Arbeitnehmerin mit Akzent wird wegen diskriminierender Kündigung in der Probezeit entschädigt
Laut Landesarbeitsgericht (LAG) Bremen können Arbeitnehmer Entschädigungsansprüche nach dem AGG geltend machen, ohne zuvor Klage gegen die diskriminierende Kündigung erhoben haben zu müssen. Es ging hier um ein Logistikunternehmen, bei dem regelmäßig weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Klägerin, eine deutsche Staatsangehörige mit russischem Akzent, war in dem Unternehmen zunächst als Praktikantin, dann als Sachbearbeiterin tätig. Die arbeitsvertraglichen Regelungen sahen eine sechsmonatige Probezeit vor. In einem Gespräch zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer behauptete dieser, die Kunden würden sich auf Grund des russischen Akzentes erschrecken. Das Unternehmen könne es sich nicht leisten, Mitarbeiter mit Akzent zu beschäftigen. Die Kunden würden denken: „Was für ein Scheiß-Laden, in welchem nur Ausländer beschäftigt werden.“ Kurze Zeit später kündigte das Unternehmen innerhalb der Probezeit. Die Frau klagte auf Entschädigung nach dem AGG.
Das LAG gab ihr Recht und sprach ihr einen dreifachen Monatsverdienst zu. Die Auslegung des § 2 AGG führe dazu, dass im Falle einer diskriminierenden Kündigung eine Entschädigung auch ohne Erhebung einer Kündigungsschutzklage verlangt werden könne. Die Ausschließlichkeitsanordnung des § 2 Absatz 4 AGG, die festlegt, dass für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz gelten, steht einem Entschädigungsanspruch nach § 15 II AGG nicht entgegen. Bereits der Wortlaut könne nur so verstanden werden, dass damit die Überprüfung der Wirksamkeit einer Kündigung gemeint ist, nicht aber auf der Verletzung von Persönlichkeitsrechten basierende Entschädigungsansprüche(LAG Bremen, Urteil vom 29.06.2010; Az.: 1 Sa 29/10).
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