Verkaufen in digitalen Zeiten: Wie digital ist Ihr Kunde schon?
Wenn es um das Thema „Digitalisierung in Deutschland“ geht, differieren die Meinungen über den tatsächlichen Stand der Dinge und vor allem über die Zukunft enorm: Die einen sind davon überzeugt, dass wir schon auf einem guten Weg und auch für die Zukunft gewappnet sind, die anderen hingegen bezeichnen Deutschland als digitales Entwicklungsland, das große wirtschaftliche Probleme bekommen wird, wohingegen viele Manager aus der Versicherungsbranche zum Beispiel keine Angst vor der Digitalisierung an sich haben, sondern eher davor, dass die Mitarbeiter sich diesem Fortschritt verweigern.
Und dann gibt es immer noch Unternehmenschefs, die jede Menge Argumente gegen die Digitalisierung finden. Eines davon ist: „Das wird sich in unserer Branche nicht durchsetzen!“ Sicherlich wird es Bereiche geben, in denen die Welt nicht durchdigitalisiert sein wird. Allerdings ist „die Welt da draußen“ auch in unseren Breitengraden schon weiter als viele denken. Schauen wir uns in dieser Artikelserie doch einmal gemeinsam an, wie digital der Verkauf in vielen Bereichen bereits ist. Und lassen Sie uns einen Ausblick wagen, wie es sich in ein paar Jahren darstellen wird und darstellen könnte.
Der Digitalisierungsgrad in Deutschland
Um das digitale Verhalten der Kunden zu verstehen, ist es hilfreich, wenn wir uns die Ergebnisse einer Befragung ansehen, die das Institut TNS Infratest unter dem Namen „D21-Digital-Index“ jährlich durchführt. Dabei wird der Grad der Digitalisierung der Gesellschaft in Deutschland gemessen. Grundlage hierfür ist eine Befragung von 33.000 Menschen. Sie gilt als aussagekräftigste Studie in unseren Breitengraden und beruht auf vier Säulen:
- Digitaler Zugang
- Digitale Kompetenz
- Offenheit für digitale Themen
- Nutzungsvielfalt
Die Befragungen für das Jahr 2016 ergeben, dass der Digital-Index in Deutschland seit Jahren stagniert und sich um die 51 Index-Punkte herum bewegt. Die Kennzahl zeigt, dass Deutschland aktuell einen mittleren Digitalisierungsgrad erreicht hat und die Bundesbürger in der digitalen Welt grundsätzlich angekommen sind beziehungsweise gerade eben so mithalten können – weltweit gesehen.
Säule 1: Digitaler Zugang
Der „Digitale Zugang“ umfasst den Zugang zum Internet, die verwendeten Endgeräte, die Breitbandnutzung sowie die Hardwareausstattung der Bevölkerung in Deutschland. Der Zugangswert ist 2016 gegenüber dem Vorjahr mit einem Wert von 65 Prozent relativ stark angestiegen (2015: 59 Prozent).
Das ist ein mittelprächtiger Wert: Das liegt zwar daran, dass viele ländliche Gebiete noch immer nicht ausreichend versorgt sind (Estland verfügt über eine landesweit hundertprozentige Versorgung), aber auch daran, dass viele Bürger im deutschsprachigen Raum das Internet einfach nicht nutzen (wollen).
Säule 2: Digitale Kompetenz
Die „Digitale Kompetenz“ fasst das inhaltliche Wissen der Bürger zu digitalen Themen, der technischen Kompetenz sowie der Medienkompetenz zusammen. Dieser Wert ist 2016 gegenüber dem vergangenen Jahr von 48,9 auf 44 Prozent gesunken. Hier besteht naturgemäß ein sehr großer Unterschied zwischen der digital fitten Generation der unter 30-jährigen und den älteren Bürgern, die nicht mit Smartphone & Co. aufgewachsen sind.
Säule 3: Digitale Offenheit
Bei der „Digitalen Offenheit“ sank der Indexwert 2016 ebenfalls, und zwar von vormals 53 auf nun 49 Prozent. Dieser Subindex umfasst die Einstellung der Bevölkerung zu digitalen Themen und greift die Offenheit für Neuerungen sowie auch die Ängste und Befürchtungen angesichts der digitalen Welt auf.
Hier spielt das Thema „Datenschutz“ und die Angst, ein gläserner Bürger zu sein, hinein. Der Indexwert ließe sich am ehesten durch vertrauensschaffende Maßnahmen der Politik und eine transparente Vorgehensweise der jeweiligen Unternehmen weiter nach oben bringen.
Säule 4: Nutzungsvielfalt
Die „Nutzungsvielfalt“ schließlich gibt Auskunft über die Intensität und Vielfalt der Nutzung digitaler Angebote durch die Bürger. Hier hat sich die Kennzahl gegenüber 2015 von 38 auf 41 Prozent erhöht. Dieser Wert stagniert schon seit Jahren um die 40 Prozent.
Hier wird meiner Meinung nach die Skepsis gegenüber der Digitalisierung am ehesten deutlich: Viele Anwendungen wurden ausprobiert und dann als unnötig oder als unfertig angesehen, da sehr viele Angebote seitens der Unternehmen mit der heißen Nadel gestrickt wurden und darum nicht zu Ende gedacht wurden. Zudem konnte so der Nutzen nicht erkannt beziehungsweise nicht klar verdeutlicht werden. Eher überraschend für mich ist, dass von den ungefähr 33.000 befragten Personen immerhin satte vier Prozent angaben, dass sie 2015 im Vergleich zum Vorjahr (2014) weniger aktiv im Online-Shopping waren und sich wieder vermehrt dem Einzelhandel zugewandt haben.
Zusammenfassend kann man feststellen, dass neue und andere Anreize geschaffen werden müssen, um die digitale Gesellschaft voranzubringen.
Digitalisierungsgrad im Einzelhandel
In den kommenden Ausgaben werden wir uns einmal genauer mit fünf ausgesuchten Bereichen des stationären Handels befassen und selbst beurteilen, wie es dort um den Digitalisierungsgrad bestellt ist. Lassen Sie uns nach einer Bestandsaufnahme ein bisschen zusammen spinnen, wie die Zukunft genau aussehen könnte.
Das Buch zum Thema:
Verkaufen in digitalen Zeiten: Einfach mal Mensch sein (Dein Business)
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