter und ich Ihr Mitarbeiter: Was würden Sie mir raten?“
- „Woran werden Sie erkennen, dass Sie die für sich passende Lösung gefunden haben, mit der auch andere gut leben können?“
- „Was würde Kunde X/Kollege Y/Abteilung Z sagen, dass Sie tun müssten, um das Problem loszuwerden?“ - Falls das Ergebnis gleich bleibt, lassen Sie sich seine Idee erläutern.
- „Können Sie mir bitte die Vor- und Nachteile offenlegen, die dieser Vorschlag für Sie hat?“ - Fassen Sie seinen Vorschlag in eigenen Worten zusammen, um sicherzustellen, dass Sie seine Botschaft auch richtig gehört haben. Diese Wiederholung der eigenen Idee schafft bereits eine gewisse Distanz, durch die der Mitarbeiter seinen Vorschlag kritischer betrachten kann.
- Teilen Sie Ihrem Mitarbeiter Ihre Bedenken mit. Geben Sie ihm die Chance, sich mit diesen auseinanderzusetzen.
3. Wie können Sie sicherstellen, dass der Mitarbeiter seine Lösung auch umsetzt?
Beim Kurzzeit-Coaching müssen Sie stets auch die Vorgehensweise ansprechen, wie die Lösung realisiert werden soll.
Tipp
Gerade bei schwerwiegenderen Problemen sollten Sie Kontrollpunkte setzen, bei denen Sie gemeinsam die erreichten Ergebnisse besprechen.
Systemische Haltung – Was heißt das eigentlich
a) Guckloch-Haltung
Nach Heinz von Foerster können wir beim Selbstmanagement zwischen der so genannten Guckloch‐Haltung und der Teil der Welt‐Haltung wählen. Die Guckloch‐Haltung nehmen wir dann ein, wenn wir uns die Realität so vorstellen, dass wir sie stets von außen - durch ein Guckloch - betrachten. Die Welt läuft quasi vor unseren Augen ab, sie muss so akzeptiert werden, wie sie in unserer Wahrnehmung „ist“. Prägende Aussagen dafür sind:
„Die Situation ist eben so“
„Das erfordert der Markt“
„Da haben wir keinen Einfluss“
Die Guckloch‐Haltung ist bei vielen Mitarbeitern verbreitet.
b) Teil der Welt-Haltung
Die Teil der Welt‐Haltung inkludiert den Menschen dagegen als Teilhaber und Teilnehmer in jene Welt, in der er sich augenblicklich bewegt. Er versteht sich als Teil eines sozialen Systems“(des Teams, des Unternehmens, der Familie, etc.). Diese Lebenshaltung verschafft insofern ein grundlegend anderes Weltbild, als dass derjenige etwas zu dem beitragen kann, was als Realität erlebt wird. Auf den Punkt gebracht: Da nur wir die Welt mit unseren Augen sehen können, können wir sagen können: Wir erzeugen die Welt, die wir sehen.
Manchmal besteht auch ein Mix aus diesen beiden Haltungen – abhängig davon, welcher (Lebens-)Bereich angesprochen wird
Systemische Haltung sieht sich als Teil der Welt
Durch das systemische Kurzzeit-Coaching führen Sie Ihren Mitarbeiter automatisch an die Teil-der-Welt-Haltung heran. Das bedeutet, dass Sie und Ihr Mitarbeiter sich als Teil des sozialen Systems – auch des Systems Unternehmen – empfinden und in dem Sie oder Ihr Mitarbeiter handeln, beeinflussen Sie stets das gesamte soziale System. Jede Handlung hat also Auswirkungen. Der Vorteil dieser Teil der Welt-Haltung ist: Niemand ist dem jeweiligen System, an dem der teilnimmt, hilflos ausgeliefert, sondern er kann innerhalb dieses Systems für sich Verantwortung – durch sein Handeln, Denken und Reflektieren – übernehmen!
Perspektivenwechsel kann schwerfallen
Für viele Menschen ist diese Haltung ein radikaler Einschnitt in die bisherigen Denkstrukturen, in denen dass was dem täglichen Tun und Geschehen zugrundeliegt, als etwas Gegebenes empfunden wird, das nicht verändert werden kann. So finden sich viele mit Ihrem Schicksal – oder der jeweiligen Situation ab – und hoffen auf eine Rettung von außen. Der Einzelne kommt dann nicht auf die Idee, dass er das Außen selbst mitgestalten kann.
Systemische Fragen erzeugen Bewegung
Sie sollen Ihren Mitarbeiter bei der Suche nach Lösungen mental in Bewegung bringen, um nicht allein seine bloße Verantwortung zu wecken, sondern ihm auch zu helfen, die Anzahl seiner potenziellen Handlungsalternativen zu erweitern. Diese mentale Bewegung erreichen Sie, indem Sie seine Art über dieses spezifische Problem zu denken und zu handeln, in Frage stellen. Systemische Fragen (s. a. Wichtige Musterfragen)
- bringen Ihren Mitarbeiter zum Denken, da sie neue Informationen erzeugen. „Woran werden Sie merken, dass das Problem zufriedenstellend gelöst wurde?“
- fragen nach dem Tun. „Was wollen Sie jetzt unternehmen?“
- sind lösungsfokussiert. „Wer außer Ihnen wäre von der Lösung noch betroffen?“
- vergrößern den Handlungsspielraum. „Was denken Sie, was hier an Lösungen möglich wäre?“
- konzentrieren sich auf die Zukunft, nicht auf die Vergangenheit. „Nehmen wir an Ihr Ziel wäre schon erreicht – wie verhalten Sie sich dann?“
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