Privates Surfen im Internet rechtfertigt nicht automatisch den Rauswurf
Trotz eines bestehenden Verbots der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz ist die Kündigung wegen privaten Surfens unwirksam, wenn die Arbeitsleistung nicht beeinträchtigt wird und der Arbeitgeber die Privatnutzung des Öfteren toleriert hat.
Der Fall aus der Praxis
Einem Mitarbeiter wurde gekündigt, weil er den Computer an seinem Arbeitsplatz privat genutzt hatte. Im Betrieb existierte eine Vereinbarung, die ein solches Verhalten unter Androhung von Sanktionen untersagte. Sein Vorgesetzter hatte ihm mindestens einmal gestattet, seinen Kontostand online abzufragen. Nachdem er danach immer wieder zu privaten Zwecken im Internet surfte, kündigte der Arbeitgeber schließlich das Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage.
Das sagt der Richter
Mit Erfolg. Nach Meinung des Gerichts könne zwar nicht in Abrede gestellt werden, dass es sich bei der privaten Nutzung des Computers um eine Pflichtverletzung handele. Allerdings fehle es an der für eine Kündigung erforderlichen Schwere des Verstoßes. Zum einen sei es dem Arbeitgeber nicht gelungen nachzuweisen, dass es durch die Privatnutzung zu einer Beeinträchtigung der Leistung des Mitarbeiters gekommen ist. Zum anderen bestünden Zweifel an der ernst gemeinten Nachhaltigkeit der Vereinbarung, die zwar ursprünglich ein entsprechendes Verbot existent machte, in der Zukunft aber nicht konsequent zum Einsatz gekommen sei. Darüber hinaus müsse selbst bei der Annahme einer strikten Untersagung jedenfalls dann eine vorherige Abmahnung erfolgen, wenn nicht die im Verbot ausdrücklich mit der außerordentlichen Kündigung bedrohten Handlungen begangen worden seien (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.02.2010, Az: 6 Sa 682/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Verbote bringen nur dann etwas, wenn sie etwas tatsächlich verbieten und ein Zuwiderhandeln auch durch Fakten belegt werden kann. In der betrieblichen Praxis sind Verbote schwer durchzusetzen, wenn der Arbeitgeber dann und wann ein Auge zudrückt. Arbeitnehmer kommen in solchen Fällen schnell zu dem Schluss, dass sich die Umstände aufgrund Gewohnheitsrechts zu ihren Gunsten geändert haben. Deshalb gilt es, der Einhaltung von Verboten Nachdruck zu verleihen, indem entweder keine Ausnahmen zugelassen werden bzw. die Nutzung von einer ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitgebers abhängig gemacht wird.
Protokollierung ist sinnvoll
Mit entsprechender Software ist es möglich, die nicht legitimierten Zugriffe auf das Internet zu erfassen und ein entsprechendes Fehlverhalten von Mitarbeitern gegebenenfalls zu beweisen.
Vorsicht
Das Erfassen und Speichern von Inhalten privat besuchter Internetseiten ist nicht gestattet. Es geht alleine darum, die Anzahl und die jeweils verwendeten Zeiten der Internetbesuche von Mitarbeitern zu erfassen, um eine Arbeitszeitverschwendung zu dokumentieren.
Beachten Sie, dass der Tenor des Eingangsurteils in keinster Weise einen Freibrief für Ihre Mitarbeiter darstellt. In anderen Fällen hat die Rechtsprechung entschieden, dass auch ohne ein entsprechendes Verbot eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein kann. Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Als Anhaltspunkt kann aber auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die das Bundesarbeitsgericht (BAG) für eine Kündigung bei einem Verstoß gegen ein Verbot der privaten Internetnutzung entwickelt hat.
Checkliste zum Download
Prüfen Sie anhand unserer Checkliste Verstoß gegen Verbot der Internetnutzung, wann ein solcher Verstoß vorliegt.
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