Urlaubsanspruch bei Kündigung: Freistellung während Kündigungsfrist muss eindeutig formuliert sein
Thema Urlaub - Urlaubsanspruch bei Kündigung ist nicht im Bundesurlaubsgesetz geregelt
Besteht ein voller Urlaubsanspruch bei Kündigung? Kann der Arbeitgeber nach einer Kündigung den Urlaub verweigern? Welche Auswirkungen hat die Freistellung des Arbeitnehmers während der Kündigungsfrist für den Urlaubsanspruch?
In der betrieblichen Praxis taucht häufig die Frage auf, was aus dem Urlaubsanspruch wird, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters kündigt. Zur Beantwortung dieser Frage reicht es nicht aus, einen Blick in das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) zu werfen. Mit der Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung sind Sie hingegen auf der sicheren Seite. Merken Sie sich: Arbeitsrecht ist Richterrecht.
Freigestellter Arbeitnehmer pocht auf vollen Urlaubsanspruch
Ein Arbeitgeber kündigte am 13.11.2006 das Arbeitsverhältnis mit einem Mitarbeiter zum 31.03.2007. Gleichzeitig stellte er den Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung der Urlaubstage und unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeit frei. Im anschließenden Kündigungsschutzverfahren stellte das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung fest. Der Arbeitnehmer klagte in der Folge auf Gewährung von Resturlaub für 2007, hilfsweise Abgeltung des Urlaubs. Er war der Ansicht, dass der Arbeitgeber durch die Freistellungserklärung allenfalls den bis zum Ende der Kündigungsfrist entstandenen Teilurlaubsanspruch für 2007 erfüllt habe, nicht aber den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007.
BAG: Freistellung während Kündigungsfrist erfordert eindeutige Formulierung
Die Klage hatte Erfolg. Nach Meinung der Bundesrichter hat der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen weiteren Urlaubs-(abgeltungs-) anspruch für 2007. Dem stehe die mit der Kündigung im November 2006 ausgesprochene Freistellung nicht entgegen. Die Freistellung eines Arbeitnehmers zum Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub erfolge durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers und sei nach den §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus Sicht des Arbeitnehmers auszulegen. Die Erklärung müsse für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen, in welchem Umfang der Arbeitgeber die Urlaubsansprüche des Arbeitnehmers erfüllen wolle. Zweifel gingen dabei zulasten des Arbeitgebers. Denn als Erklärender habe er es in der Hand, den Umfang der Freistellung eindeutig festzulegen. Nach diesen Grundsätzen sei die Freistellungserklärung im Streitfall nicht hinreichend eindeutig gewesen. Der Arbeitnehmer habe ihr nicht entnehmen können, ob der Arbeitgeber den vollen Urlaubsanspruch für das Jahr 2007 oder lediglich den auf den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.03.2007 entfallenden Teilurlaubsanspruch erfüllen wollte (BAG, Urteil vom 17.05.2011, Az.: 9 AZR 189/10).
So ermitteln Sie den Resturlaub bei Kündigung
Die Frage nach dem Resturlaub bei Kündigung ist berechtigt. Denn aufgrund von Kündigungen scheiden Arbeitnehmer oftmals auch unterjährig aus dem Betrieb aus, d. h. ihre Arbeitsverhältnisse enden vor dem 31.12. Dieser Umstand hat Auswirkungen auf den jeweiligen Urlaubsanspruch der Mitarbeiter.
- Urlaubsanspruch bei Kündigung bis zum 30.06.:
Scheidet ein Arbeitnehmer aufgrund einer Kündigung vor dem 30.06. aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat er einen Urlaubsanspruch in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat. Ist ein Mitarbeiter also vom 01.03. bis 30.06 beschäftigt, hat er einen Urlaubsanspruch von 4/12 des vereinbarten Jahresurlaubs.
- Urlaubsanspruch bei Kündigung nach dem 30.06.:
Scheidet ein Arbeitnehmer aufgrund einer Kündigung nach dem 30.06. aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat er den vollen Urlaubsanspruch für das laufende Jahr, soweit das Arbeitsverhältnis vor der Kündigung mehr als 6 Monate bestanden hat. Anderenfalls hat er einen Urlaubsanspruch in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat.
Das sagt das Gesetz
§ 5 Teilurlaub
(1) Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
a) für Zeiten eines Kalenderjahrs, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt;
b) wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet;
c) wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahrs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
(2) Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.
(3) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Buchstabe c bereits Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hinaus erhalten, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
§ 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
….
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten
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