Verlängerung der Probezeit ist zulässig
Die Dauer der Probezeit muss in einem angemessenen Verhältnis zu den Anforderungen der Tätigkeit stehen. In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber sie über sechs Monate hinaus verlängern. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung von 30 war zunächst auf unbestimmte Zeit mit einer Probezeit von sechs Monaten von einer Landespolizeiverwaltung als Sachbearbeiter eingestellt worden. Er war für die Kopiererbetreuung und Warenannahme zuständig. Trotz intensiver Einarbeitung war die Arbeitsleistung des Mitarbeiters mangelhaft. Der Arbeitgeber führte die Probleme des Mitarbeiters auf das der Behinderung zugrundeliegende Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom zurück. In Kooperation mit dem zuständigen Integrationsamt stellte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für rund acht Monate zwei Arbeitsassistenten zur Seite, die ihn unterstützen sollten. Den unbefristeten Arbeitsvertrag lösten die Parteien einvernehmlich auf und schlossen einen befristeten Arbeitsvertrag, der bis zum Ende des Bewilligungszeitraums für die Arbeitsassistenten dauern sollte. Als Gründe für das neue, befristete Probearbeitsverhältnis gab der Arbeitgeber die nicht bestandene Probezeit und das Ziel der erfolgreichen Einarbeitung des Arbeitnehmers an. Der Mitarbeiter klagte auf Feststellung, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehe. Ein Sachgrund für die Befristung seines Arbeitsverhältnisses liege nicht vor.
Das sagt der Richter
Die Bundesrichter waren anderer Ansicht. Die vereinbarte Befristung sei wirksam. Sie sei durch einen sachlichen Grund nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) gerechtfertigt. Die Gesamtdauer der Erprobungszeit spreche nicht dagegen, dass der Sachgrund der Erprobung herangezogen werden kann. Im Gesetz sei keine konkrete zeitliche Vorgabe genannt. Zwar sei im Allgemeinen eine Erprobungszeit von sechs Monaten ausreichend. Anhaltspunkte für die angemessene Probezeit böten einschlägige Tarifverträge. Die Probezeit könne aber verlängert werden, wenn sie weiter in einem angemessenen Verhältnis zur Tätigkeit stehe. Die Verlängerung sei hier sachgerecht, da sich die ursprünglich vereinbarte Probezeit von sechs Monaten als nicht ausreichend erwiesen hatte. Eine effektive und zeitlich ausreichende Hilfestellung sei zunächst organisatorisch nicht möglich gewesen. Wegen der später beantragten behinderungsspezifischen Arbeitsassistenz seien die weitere Befristung und die erneute Probezeit letztlich gerechtfertigt gewesen. Der Arbeitgeber wolle berechtigterweise die Eignung des Mitarbeiters prüfen und müsse Umstände in der Person des Arbeitnehmers berücksichtigen. Er müsse dessen Leistungsvermögen zuverlässig einschätzen können (BAG, Urteil vom 02.06.2010, Az.: 7 AZR 85/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Eine Höchstfrist für die Erprobung kennt das Gesetz nicht. In der Regel reicht eine Befristungsdauer von sechs Monaten für eine Erprobung entsprechend§ 1 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) und der Kündigungsfristenregelung für Kündigungen während der Probezeit nach § 622 Abs. 3 BGB.
Wichtiger Hinweis
Tarifverträge sehen oftmals Regelungen zur Probezeit und deren Dauer vor. Diese Vorschriften sind grundsätzlich einzuhalten.
Bei längerer Probezeit droht Kündigungsschutz
Längere Probezeiten sind für Arbeitgeber nicht immer von Vorteil. Ein Arbeitsverhältnis, das länger als 6 Monate besteht, unterliegt unter bestimmten Umständen dem Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung ist dann nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Andererseits ist es für Arbeitgeber bisweilen unerlässlich, das Leistungspotenzial eines Mitarbeiters über einen längeren Zeitraum als 6 Monate zu testen.
Checkliste zum Download
Entscheiden Sie sich für den Abschluss eines befristeten Vertrags mit einem Arbeitnehmer, der bereits bei Ihnen beschäftigt war, müssen Sie der Befristung einen Sachgrund zugrundelegen. Welche Sachgründe das Gesetz für die Befristung kennt, erfahren Sie anhand unserer Checkliste Befristung mit Sachgrund.
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