Gewerberecht, Geschäftsübernahme, Personalkosten - Tipps für Existenzgründungen im Einzelhandel
Praxistipps zur Gründung im Einzelhandel
Gründungen sind in Deutschland eine recht komplizierte Angelegenheit – das gilt natürlich auch für Gründungen im Einzelhandel. Wir haben Ihnen hier wichtige Praxistipps zum Gewerberecht, zur Geschäftsübernahme, zu Lohnkosten und Finanzbedarf des Warenbestands zusammengestellt.
Gewerberecht ist im Grunde tolerant
Das Gewerberecht schreibt in der Regel für den Betrieb eines Handelsunternehmens keine besonderen Qualifikationen vor. Ausnahmen bestehen allerdings für den Handel mit
- Fleisch
- Waffen,
- frei verkäuflichen Arzneimitteln oder
- bestimmten Tieren.
Hier müssen Gründer neben der persönlichen Zuverlässigkeit bestimmte, gesetzlich vorgeschriebene sachliche bzw. fachliche Voraussetzungen nachweisen.
Fach- und Branchenkenntnisse sind trotzdem ein Muss
Neben der persönlichen Eignung benötigen Gründer selbstverständlich ausreichende Fachkenntnisse über die Produkte, die sie verkaufen wollen. Gute Branchenkenntnisse sowie solides kaufmännisches Wissen sind ebenfalls unverzichtbar. Daneben sind gerade für kleinere Geschäfte auch besondere kommunikative Fähigkeiten im Umgang mit den Kunden und die entsprechende soziale Kompetenz vonnöten.
Tipp
Im Chinesischen gibt es ein Sprichwort: Wer kein freundliches Gesicht hat, sollte keinen Laden betreiben.
Franchising – Geschäftskonzepte lassen sich kaufen
Mittels Franchising können Gründer ein fertiges und erprobtes Unternehmenskonzept übernehmen. Dies macht den Einstieg in die Selbständigkeit häufig leichter. Allerdings sollte immer beachtet werden, dass der Einstieg hier nicht gerade billig ist, sondern ein erhebliches finanzielles Engagement und Risiko des Gründungswilligen erfordert.
Vorsicht
Bei Franchise-Modellen sind auch die Folgekosten nicht zu unterschätzen – auch vom monatlichen Gewinn muss nämlich je nach Vertragsmodell eine nicht unwesentliche Summe an den Franchisegeber gezahlt werden. Besonders gefährlich sind Modelle, die auch bei Verlusten hohe Gebühren kosten.
Geschäftsübernahme ist ein unkomplizierter Weg
Die unabhängige Neugründung eines Einzelhandelsunternehmens eröffnet in erster Linie hohen persönlichen Gestaltungsspielraum hinsichtlich Standort, Sortimentskonzept und Ladengestaltung. Risikofaktoren sind der in der Regel relativ hohe Kapitalaufwand und die nicht vorhersehbare Marktakzeptanz. Um auf Nummer Sicher zu gehen, greifen manche Gründer deshalb zur Geschäftsübernahme (Kauf oder Pacht) eines bestehenden Geschäftes. Es sind derzeit viele mittelständische Unternehmen am Markt, die aus Altersgründen veräußert werden.
Aufpassen
Niemals ein Geschäft ohne die Expertise von Fachleuten – Steuer- oder Unternehmensberater – übernehmen. Die örtlich zuständige IHK ist hier für die entsprechende Beratung ein sinnvoller Partner.
Übersicht: Vorteile und Nachteile einer Geschäftsübernahme
Vorteile |
Nachteile |
Gebrauchtes Inventar kann in der Regel günstig übernommen werden |
Unsichere Kaufpreisermittlung (Bewertung des tatsächlichen Betriebsvermögens) |
Firma ist am Markt meist bekannt |
Firmenprofil lässt sich meist nur mittel- oder langfristig verändern |
Umsätze sind zunächst gesichert |
Bestehende Verträge („Altlasten“) müssen fortgeführt werden |
Lieferanten und Mitarbeiter können übernommen werden |
Strukturen sind meist festgefahren, Neuausrichtungen nur allmählich durchsetzbar |
Häufig ist eine gleitende Übernahme möglich |
Häufig Investitionsstau |
Finanzbedarf sollte nicht unterschätzt werden
Die Einrichtung eines neuen Einzelhandelsgeschäftes ist in der Regel nicht billig. Ladenbauexperten kalkulieren beim Inventar mit mindestens 300 bis 400 € pro Quadratmeter Verkaufsfläch. Häufig fallen noch zusätzliche Investitionen für
- Bodenbeläge,
- Wände und Decken,
- Beleuchtung,
- Sicherheitsanlagen,
- Ladentechnik,
- Servicegeräte und Werkzeuge,
- Außenwerbung,
- Dekorationen sowie
- Fahrzeuge an.
Selbst für kleinere Geschäfte sollte mindestens mit 50.000 bis 100.000 € für das Anlagevermögen gerechnet werden.
Ausreichenden Warenbestand langfristig finanzieren
Der Warenbestand ist die wichtigste Position des Umlaufvermögens, er bildet die Grundausstattung. Das hierfür nötige Kapital sollte zu günstigen Konditionen langfristig finanziert werden, da ansonsten leicht Liquiditätsschwierigkeiten drohen. Der notwendige Lagerbestand lässt sich über die branchenüblichen betrieblichen Kennziffern wie Lagerumschlag oder Lagerbestand je Quadratmeter Verkaufsfläche berechnen.
Tipp
Die Kosten für den anfänglichen Warenbestand lassen sich reduzieren, indem der Gründer verstärkt Kommissionsware des Lieferanten nutzt!
Lohnkosten sind im Einzelhandel immens
Lohnkosten für Personal sind im Handel der Gewinnkiller Nr. 1. Die folgenden Richtwerte sind dem Magazin Gründerzeiten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) Nr. 53 aus Juni 2011 entnommen. Sie bilden eine erste Orientierungshilfe. Die Zahlen sollten daher nicht unbesehen als Zielvorgabe übernommen werden. Betriebsart, -größe und Vertriebsform beeinflussen die Personalkostenbelastung ganz erheblich. Kleinere Einzelhandelsgeschäfte liegen meist unter den genannten Durchschnittswerten. Bei Kapitalgesellschaften fallen die Personalkosten regelmäßig höher aus, da hier die Geschäftsführergehälter mitberücksichtigt werden müssen.
Lohnkosten 2010
Branche |
in Prozent des Bruttoumsatzes |
Lebensmittel |
9 – 11 % |
Spielwaren |
12 – 14 % |
Foto |
12 – 14 % |
Sportartikel, -bekleidung |
12 – 15 % |
Naturkost |
12 – 16 % |
Consumer Electronic |
13 – 16 % |
Eisenwaren, Hausrat |
14 – 18 % |
Oberbekleidung |
13 – 16 % |
Textil gemischt |
13 – 19 % |
Buchhandel |
15 – 18 % |
Uhren/Schmuck |
15 – 22 % |
Möbel |
17 – 19 % |
Glas/Porzellan/ Keramik |
14 – 18 % |
Parfümerien |
17 – 19 % |
Schuhe |
16 – 20 % |
Blumen |
21 – 25 % |
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