Krisenmanagement: Wie Sie sich und Ihr Team durch schwierige Zeiten managen
Krisenmanagement stellt eine besondere Herausforderung an Sie als Führungskraft. Sie müssen Ihr Team durch schwierige, stürmische Zeiten führen, obwohl Sie gleichzeitig selbst in dieser Krise stecken.
Sie sind also auch betroffen, mit all den dazugehörigen Emotionen, Gedanken und Unsicherheiten. Dies mag eine Hürde darstellen, um die notwendige „Distanz" zur Krise zu erreichen.
Es ist jedoch von Vorteil, denn Sie können so bestens Empathie für Ihre Mitarbeiter aufbringen, die je nachdem wie schwer Ihr Unternehmen von der Krise betroffen ist, in einem Trauma stecken.
In vielen Fällen kann solch eine schwierige Zeit den Boden unter den Füßen wegreißen. Ihre Mitarbeiter fühlen sich desorientiert und erkennen keinen gewohnten Arbeitsablauf, der die wichtige Sicherheit vermittelt.
Das sonst vertraute Arbeitsumfeld wird zu einem instabilen Minenfeld, bei dem jeder Schritt eine Explosion auslösen könnte. Vieles, wie die persönliche Karriereplanung, scheint mit einem Schlage zerplatzt zu sein. Gepaart mit der Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, stellt sich jeder die ungewisse Frage „Wohin geht der Kurs?!"
Einer Frage, der Sie begegnen müssen, um den Kurs der Abwärtsspirale erfolgreich mit Ihrem Team gegenzusteuern. Veränderungsmanagement im wahrsten Sinne des Wortes befähigt Sie und Ihre Teammitglieder, die Krise als Chance zu erkennen. Denn Change bedeutet Wandel. Und mit einem Wandel, sei es in der Effizienz, in der Kundenbetreuung oder in anderen Bereichen, werden Sie und Ihr Team aus dieser schwierigen Zeit als Gewinner hervorgehen.
Die Krise als Chance: 3 Bausteine, wie Sie und Ihr Team als Gewinner hervorgehen
Drei wesentliche Bausteine werden von Ihnen als Führungskraft in dieser Krise erwartet:
- Das Unternehmen wird von Ihnen als Vorgesetztem einen Teambericht (Abteilungsbericht) fordern, mit den bisherigen Arbeitsleistungen, den Zukunftsprognosen und den Auswirkungen der Krise.
- Ihre Mitarbeiter möchten natürlich so schnell als möglich, Klarheit über die Zukunft des Unternehmens und damit Ihrer Arbeit erhalten. Diese Klärung müssen Sie beim Unternehmen einfordern.
- Kümmern Sie sich um die individuellen Nöte und Bedürfnisse Ihrer vielleicht traumatisierten Mitarbeiter.
Baustein 1: Teambericht in 5 Schritten
Setzen Sie so schnell wie möglich eine Besprechung mit Ihrem Team an. Planen Sie mindestens ein bis zwei Stunden dafür ein.
Schritt 1: Gewinnen Sie Klarheit über die Auswirkungen
Ziel: Durch die Auflistung wird Abstand gewonnen
Geben Sie Ihrem Team ruhig einige Zeit, um persönliche Unsicherheiten und Besorgnisse zu äußern. So fühlt sich jeder ernst genommen und der gemeinsame Austausch hat schon etwas die Last von den Schultern genommen.
Bitten Sie Ihr Team, unter Versicherung, dass Sie weiterhin ein offenes Ohr für Ihre Fragen und Sorgen haben werden, nun die Auswirkungen der Krise auf das Team und die Abteilung zu konkretisieren.
Folgende Fragen dienen als Einstieg:
- Was hat sich verschlechtert?
- Welche Probleme sind aufgetreten?
- Welcher Bereich ist besonders betroffen?
- Welche Abläufe werden behindert? Wie, wodurch?
- Welche Einbußen sind eingetreten?
- In welcher Form hat dadurch die Arbeitsleistung und Bearbeitung bestimmter Aufgaben gelitten?
Schritt 2: Erkennen Sie die stabilen Fakatoren
Ziel: So stärken Sie das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiter
Lenken Sie nach Beendigung des ersten Schrittes die Aufmerksamkeit des Teams sofort auf diesen Schritt. Zwar wurde Abstand gewonnen, gleichzeitig ist so manches schwarz auf weiß auch erdrückend.
Es heißt jetzt konkret, den Blick weg von der Misere hin zum Können, Wissen und zu stabilen Faktoren zu richten. Denn keine Krise zerstört wirklich alles. Eine Krise bringt ein Ungleichgewicht, mal stärker, mal schwächer. Jetzt heißt es eine neue Balance zu finden. Dafür müssen Sie und Ihr Team sich auf Ihre Fähigkeiten besinnen.
Folgende Fragen dienen als Einstieg:
- Welcher Bereich blieb davon völlig unangetastet oder wurde nur sehr wenig belastet?
- Was blieb sich gleich?
- Welche Abläufe laufen wie gewohnt?
- Worauf ist weiterhin Verlass?
- Welche Aufgaben und Arbeitsleistungen konnten ohne Beeinträchtigung verrichtet werden?
- Hat sich etwas sogar verbessert?
Mit dem ersten und zweiten Schritt haben Sie für den Teambericht die Auswirkungen der Krise bearbeitet.
Schritt 3: Machen Sie eine Inventur der Leistungen
Ziel: Holen Sie endlich das Können und das Wissen zurück und stärken so erneut das Selbstvertrauen Ihrer Mitarbeiter
Konzentrieren Sie sich dabei zum einen auf die Aufgaben des Teams und der Abteilung, die für den Teambericht wichtig sind - dies brauchen Sie für Ihren Bericht.
Fragen Sie aber gleichzeitig auch ab, wie in der Vergangenheit mit Problemen, Konflikten und Krisen umgegangen wurde. Dies ist ganz wichtig. Sie aktivieren so gezielt die Fähigkeiten, die in jedem Ihrer Teammitglieder schlummern, um auch diese schwierige Zeit zu wandeln.
Fragen, die den Einstieg erleichtern:
- Welche Aufgaben werden bewältigt? In welchem Zeitraum? Wer ist dafür zuständig?
- Wie liegt hier die Erfüllungsquote?
- Welche Projekte wurden durchgeführt? Welche Ergebnisse erreicht? Wurde dafür auch abteilungsübergreifend zusammengearbeitet?
- Welche Aufgaben und Projekte sind gerade in der Bearbeitung?
- Welche Neuerungen und Verbesserungen etabliert? Mit welchem Ergebnis für das Team, die Abteilung und das Unternehmen?
- Welche Abteilungen sind von der Arbeit des Teams abhängig? Wem wird unternehmensintern zugeliefert?
- Welche Probleme wurden wie gelöst?
- Welche Konflikte wurden wie entschärft und zur Auflösung gebracht?
- Gab es bereits schwierige Zeiten, die das Team „durchstanden" hat? Welche? Gibt es Ähnlichkeiten zu der bestehenden Krise? Welche? Wie wurde damals gehandelt?
Mit diesem Schritt haben Sie die Arbeitsleitungen für den Teambericht erfasst.
Schritt 4: Stellen Sie sich der Herausforderung
Ziel: Legen Sie mit dem Team die empfundene Ohnmacht ab. Gewinnen Sie Ihre Macht zurück
Überlegen Sie gemeinsam mit dem Team, wie diese schwierige Zeit erfolgreich überstanden werden kann. Das Augenmerk richtet sich nun auf den Wandel. Jede Idee ist dafür willkommen.
Fragen für den Einstieg:
Allgemeiner Natur:
- Welche Trends und Umschwünge sollten frühzeitiger berücksichtigt werden?
- Welche externen Gruppen wie Kunden oder Zulieferer mehr mit ihrem Wissen eingeplant werden?
- Was müsste getan werden, um die Krise noch zu verschlimmern?
- Wie könnten die Auswirkungen einer ähnlichen Krise zukünftig so klein als möglich gehalten werden?
- Was müsste getan werden, um überhaupt nicht mehr in solch eine Krise zu gelangen (soweit es im Einflussbereich des Unternehmens liegt)?
Für das Team im speziellen:
- Was könnte das Team tun, um die Krise noch zu verschlimmern?
- Was könnte im Team optimiert werden, um die Krise zu entschärfen?
- Welche Arbeitsabläufe sollten umstrukturiert werden? Wie? Weshalb? Welche Ergebnisse werden damit erreicht?
- Wie könnten Aufgaben schneller und effizienter erledigt werden? Welche Ergebnisse werden dadurch erzielt?
- Welche Arbeitsabläufe sollten aufgenommen werden? Welche wurden bisher vernachlässigt?
- Welche Prozesse können geändert werden? Wie? Mit welchem Ergebnis?
- Was hindert solch eine Umstellung? Was benötigt das Team, um eine Änderung nachhaltig zu etablieren?
Schritt 5: Entwerfen Sie einen Plan
Ziel: Untermauern Sie das Gefühl der wiedergewonnenen Macht durch gezielte Schritte der Umsetzung
Unabhängig davon, ob Sie nun wissen, wie die Unternehmensführung die Zukunft plant, besprechen Sie mit Ihrem Team den Lageplan für die kommende Zeit. Dadurch
- gewinnt das Team einen positiven Handlungsrahmen,
- wird wieder Stabilität in den Arbeitsprozess gebracht,
- stellt sich die wichtige Zuversicht und das ebenso wichtige Zutrauen wieder ein.
Fragen, die unterstützen:
- Welche Ideen kann das Team kurz-, mittel- oder langfristig umsetzen?
- Welche Ideen liegen allein im Handlungsbereich des Team (benötigen also nicht beispielsweise Änderungen in der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen)?
- Wie müssen dafür Arbeitsabläufe geändert werden?
- Wer muss dafür was tun? Bis wann? Und wie?
Die Ergebnisse der Schritte 4 und 5 bilden die Zukunftsprognosen für den Teambericht.
Expertenrat
Die Schritte 4 und 5 werden bei einigen auch Skepsis hervorrufen. Einwände wie „Dies hat doch eh' keinen Sinn, was soll das Ganze?" oder „Das Unternehmen steht schon mit dem Rücken an der Wand", sind angesichts der schwierigen Zeit, berechtigt. Nehmen Sie diese ernst.
Entgegnen Sie jedoch entschlossen: „Sicher, wir als Team haben nur einen begrenzten Einfluss wie das Unternehmen uns alle aus dieser Krise steuert. Eins ist jedoch gewiss, wenn wir als Team geschlossen, einig und vor allem mit neuen Konzeptionen und Ideen auftreten, wird das Unternehmen uns nicht einfach unterbuttern können. Unser Ziel ist, uns als starken Partner zu präsentieren und zu zeigen, dass wir für den Erfolg kämpfen werden!". Oder „Ich stimme Ihnen zu, dass Unternehmen hat momentan keinen großen Handlungsradius. Die Situation scheint fast ausweglos. Nur sollte keiner von uns, diesen Kampf einfach aufgeben und sich der Ohnmacht hingeben. Wir haben alle noch Chancen. Und für diese Chancen gilt es sich einzusetzen. Gemeinsam."
Baustein 2: Klärung von der Unternehmensleitung einfordern in 2 Schritten
Schritt 1: Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor
Ziel: Stärken Sie durch Klarheit Ihre Position
Die wichtigste Aufgabe, den Teambericht, haben Sie zusammen mit Ihrem Team bewältigt. Bereiten Sie sich nun in Ruhe auf das bevorstehende Gespräch vor, ob es nun eine Konferenz mit allen Abteilungsleitern ist oder auch Einzelgespräch mit der Unternehmensleitung. Planen Sie eine Stunde dafür ein. Überlegen Sie sich,
- wie das Unternehmen bisher in schwierigen Zeiten verfahren ist? Welche Strategie wurde stets angewandt? Kurzarbeit, Entlassungen, Kürzungen der Boni oder des Weihnachtsgeldes?
- wie hat das Unternehmen auf seine Mitarbeiter eingewirkt? Außen vor gelassen oder miteinbezogen?
- ob Entscheidungen der Unternehmensleitung frühzeitig bekannt gegeben wurden? Ob die Entscheidungsfindung transparent gemacht wurde?
Kurzum: Was erwarten Sie?
Schritt 2: Legen Sie Ihre Strategie fest
Ziel: Wappnen Sie sich
Ihre Erwartungen geben Ihnen die notwendige Orientierung, um sich Argumente für einen anderen Weg zu überlegen. Listen Sie weitere Ideen auf, die Sie als Gegenvorschlag einsetzen möchten.
- Bei Drohung von Kündigungen: Ist Kurzarbeit nicht eine Alternative? Können angesammelte Überstunden abgebaut werden? Urlaub jetzt genommen werden? Können Mitarbeiter als freie Mitarbeiter gewonnen werden?
- Bei Drohung von Umstrukturierungen: Können Arbeitsabläufe so koordiniert werden, dass das Team dennoch in seiner Zusammensetzung bestehen bleibt? Denn jede Versetzung bedeutet auch, dass sich Mitarbeiter neu orientieren müssen und dies kostet Zeit und das Unternehmen Geld! Können verschiedene Teams in Projekten übergreifend zusammen arbeiten?
Expertenrat
Ob nun Kündigungen drohen oder Umstrukturierungen vorgenommen werden, „berechnen" Sie unbedingt die versteckten Kosten, die in diesen Schritten enthalten sind. Es geht um Wissensverlust oder die Beschädigung wichtiger Kundenbeziehungen. Ist der Schaden nicht letztendlich höher, als das eingesparte Mitarbeitergehalt?
Noch wichtiger: Teilen Sie das Ergebnis Ihres Klärungsgespräches Ihrem Team sofort mit.
Baustein 3: Die Nöte und Sorgen Ihrer Mitarbeiter auffangen in 2 Schritten:
Schritt 1: Fangen Sie Veränderungswehen auf
Ziel: Die Veränderungen so schmerzlos und reibungslos wie möglich zu gestalten
Das Unternehmen hat entschieden. Nun stehen die Veränderungen, die zur Krisenbewältigung festgelegt wurden, fest. Helfen Sie Ihrem Team, den eventuellen Schock zu überstehen.
- Bei Kündigungen: Geben Sie dem Team Zeit, sich in Anerkennung voneinander zu lösen. Sichern Sie gleichzeitig die Übergabe von Wissen und Erfahrungen. Lassen Sie Wut und Frust nicht unausgesprochen im Team gären, so sinkt garantiert die Motivation aller Beteiligten.
- Bei Umstrukturierungen: Klären Sie in persönlichen Gesprächen die Schwächen und Stärken der einzelnen Mitarbeiter. Zeigen Sie auf, welche Chancen die Umstrukturierung mit sich bringt. Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter dabei, sich für die kommende Zeit, persönliche Arbeitsziele zu setzen und die Karriereplanung so wieder in Schwung zu bringen.
- Richten Sie die Aufmerksamkeit auf erzielte Erfolge: Feiern Sie diese entsprechend. Was wurde vom Unternehmen angenommen? Welche Idee hat dort gezündet? Bleibt alles in der Besetzung beim Alten? Dann würdigen Sie zusammen mit dem Team diesen Gewinn!
Schritt 2: Schaffen Sie einen Geist des Wandels
Ziel: Den Mitarbeitern durch gezielte Unterstützung den Wandel zu erleichtern
Die Phase des Umbruches wird noch eine Weile anhalten und von allen Beteiligten eine Bereitschaft zur steten Wandel und Anpassung fordern. Unterstützen Sie Ihr Team, indem Sie
- die Kultur der offenen Tür verstärkt praktizieren. Dies signalisiert, dass Sie für die Belange Ihrer Mitarbeiter offen sind.
- einen Jour-fix pro Woche für Teambesprechungen, Dauer ca. 1 Stunde, einrichten, der nur ausschließlich dem Wandel mit seinen Möglichkeiten und Schwierigkeiten gewidmet ist. Manches Mal reicht dafür ein Monat, manches Mal ist ein Vierteljahr notwendig.
- Ihre Mitarbeiter auffordern, sich bewusst zu machen, wovon sie sich verabschiedenmüssen. Jeder Wandel fordert ein Loslassen. Was ist dies bei den Einzelnen?
- immer wieder betonen, dass für jeden eine große Chance und Gewinn in dieser Krisesteckt. Durch den Teambericht haben alle diesen für das Team gesehen. Bitten Sie nun Ihre Mitarbeiter, sich auch auf persönlicher Ebene damit auseinzusetzen. Welche Chance bietet mir die Krise persönlich? Was kann ich lernen? Welchen Gewinn kann ich erzielen?
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