Arbeitszeugnis: Nicht nur der Inhalt, auch die Form zählt!
Ganz klar – verbindliche Normen, wie bspw. die für Geschäftsbriefe einschlägige DIN 5008, gibt es für Arbeitszeugnisse nicht. Trotzdem haben sich mittlerweile allgemeine Mindestanforderungen eingebürgert, die für ein korrektes Arbeitszeugnis maßgeblich sind.
Wichtiger Hinweis
Durch die äußere Form darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass sich der Arbeitgeber vom Wortlaut seiner Erklärung distanziert!
Grundsätzlich ist das Zeugnis PC- bzw. maschinenschriftlich auf dem im Unternehmen üblichen Geschäftspapier zu erstellen.
- Das Zeugnis soll sauber und ordentlich geschrieben sein. Flecken, Radierungen, Verbesserungen, Durchstreichungen oder ähnliche Auffälligkeiten sind nicht erlaubt
- Andeutungen durch Ausrufe- und Fragezeichen, die Verwendung kursiver Schrift oder von Anführungszeichen, die den Wortlaut des geschriebenen In Frage stellen, sind ebenfalls unzulässig.
- Ort und tatsächliches Datum der Ausstellung müssen angegeben werden. In der Praxis wird hier allerdings oft das Datum der Beendigung des Arbeitsverhältnisses datiert. Das Zeugnis muss handschriftlich vom Arbeitgeber oder einem offiziellen Vertreter des Arbeitgebers (Vertretung muss gekennzeichnet sein!) unterschrieben werden. Falls ein anderer Arbeitnehmer als Vertreter des Arbeitgebers unterschreibt, sollte dieser im gleichen Unternehmen in leitender Stellung und in höherer Position als der Beurteilte tätig sein.
In den meisten Unternehmen hat sich ein gewisser Gliederungsstandard anhand der folgenden 6 Punkte eingebürgert:
1. Überschrift:
Üblich ist es, das Dokument mit der Überschrift Zeugnis oder Arbeitszeugnis zu versehen. Bei besonderen Arbeitsverhältnissen wird in der Regel ein entsprechender Zusatz (bspw. Ausbildungs- oder Praktikantenzeugnis) vorangestellt.
Hinweis:
Viele Unternehmen geben zu Beginn ein kurzes Statement zum Unternehmen ab. Bei kleineren Unternehmen kann dies den Vorteil haben, dass der Leser direkt einen Einblick in den Unternehmensgegenstand erhält und sich die Informationen nicht noch recherchieren muss.
2. Eingangsformel:
Hier sollten sich die Personalien des Angestellten und die Dauer (Anfangs- und Enddatum) des Arbeitsverhältnisses befinden.
3. Aufgabenbeschreibung:
Ausgeübte Tätigkeiten im Unternehmen, Positionen, Kompetenzen und Verantwortung des Arbeitnehmers.
4. Leistungsbeurteilung:
Beurteilung der Fähigkeiten, Motivation, Arbeitsweise und Erfolg sowie ggf. bei Mitarbeitern mit Personalverantwortung Führungsqualitäten. Bewertung anhand einer Notenskala.
5. Verhaltensbeurteilung:
Verhalten des Beurteilten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Dritten (Kunden und sonstigen Geschäftspartner). Bewertung anhand einer Notenskala.
6. Schlussformel
Hier sollten sich Dankesbezeugungen, Bedauern seitens des Arbeitgebers über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie Wünsche für die Zukunft wiederfinden.
Übersicht zum Download
Anhand der Übersicht: Gängige Zeugnisformulierungen und ihre Bedeutung können Sie sich einen ersten Eindruck verschaffen, was von diversen Zeugnisverfassern mit den jeweiligen Sätzen gemeint ist und wie diese beim Empfänger (Zeugnisadressat) verstanden werden.
Besonders wichtig – Die Schlussformel
Für einen neuen Arbeitgeber ist der Grund des Ausscheidens aus dem bisherigen Unternehmen besonders interessant. Entscheidend ist, von wem die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen ist und warum. Entsprechende Anhaltspunkte finden sich am Ende des Zeugnisses.
Formulierung |
Vermutlicher Grund |
Herr/Frau ………. verlässt uns/unsere Firma auf eigenen Wunsch |
Kündigung durch den Arbeitnehmer
|
|
Kündigung durch den Arbeitgeber
|
Das Arbeitsverhältnis wurde zum ... einvernehmlich per Aufhebungsvertrag beendet. |
Einvernehmliche Beendigung durch Aufhebungsvertrag |
Das befristete Arbeitsverhältnis endete durch Ablauf der vereinbarten Zeit zum heutigen Tage. |
Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf |
Herr/Frau ... scheidet zum ...(„krummes“ Datum) aus. |
Ausscheiden des Arbeitnehmers ohne Einhalten der Kündigungsfrist (außerordentliche bzw. fristlose Kündigung |
Selbstverständlich sind dies nur die üblichen Bezeichnungen – im Einzelfall kann der Verfasser natürlich auch etwas anderes meinen. Trotzdem sollten Sie als Arbeitnehmer erstmals von einer „Indizwirkung ausgehen.
Diese Formulierungen gehören nicht in Ihr Arbeitszeugnis
Wenn Sie als Arbeitnehmer ein Zeugnis bekommen, sollten Sie dieses genau lesen. Denn Ihr Zeugnis muss einerseits den Tatsachen entsprechen und andererseits vom „verständigen Wohlwollen“ des Arbeitgebers geprägt sein. Es soll Ihnen den weiteren Berufsweg nicht unnötig erschweren.
Es gibt eine Reihe von Formulierungen, die nicht in ein Zeugnis gehören. Wenn Sie diese trotzdem in Ihrem Zeugnis finden, haben Sie einen Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses.
Checkliste zum Download
Welche Bewertungen nicht in Ihr Zeugnis gehören, erfahren Sie in der Checkliste: Diese Aussagen gehören nicht in Ihr Zeugnis.
Geheimcode
Das Thema Geheimcode im Arbeitszeugnissen ist geradezu legendär. Literatur dazu füllt ganze Regalwände. Als Arbeitnehmer müssen Sie streng darauf achten, dass Ihr Arbeitgeber nicht absichtlich oder versehentlich Formulierungen verwendet, die für Sie nachteilig sind.
In der Arbeitswelt gibt es immer wieder verschlüsselte oder doppelbödige Zeugnisformulierungen. Derartige Geheimcodes in Arbeitszeugnissen sind unzulässig, weil diese den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen behindern können (LAG Hamm, AZ: 4 Sa 630/98)
Ein weiteres Urteil:
Arbeitgeber dürfen im Zeugnis keine Formulierungen verwenden oder Inhalte auslassen, die indirekt eine schlechte Bewertung des Arbeitnehmers darstellen (BAG vom 12.08.2008, Az. 9 AZR 632/07). Geklagt hatte in dem Fall ein Journalist. Er vermisste den branchenüblichen Hinweis auf Stressresistenz und Belastbarkeit in seinem Zeugnis und bekam Recht. Das Zeugnis musste angepasst werden.
Tipp:
Vergleichen Sie Ihr Zeugnis mit dem Zeugnis von Kollegen, um festzustellen, ob übliche Inhalte in Ihrem Zeugnis fehlen. Auch Gewerkschaften und Berufsverbände können helfen, die branchenüblichen Inhalte festzustellen.
- Kommentieren
- 31834 Aufrufe