BMW-Urteil – Verweisung auf freie Werkstatt kann für Geschädigten zumutbar sein
Der BGH hat im sogenannten „BMW“-Urteil zur Frage Stellung bezogen, wann und unter welchen Umständen der Versicherer auf eine preiswertere Werkstatt verweisen darf. Bei einem Unfall wurde der BMW des Klägers (Laufleistung 139.442 km, Alter 8 1/2 Jahre) im Heckbereich massiv beschädigt. Der Kläger forderte die Zahlung von über 4.000 € (fiktive Reparaturkosten der Markenwerkstatt). Die beklagte Haftpflichtversicherung des Schädigers zahlte jedoch lediglich niedrigere Reparaturkosten mit dem Hinweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt, die Mitglied im Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) ist. Sie berief sich dabei auf die Schadensminderungspflicht.
Die Karlsruher Richter gaben der Versicherung Recht. Sei wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. Will der Schädiger bzw. der Haftpflichtversicherer des Schädigers den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht allerdings auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss er auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Bei der von der beklagten Versicherung genannten Reparaturmöglichkeit handelt es sich um eine günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit.Die Unfallschäden am Fahrzeug des Klägers würden unter Verwendung von Originalersatzteilen in einem zertifizierten Meisterbetrieb für Lackier- und Karosseriearbeiten, der Mitglied des Zentralverbandes Karosserie- und Fahrzeugtechnik ist, instand gesetzt, dessen Qualitätsstandard regelmäßig von unabhängigen Prüforganisationen kontrolliert wird. Den Kunden dieser Fachbetriebe werden drei Jahre Garantie gewährt. Hier seien keine Gesichtspunkte einschlägig, die es dem Kläger unzumutbar machen könnten, die ihm von der Beklagten aufgezeigte günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 23.02.2010; Az.: VI ZR 91/09).
Dieses Urteil ist Bestandteil des Beitrags Regulierung von Unfallschäden – Wann Sie die Kfz-Versicherung auf freie Werkstätten verweisen darf.
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