Streitfall Urlaub – Was Sie unbedingt wissen müssen
Für die meisten Arbeitnehmer ist der Urlaub zweifellos die schönste Zeit des Jahres. Egal ob am Meer, in den Bergen oder zuhause auf Balkonien: In erster Linie dient die Urlaubszeit dazu, dem Arbeitsstress zu entfliehen, die Seele baumeln zu lassen und neue Kraft für kommende Aufgaben zu tanken.
Die arbeitsfreie Zeit soll nach dem Willen des Gesetzgebers primär der Erholung dienen. Dies ist auch zwingend erforderlich, zeichnet sich der Arbeitsalltag in der modernen Arbeitswelt doch zunehmend durch Stress und Überforderung aus.
Sorgen Sie deshalb durch eine optimale Gestaltung der Rahmenbedingungen in Ihrem Unternehmen dafür, Streitigkeiten und Misstöne bei der Urlaubsplanung unter den Mitarbeitern zu vermeiden.
Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gibt Richtung vor
Der gesetzliche Urlaubsanspruch ist im Bundesurlaubsgesetz (BurlG) geregelt. Danach hat jeder Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob er in Vollzeit, Teilzeit, als Aushilfe, als Praktikant oder als Auszubildender beschäftigt ist, in jedem Kalenderjahr einen gesetzlich garantierten Anspruch auf bezahlten Mindesturlaub.
Der bezahlte Erholungsurlaub beträgt im Fall einer 6-Tage-Woche mindestens 24 Werktage. Werktage in diesem Sinne sind alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Das BUrlG geht von einer 6-Tage-Woche aus. Um den Mindesturlaub für einen geringeren Arbeitsumfang, also in Teilzeit beschäftigte Mitarbeiter, festlegen zu können, müssen Sie wie folgt rechnen:
Wochenarbeitstage |
Urlaubstage |
6 |
24 |
5 |
20 |
4 |
16 |
3 |
12 |
2 |
8 |
1 |
4 |
Somit ergibt sich in allen Fällen ein Jahresurlaub von vier Wochen. Dieser Mindesturlaub gilt im Übrigen unabhängig von der Anzahl der geleisteten Stunden an den Arbeitstagen. Es kommt allein darauf an, an wie viele Tagen der Mitarbeiter in der Woche für Sie tätig ist.
Wichtiger Hinweis
Der gesetzlich verankerte Mindesturlaubsanspruch gilt zwingend und darf deshalb nicht per Arbeitsvertrag ausgeschlossen oder verringert werden. Eine Erhöhung der Anzahl der Urlaubstage durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung ist hingegen möglich.
Neu eingestellte Mitarbeiter müssen warten
Neu eingestellte Arbeitnehmer haben erst nach einer Wartezeit von 6 Monaten Anspruch auf den vollen Urlaubsanspruch. Nach § 5 BurlG hat ein Mitarbeiter Anspruch auf je 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses
- für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt,
- wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und
- wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind nach § 5 Abs. 2 BurlG auf volle Urlaubstage aufzurunden.
Praxistipp
Um Doppelansprüche zu vermeiden, müssen Sie als Arbeitgeber bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses dem Mitarbeiter eine Bescheinigung über den von ihm im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub ausstellen, weil ein Urlaubsanspruch nicht gegeben ist, soweit der Mitarbeiter für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt bekommen hat.
Berücksichtigen Sie die Urlaubswünsche Ihrer Mitarbeiter
Beachten Sie, dass Sie die individuellen Urlaubswünsche Ihrer Mitarbeiter bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs berücksichtigen müssen, § 7 Abs. 1 BUrlG. Nur wenn dringende betriebliche Gründe oder aber Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die nach sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, den individuellen Wünschen entgegenstehen, müssen Sie darauf nicht eingehen.
Liegen keine dringenden betrieblichen oder in der Person des Mitarbeiters liegende Gründe vor, die eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen, sind Sie verpflichtet, den Urlaub zusammenhängend zu gewähren, § 7 Abs. 2 BUrlG.
Der Urlaub muss gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden.
Vorsicht!
Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur möglich, wenn dringende betriebliche Gründe oder in der Person des Mitarbeiters liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle einer Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (bis zum 31.03.).
- Ein dringender betrieblicher Grund ist ein Umstand, der auf die betriebliche Organisation, den technischen Arbeitsablauf, die Auftragslage oder ähnliche Umstände zurückzuführen ist und der es im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch geboten erscheinen lässt, Urlaub nicht mehr im ablaufenden Kalenderjahr zu gewähren. Das ist z. B. der Fall, wenn die Auftragslage zum Jahresende die Anwesenheit des Mitarbeiters erfordert, eine besonders arbeitsintensive Zeit bevorsteht (z. B. Messe, Inventur oder Festspiele) oder anderen Mitarbeitern bereits Urlaub gewährt wurde.
- Ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund ist regelmäßig bei Erkrankung des Arbeitnehmers und damit verbundender Arbeitsunfähigkeit zum Jahresende gegeben.
Nach Beschäftigungsende besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung
Ist es Ihnen aufgrund der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich, dem betreffenden Mitarbeiter den Urlaub ganz oder teilweise zu gewähren, hat der Arbeitnehmer einen sogenannten Abgeltungsanspruch. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass in einem bestehenden Arbeitsverhältnis ein Abgeltungsanspruch ausgeschlossen ist.
Wichtiger Hinweis
Es besteht die Möglichkeit, durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag eine Abgeltung derjenigen Urlaubsansprüche zu vereinbaren, die wegen Erkrankung des Mitarbeiters weder im Urlaubsjahr noch innerhalb des Übertragungszeitraums, also bis zum 31.03. des Folgejahres, gewährt werden konnten und deshalb eigentlich verfallen sind.
Der Abgeltungsanspruch setzt außerdem voraus, dass im bestehenden Beschäftigungsverhältnis der Mitarbeiter den Urlaub im Kalenderjahr bzw. im Übertragungszeitraum tatsächlich hätte nehmen können. Eine Abgeltung scheidet also aus, wenn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt seines Ausscheidens arbeitsunfähig krank ist und bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht mehr arbeitsfähig wird.
Abgeltungshöhe korrespondiert mit dem Verdienst
Die Höhe des Abgeltungsanspruchs entspricht der Urlaubsvergütung, die der Mitarbeiter bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis erhalten hätte. Die Urlaubsvergütung ist die Fortzahlung der Arbeitsvergütung während des Urlaubs.
In Ausnahmefällen gibt`s Sonderurlaub
Ist ein Mitarbeiter kurzfristig aus persönlichen Gründen daran gehindert, seine Arbeitspflicht zu erfüllen, sind Sie in den folgenden Fällen dazu verpflichtet, ihn unter Fortzahlung seiner Vergütung von der Arbeit freizustellen:
- Eheschließung
- Geburt
- Unaufschiebbare Arztbesuche
- Gesundheitspolizeiliche Pflichtuntersuchungen
- Schwere Erkrankung naher Angehöriger
- Tod naher Angehöriger
- Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten (z. B. Schöffe)
Für die Dauer der bezahlten Freistellung gelten die folgenden Grundsätze:
1. Bei Familienereignissen (Hochzeit, Geburt, Tod naher Angehöriger) erfolgt eine bezahlte Freistellung für ein oder zwei Tage.
2. Bei der Betreuung eines kranken Kindes unter zwölf Jahren
- zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr und Kind, maximal 25 Arbeitstage bei mehreren Kindern und
- für Alleinerziehende 20 Arbeitstage pro Kalenderjahr und Kind, maximal 50 Arbeitstage bei mehreren Kindern.
Beachten Sie, dass durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbatung oder Tarifvertrag ergänzende Regelungen getroffen werden können.
Unterscheiden Sie Urlaubsgeld vom Urlaubsentgelt
In der Praxis werfen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gerne die beiden Begriffe Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld durcheinander bzw. sind der festen Überzeugung, es handele sich dabei um ein und dasselbe. Das ist aber nicht der Fall.
Als Urlaubsentgelt wird das Arbeitsentgelt bezeichnet, das der Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs fortgezahlt bekommt. Es bemisst sich nach der durchschnittlichen Vergütung des Mitarbeiters in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn.
Vorsicht!
Beachten Sie, dass sämtliche Vereinbarungen, nach denen ein Mitarbeiter während des Urlaubs eine geringere Vergütung bekommt als während seiner Beschäftigung, nichtig sind.
Das Urlaubsentgelt muss der Arbeitnehmer genauso wie das Arbeitsentgelt versteuern, weil es der gesetzlichen Bestimmung nach den laufenden Bezügen für eine der Dauer des Urlaubs entsprechende Lohnzahlung entspricht. Entsprechend müssen auch die Sozialversicherungsabgaben abgeführt werden.
Als Urlaubsgeld wird eine betriebliche Sonderzahlung bezeichnet, die der Mitarbeiter neben dem zu gewährenden Urlaubsentgelt als freiwillige zusätzliche Leistung von seinem Arbeitgeber erhält. Diese zusätzliche Vergütung kann der Arbeitnehmer jedoch nur aufgrund eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder des Arbeitsvertrags beanspruchen.
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