Datenerfassung zur Leistungsbeurteilung ist ohne Betriebsratszustimmung unzulässig
Bei Arbeitgebern ist eine datengestütze Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter äußerst beliebt. Viele beachten allerdings nicht, dass hier ein absolutes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats vorliegt. Außerdem können durch derartige Maßnahmen auch datenschutzrechtliche Belange des Mitarbeiters betroffen sein. Ein Arbeitgeber musste jetzt erst einen Prozess in der zweiten Instanz vor dem Klandesarbeitsgericht verlieren, um zur Einhaltung des entsprechenden § 94 Betriebsbsverfassungsesetz gezwungen zu werden.
Der Fall:
In einem Möbelhaus waren Datenverarbeitung und Datenschutz durch Betriebsvereinbarung geregelt. Die Betriebsparteien hatten ausdrücklich vereinbart, welche statistischen Daten bezüglich der im Verkauf tätigen Mitarbeiter der Arbeitgeber nutzen und auswerten darf. Außerdem war explizit geregelt, dass aus computerunterstützt gewonnenen statistischen Angaben keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zum Nachteil der Mitarbeiter gezogen werden dürfen. In der Folge kündigte der Arbeitgeber allerdings die Betriebsvereinbarung. Eine Neuregelung wurde nicht getroffen. Kurz darauf wies der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer schriftlich an, ihre täglichen Umsätze in einem vorgegebenen Formular einzutragen und jeden Abend der Geschäftsleitung zu übergeben. Die Mitarbeiter sollten unter anderem die Artikelbezeichnung, die Kaufvertragsnummer und den Einzelpreis angeben. In persönlichen Anschreiben lobte oder kritisierte der Arbeitgeber bestimmte Arbeitnehmer wegen ihrer schlechten oder guten Leistung. Mehrere Mitarbeiter erhielten Abmahnungen wegen zu schlechter Leistungen. Der Betriebsrat des Unternehmens fühlte sich durch diese Vorgehensweise in seinen Rechten verletzt. Durch die Erfassung bestimmter Verkaufsdaten und den anschließenden Abmahnungen gegenüber einzelnen Mitarbeitern habe der Arbeitgeber Beurteilungsgrundsätze aufgestellt, ohne den Betriebsrat zu beteiligen. Dies sei inakzeptabel.
Das sagt der Richter:
Das Gericht folgte dieser Argumentation und rüffelte den Arbeitgeber gleichermaßen. Dessen Anweisung bezüglich der individuellen Erfassung von Umsatzleistungen in Verbindung mit der daran anschließenden leistungsbezogenen Auswertung unterliege der Mitbestimmung des Betriebsrats. Aus der gegliederten Erfassung der Tagesleistung der Mitarbeiter und den darauf folgenden Personalmaßnahmen müsse außerdem zwingend geschlossen werden, dass der Arbeitgeber die gesammelten Daten tatsächlich systematisch und vergleichend ausgewertet habe. Dies reiche um anzunehmen, dass der Mitbestimmungstatbestand hinsichtlich der Aufstellung von allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen nach § 94 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) erfüllt sei. Dieses Mitbestimmungsrecht erfasse vom Umfang her nicht nur die Aufstellung der Grundsätze als solche, sondern auch die dazugehörige verfahrensmäßige Ausgestaltung. Daraus folge, dass bereits die Erhebung von Daten zum Zweck der systematischen Auswertung unter den Mitbestimmungstatbestand falle. Deshalb könne der Betriebsrat die Unterlassung der mitbestimmungswidrig durchgeführten Erhebungen der Tagesmeldungen verlangen (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 06.03.2007, Az.: 11 TaBV 101/06).
Das bedeutet die Entscheidung
Bei datengestützten Beurteilungsgrundsätzen sind Sie zwingend auf die Zustimmung Ihres Betriebsrats angewiesen. Erteilt dieser die Zustimmung nicht, kann Ihnen nur noch ein Eingungsstellenverfahren weiterhelfen.
Expertenrat
Verwenden Sie Fähigkeits- oder Eignungsproflie in einem Personalinformationssystem, löst die Aufstellung der dem System zugrundeliegenden Beurteilungsparameter ebenfalls Mitbestimmungsrechte aus. Dies wird von vielen Personalabteilungen häufig übersehen.
Auch bei der Datenverarbeitung bestimmt Ihr Betriebsrat mit
In den folgenden Fällen müssen Sie sich mit Ihrer Arbeitnehmervertretung auseinandersetzen und gegebenfalls um Zustimmung nachsuchen:
- Erhebung von personenbezogenen Daten mithilfe eines Personalfragebogens, § 94 BetrVG (Mitbestimmungsrecht)
- Erhebung personenbezogener Daten mithilfe technischer Einrichtungen, § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Mitbestimmungsrecht)
- Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten, § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Informationsrecht)
Betriebsvereinbarung ist die sinnvollste Lösung
Meist ist ein Kompromiss bezüglich datengestützer Beurteilungen oder insgesamt bei datenschutzrechtlichen Belangen die einfachste und am wenigsten konfliktträchtige Lösung.
Vorsicht
Beachten Sie aber, dass eine diesbezügliche Betriebsvereinbarung zur Datenverwendung bzw. beim Datenschutz niemals in die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter eingreifen darf. Hier ist eine absolute Grenze gezogen, über die sich die Betriebsparteien nicht hinwegsetzen dürfen!
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