Diskriminierung von Bewerbern - Telefongespräch reicht für Nachweis der Sprachkenntnis nicht
Das Arbeitsgericht (ArG) Hamburg hat jetzt ein Unternehmen der Postbranche zur Zahlung von Schadensersatz nach dem AGG an einen in der Elfenbeinküste geborenen Stellenbewerber verurteilt. Das Arbeitsgericht sieht in der Ausgestaltung des Auswahlverfahrens für Postzusteller einen Verstoß gegen das Verbot der mittelbaren Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Die Beklagte suchte Postzusteller, die laut Stellenausschreibung die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen sollten. Der Kläger, dessen Muttersprache Französisch ist, bewarb sich. Er wurde aufgrund seiner Bewerbung von einer Mitarbeiterin der Beklagten angerufen, die ihn fragte, ob er Fahrrad fahren könne. Da die Mitarbeiterin bei dem Gespräch zu der Einschätzung gelangte, dass er sich nicht ansprechend klar und deutlich in deutscher Sprache auszudrücken vermochte, wurde die Bewerbung abgelehnt. Das Gericht stellte fest, dass in der Vorgehensweise eine mittelbare Benachteiligung von Bewerbern liege, deren Muttersprache nicht deutsch ist. Für Angehörige anderer Ethnien sei es typischerweise schwerer als für muttersprachlich deutsche Bewerber, beim telefonischen Erstkontakt ein ansprechend klares und deutliches Ausdrucksvermögen in deutscher Sprache zu zeigen. Das Auswahlverfahren sei auch nicht durch ein legitimes Ziel sachlich gerechtfertigt. Es sei weder geeignet noch erforderlich um zu ermitteln, ob ein Bewerber die für die Tätigkeit eines Postzustellers erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache mitbringe. Zum einen sei ein kurzer telefonischer Kontakt keine hinreichende Grundlage, um sprachliche Fähigkeiten festzustellen. Zum anderen sei das Auswahlkriterium „Telefongespräch“ für die zu besetzende Stelle eines Postzustellers nicht angemessen. Erforderlich für einen Postzusteller ist lediglich eine für die Kundenkommunikation und die Kommunikation mit dem Arbeitgeber und den Kollegen hinreichende Sprachkenntnis in Wort und Schrift (ArG Hamburg, Urteil vom 26.01.2010; Az.: 25 Ca 282/09).
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