Die Betriebsvereinbarung: Faustpfand der Arbeitnehmervertretung
Königsweg Betriebsvereinbarung
Die Betriebsvereinbarung (BV) ist die wichtigste Form der Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Als „Gesetz des Betriebsrats" hat sie unmittelbare und zwingende Gültigkeit zugunsten oder auch zulasten der Beschäftigten. In der BV werden gegenseitige Rechte und Pflichten begründet und verbindliche Normen für alle Mitarbeiter des Betriebs sowie für heutige und künftige Betriebsinhaber verbindlich formuliert. Den Normen einer Betriebsvereinbarung sind die Beschäftigten allein wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betrieb automatisch unterworfen. Betriebsvereinbarungen dürfen grundsätzlich nicht gegen höherrangiges, zwingendes staatliches Recht, wie Gesetze, Verordnungen oder Tarifverträge verstoßen.
Checkliste zum Download
Mithilfe unserer „Checkliste: Unwirksame Betriebsvereinbarung" gewinnen Sie einen schnellen Überblick über die inhaltlich wichtigen Gesichtspunkte beim Abschluss einer Betriebsvereinbarung.
Tarifvertrag geht vor
Das Betriebsverfassungsgesetz räumt dem Betriebsrat in personellen, sozialen, organisatorischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten Beteiligungsrechte in unterschiedlicher Intensität ein. Soweit nicht durch staatliches oder tarifliches Gestaltungsprivileg erfasst, kann die Betriebsvereinbarung Regelungen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen treffen. Die Regelungsbefugnis durch Betriebsvereinbarung ist aber nicht schrankenlos. Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die entweder durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein - außer, ein Tarifvertrag lässt dies ausdrücklich zu.
Rechtsverzicht nur mit Zustimmung des Betriebsrats
Betriebsvereinbarungen werden vom Arbeitgeber und dem Betriebsrat beschlossen. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Außerdem müssen sie von beiden Betriebsparteien unterzeichnet werden, sofern sie nicht auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Die BV hat unmittelbaren und zwingenden Charakter. Dabei darf der Betriebsrat nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen. Vielmehr führt grundsätzlich der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Soweit in einer Betriebsvereinbarung Arbeitnehmern Rechte eingeräumt werden, ist ein Verzicht darauf nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Betriebsvereinbarungen sind durch den Arbeitgeber an geeigneter Stelle auszulegen.
Erzwingbar oder freiwillig
Es gibt freiwillige und erzwingbare Betriebsvereinbarungen. Regelungsbereiche, die durch eine erzwingbare Betriebsvereinbarungen geregelt werden können, erkennen Sie an der Klausel im Gesetz: „Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat". Hier handelt es sich um mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten, die auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchgesetzt werden können. Freiwillige Betriebsvereinbarungen können sich dagegen auf jedes beliebige Thema beziehen, wenn Arbeitgeber oder Betriebsrat einen Regelungsbedarf sehen - allerdings nur innerhalb des von Gesetzen und Tarifverträgen gesteckten Rahmens.
Übersicht zum Download
Die Liste der über die Einigungsstelle erzwingbaren Betriebsvereinbarungen ist vom Gesetzgeber verbindlich und abschließend festgelegt. Lesen Sie dazu unsere Übersicht: Erzwingbare Betriebsvereinbarungen.
Erzwingbare Betriebsvereinbarungen wirken nach
Soweit in der Betriebsvereinbarung nichts anderes vereinbart ist, kann sie mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. In Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ersetzen kann, gelten die Regelungen der Betriebsvereinbarung weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Diese sogenannte Nachwirkung gilt also nur bei erzwingbaren Betriebsvereinbarungen.
Heißer Tipp
Betriebsrat und Arbeitgeber haben auch bei erzwingbaren Betriebsvereinbarungen die Möglichkeit, die Nachwirkung durch eine entsprechende Bestimmung in der Betriebsvereinbarung auszuschließen.
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