So kündigen Sie einem Mitarbeiter menschlich korrekt
Einem Mitarbeiter die Kündigung auszusprechen, ist keine Entscheidung, die Sie von jetzt auf gleich treffen können.
Hier hat der Gesetzgeber einen Riegel vorgeschoben. Ob sich daran gehalten wird, ist natürlich eine ganz andere Geschichte.
In manchen Branchen wird gerne das amerikanische Hire-and-fire-Prinzip praktiziert, trotz des hohen Risikos, sich mit dem Gekündigten vorm Arbeitsgericht wiederzutreffen.
Sie haben also Kündigungsfristen einzuhalten und müssen formale Richtlinien beachten. Orientierungshilfen, die diesen Schritt kaum erleichtern.
Und der die Vorkommnisse, die zur Kündigung geführt haben, völlig außer Acht lässt. Denn jeder Kündigung geht eine Geschichte voraus.
Sei es, das Unternehmen stürzt in eine finanzielle Krise, strebt eine Fusion an, führt Umstrukturierungen durch oder die Leistung des Mitarbeiters ist über einen längeren Zeitraum nicht zufrieden stellend.
Die Kündigung ist für beide Seiten der letzte Schritt, der von Ihnen als Führungskraft gut vorbereitet werden sollte.
Kündigen Sie Ihrem Mitarbeiter menschlich korrekt: 5 Schritte
Schritt 1: Kündigung: Ultima Ratio
Ziel: Jeder Mitarbeiter verdient Chancen, sich zu verbessern. Stellen Sie diese sicher.
Jedes Unternehmen verdient diese Chancen auch. Denn das Rekrutieren eines neuen Mitarbeiters kostet Geld.
Anzeigen, Auswahlverfahren, Vorstellungsgespräche, Einarbeitung, (Trainee-)Ausbildung, sind nur einige der Kostenfaktoren, die das Unternehmen stemmen muss, bevor der Mitarbeiter überhaupt einen Bleistift in die Hand genommen hat.
Zu diesen Kosten addieren sich noch die sogenannten versteckten Kosten wie Teamdesorientierung oder Teamleistungsabfall, die die Entlassung eines Mitarbeiters häufig mit sich bringen.
Im Klartext: dem Mitarbeiter Chancen einzuräumen, ist zielgerichtetes, unternehmerisches Handeln.
Klären und überprüfen Sie:
- Was die Ursache für seine unzufrieden stellende Leistung ist? Seit wann besteht dieser Leistungsabfall?
- Was benötigt er, um seine Leistung anzuheben und zu verbessern?
- Wie läuft die Zusammenarbeit im Team?
Bitten Sie den Mitarbeiter unbedingt zu einem klärenden Mitarbeitergespräch. Fragen Sie nach seiner Meinung.
Lassen Sie ihn die Lage einschätzen. Stellen Sie gleichzeitig in diesem Gespräch klar, welche Erwartungen Sie an ihn stellen.
Fixieren Sie die vereinbarten Punkte.
Überreichen Sie dem Mitarbeiter eine Kopie dieser Vereinbarung.
Sollte keine Besserung eintreten, auch bei wiederholten Gesprächen nicht, klären Sie mit der Personalabteilung ab, ob eine Abmahnung sinnvoll und möglich ist.
Teilen Sie dem Mitarbeiter unbedingt mit, dass eine Kündigung droht, sollte sich keine Besserung einstellen.
Expertenrat
Dokumentieren Sie die Vereinbarungen, die Abfolge und Inhalte der Mitarbeitergespräche, als auch die Gründe für Ihre Unzufriedenheit.
Erstellen Sie eine entsprechende Leistungsdokumentation des Mitarbeiters.
Für die spätere Kündigung unerlässlich.
Schritt 2: Notwendige, unangenehme Entscheidung treffen
Ziel: Ziehen Sie die schmerzliche Grenze. Denken Sie an das Team und das Unternehmen.
Solch eine Entscheidung will gut überlegt sein.
Hier einige notwendige Aspekte, die Sie beleuchten sollten:
- Welche Anstrengungen hat der Mitarbeiter unternommen? Hat sich etwas verbessert, was? Hat sich etwas verschlechtert, was?
- Welche Auswirkungen hat es auf das Team? Leidet die Zusammenarbeit? Ist die Arbeitsmoral des Teams auf dem Tiefpunkt? Gibt es ständige Beschwerden über den Mitarbeiter? Melden sich gute Mitarbeiter deswegen krank?
- Ist die Produktivität gesunken? Treten Fehler auf? Wird schlampig gearbeitet?
- Ist der Umsatz zurückgegangen? Sind Kunden verärgert? Gab es Reklamationen?
Einem Mitarbeiter Chancen einzuräumen, ist gut. Auch für die Moral der gesamten Belegschaft.
Jeder weiß, er wird fair behandelt und nicht sofort „vor die Tür gesetzt". Allerdings darf dies zu keinem Dauer-Chancen-Renner werden.
Denn dann ist die Moral schnell wieder verflogen. Die Mitarbeiter, die sich engagieren, gute Leistung bringen und das Unternehmen nach vorne bringen, fühlen sich ansonsten ausgenutzt, auch von Ihnen als Führungskraft.
Denken Sie an Ihr Team. Treffen Sie deshalb eine klare Entscheidung.
Schritt 3: Die Kündigungsfrist als Deadline
Ziel: Ohne Planung geht es nicht.
Die Kündigungsfristen setzen den Zeitplan. Fragen Sie bei der Personalabteilung nach, wie lange der Mitarbeiter bereits im Unternehmen tätig ist.
Markieren und fixieren Sie das Kündigungsdatum in Ihrem Kalender. Dies ist Ihre Deadline. Bis dahin müssen Sie arbeitstechnische Details klären und planen:
Baustein 1: Der Mitarbeiter:
- Wie viel Urlaub hat der Mitarbeiter noch zu erhalten?
- Muss anteilmäßig Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld einbehalten werden?
- Kann oder soll er sofort freigestellt werden?
- Was muss er an Firmeneigentum zurückgeben?
- Wie soll die Zeit bis zu seinem Ausscheiden geregelt werden? Welche Arbeitsübergabe verlangen Sie? Wer soll seine Arbeit danach erledigen und benötigt eventuell eine Einweisung?
- Welche Fakten sollen ins Arbeitszeugnis aufgenommen werden?
- Und: Für wann setzen Sie das Kündigungsgespräch am Deadline-Tag an?
Baustein 2: Das Team und Unternehmen
- Wann und wie informieren Sie das Team?
- Wer muss im Unternehmen, außer HR , noch über das Ausscheiden des Mitarbeiters unterrichtet werden?
- Wie soll die Arbeit zukünftig aufgeteilt werden?
- Wer übernimmt dessen Posten? Wird Ansprechpartner für die anderen Abteilungen
- Ist eine Neueinstellung geplant? Ab wann?
- Wer muss außerhalb des Unternehmens informiert werden?
Baustein 3: Sie als Führungskraft
- Wie soll das Kündigungsgespräch strukturiert sein (Script erstellen)?
- Welche Gefühle entstehen? Schuldgefühle? Ängste? Unsicherheiten? Was verbirgt sich hinter diesen Gefühlen?
- Welche Gedanken herrschen vor? Könnten diese eventuell das eigene professionelle Auftreten während des Kündiungsgespräches hemmen? Wie? Was sollte dafür vorher gelöst werden?
Diese Vorbereitung sollten Sie nicht mal nebenbei erledigen. Schließlich wollen Sie das Kündigungsgespräch so professionell, gleichzeitig aber auch so kurz und schmerzlos halten wie möglich. Je ausführlicher Sie für sich (und mit der Personalabteilung) klären, wie die Zeit von der Kündigung bis zum letzten Arbeitstag für den Mitarbeiter geregelt sein soll, desto klarer und strukturierter wird das Kündigungsgespräch dann verlaufen können.
Sie werden das Gespräch durch diese Fakten lenken, Fragen des Mitarbeiters vorgreifen und bei emotionalen Überreaktionen schnell das Gespräch wieder auf diese Details richten können.
Schritt 4: Das Kündigungsgespräch
Ziel: Seien Sie direkt und verständlich.
Denken Sie bei der Festlegung des Zeitpunktes ausschließlich an Ihren Mitarbeiter.
Denn für ihn ist der Tag gelaufen, sobald er die Kündigung erhalten hat.
Einen vollen Arbeitstag unter den Augen seiner Kollegen zu überstehen, ist eine Zumutung.
Am besten Sie legen das Gespräch kurz vor Büroschluss. So hat der Mitarbeiter Gelegenheit, sich zu fangen.
Auch wird die Nachricht nicht unkontrolliert seine Runde machen und so den Arbeitsablauf des Teams stören.
Führen Sie das Gespräch auch nicht in Ihrem Büro durch, sondern in einem Konferenzraum.
Sie können so nach Beendigung der Unterredung den Raum verlassen. Gleichzeitig hat Ihr Mitarbeiter die Möglichkeit, einige Minuten alleine zu sein.
6 Tipps für das Kündigungsgespräch
Tipp 1:
Stellen Sie Getränke bereit. Ob nun Kaffee oder Wasser. Sollte der Mitarbeiter anfangen zu weinen, bieten Sie ihm einfach etwas zu trinken an. Gleichzeitig zu weinen und zu trinken, ist unmöglich. So mancher aggressiver Zeitgenosse konnte mit „Trinken Sie erst einmal einen Schluck" auch zur Beruhigung gebracht werden.
Tipp 2:
Kommen Sie gleich zur Sache. Erläutern Sie kurz die Gründe für diese Entscheidung, ohne jetzt aber die gesamten Ereignisse der letzten Monate aufzulisten. Ihr Mitarbeiter kennt schließlich die Vorgeschichte.
Tipp 3:
Legen Sie ihm die schriftliche Kündigung vor. Lassen Sie sich den Erhalt dieser Kündigung quittieren (dies ist für einen späteren Rechtsstreit ganz wichtig!).
Tipp 4:
Ein heikler Moment. Emotionen brechen vielleicht hervor. Geben Sie dem Mitarbeiter Zeit, sich zu äußern. Hören Sie zu. Bleiben Sie ruhig. Setzen Sie Grenzen, wenn der Mitarbeiter „ausrastet". Wiederholen Sie Ihre Beweggründe.
Tipp 5:
Lenken Sie schließlich den Fokus auf die Dinge, die noch geregelt werden müssen - Arbeitsplatzübergabe, Zurückgabe von Firmeneigentum - und wie die Zeit bis zum letzten Arbeitstag geregelt ist. Sagen Sie zu, dass das Arbeitszeugnis in zwei Tagen vorliegt.
Tipp 6:
Schließen Sie das Gespräch. Wünschen Sie Ihrem Mitarbeiter für die Zukunft alles Gute. Und verlassen Sie den Konferenzraum.
Schritt 5: Das verbleibende Team informieren
Ziel: Fangen Sie schlechte Stimmungen auf. Setzen Sie den neuen Kurs.
Emailen Sie nach Beendigung des Gespräches an alle verbleibenden Teammitarbeiter eine kurze Information über das Ausscheiden des Kollegen.
Bitten Sie für den nächsten Tag zu einer Teambesprechung.
In der Teambesprechung soll der Kurs für die nächste Zeit abgesteckt werden (und nicht von Ihnen erklärt werden, warum dem Mitarbeiter gekündigt wurde!).
Wie die Arbeit neu verteilt wird und wie die Übergangszeit geregelt ist. Ein wichtiger Aspekt auch im Hinblick auf Betriebsinterna.
Ihre verbleibenden Teammitglieder müssen wissen, in welche Projekte der Mitarbeiter weiterhin involviert ist und welche Arbeitsinformationen auch mit ihm besprochen werden dürfen.
Achten Sie in der kommenden Zeit gezielt auf die Stimmung im Team. Sprechen Sie Schwankungen an.
Im Team oder falls es einzelne Mitarbeiter betrifft in Einzelgesprächen.
Checkliste zum Download
Prüfen Sie anhand dieser Checkliste, ob Sie Ihrem Mitarbeiter menschlich korrekt kündigen.
Checkliste: Vorbereitung einer Kündigung durch Arbeitgeber
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