Vorsicht - Widerspruch beim Betriebsübergang kann Arbeitsplatz kosten
Beim Betriebsübergang steht Arbeitnehmern ein gesetzliches Widerspruchsrecht zu. Wird ein solches in Anspruch genommen, bedeutet dies, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zum alten Arbeitgeber bestehen bleibt. Handelt es sich dabei aber um einen insolventen Betrieb, kann der Widerspruch dazu führen, dass sowohl der alte als auch der neue Arbeitsplatz weg ist. Diese bittere Erfahrung musste jetzt eine Beschäftigte durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) machen.
Der Fall aus der Praxis
Die Abteilungsleiterin eines Bekleidungsunternehmens befand sich in Elternzeit, als ihre Filiale zahlungsunfähig wurde. 9 der 11 Beschäftigten wechselten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zum 01.10.2008 in Übereinstimmung mit dem Betriebsrat in eine Beschäftigungsgesellschaft. Das Unternehmen war nicht mehr zu retten und wurde später samt Inventar und Personal von einem Dritten übernommen werden. Der Insolvenzverwalter der ursprünglichen Firma beantragte im April 2009 die Zustimmung der zuständigen Behörde zur Kündigung der sich immer noch in Elternzeit befindlichen Abteilungsleiterin. Im Kündigungsschutzverfahren widersprach die Frau dem Betriebsübergang und vertrat die Auffassung, dass die Kündigung aus mehreren Gründen unwirksam sei.
Das sagt der Richter
Ihre Klage hatte keinen Erfolg. Ohne Widerspruch wäre die Beschäftigte Arbeitnehmerin des neuen Betriebsinhabers geworden. Da sie genau dies getan hätte, sei die Kündigung rechtmäßig erfolgt, da das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich mit dem Insolvenzverwalter bestand. Aus betriebsbedingten Gründen war dieser grundsätzlich berechtigt, die Kündigung aufgrund des durch den Betriebsübergang verlorenen Arbeitsplatzes auszusprechen. Einer Anhörung durch den Betriebsrat bedurfte es hier nicht, da alle Mitarbeiter (bis auf 2) und somit auch alle Mitglieder des Betriebsrats zum Zeitpunkt der Kündigung bereits Arbeitnehmer bzw. Beschäftigte des neuen Inhabers waren und eine Beteiligung durch einen zuständigen Betriebsrat sowohl tatsächlich als auch rechtlich nicht mehr möglich war (LAG Köln, Urteil vom 02.08.2010, Az.: 2 Sa 176/10).
Das bedeutet die Entscheidung
Kommt es zu einem Betriebsübergang, werden die Arbeitsverhältnisse zunächst auf den neuen Inhaber übertragen. Da aber niemand ohne seine Zustimmung gezwungen werden soll, für einen anderen Arbeitgeber arbeiten zu müssen, räumt der Gesetzgeber Arbeitnehmern ein Widerspruchsrecht ein. Die Ausübung dieses Rechts ist allerdings risikobehaftet – wie an der o. g. Entscheidung gut zu sehen ist.
Wichtiger Hinweis
Die Frist für die Einlegung des Widerspruchs beträgt maximal einen Monat nach Kenntniserlangung des Betriebsübergangs.
Problematisch wird es vor allem, wenn der ursprüngliche Arbeitgeber in die Insolvenz fällt. Das Arbeitsverhältnis mit dem alten Arbeitgeber kann durch wirksame Kündigung beendet werden, ein neues Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsübernehmer wurde aufgrund des Widerspruchs gar nicht erst begründet.
Expertenrat
Der Widerspruch gegen einen Betriebsübergang kann nicht widerrufen werden. Da auch die Zeit zur Einlegung aufgrund der Monatsfrist knapp bemessen ist, sollten betroffene Arbeitnehmer beim Betriebsübergang unverzüglich anwaltlichen Rat einholen – die Konsequenzen können ansonsten gravierend sein.
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Falsche Frist
Falsche Angabe zur Frist
Die Frist beträgt einen Monat (nicht drei Wochen) ab vollständiger Unterrichtung in Textform (vgl. §613a BGB und §126 BGB).
Ist die Unterrichtung fehlerhaft oder unvollständig oder nicht formgerecht, beginnt die Frist nicht zu laufen (d.h. ein späterer Widerspruch ist ebenfalls wirksam).