Gesellschaftsrecht - Die Abberufung des GmbH-Geschäftsführers
Ist im Gesellschaftsvertrag (auch Satzung genannt) nichts gesondert geregelt, kann der Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich jederzeit durch Gesellschafterbeschluss von seinem Amt abberufen werden, ohne dass die Gesellschaft dafür einen Grund haben bzw. darlegen muss. Die entsprechende Rechtsgrundlage findet sich in § 38 GmbHG, der dies den „Widerruf der Bestellung“ nennt.
§ 38 GmbHG
(1) Die Bestellung der Geschäftsführer ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen.
(2) Im Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, dass wichtige Gründe denselben notwendig machen. Als solche Gründe sind insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung anzusehen.
Das bedeutet, dass eine vorherige Anhörung oder gar Abmahnung überhaupt nicht erforderlich ist. Gesellschaftsrechtsexperten sprechen hier vom „Grundsatz der freien Abberufbarkeit“.
Wichtiger Hinweis
Die legitimen Interessen des Geschäftsführers werden im Grunde nur im Rahmen des zivilrechtlichen Dienstverhältnisses geschützt.
§ 38 GmbHG soll den Anteilseignern der GmbH ermöglichen, sich angesichts der nicht unerheblichen „Machtfülle“ des Geschäftsführers - schließlich vertritt er die Gesellschaft nach außen - von diesem auch jederzeit trennen zu können. Dabei ist es unerheblich, ob es sich nur um einen einzelnen oder mehrere Geschäftsführer handelt.
Die Abberufung ist dann unzulässig, wenn sie
- auf Druck eines Dritten erfolgt,
- sittenwidrig ist bzw.
Abberufung aus „wichtigem Grund“
In bestimmten Fällen kann der Geschäftsführer allerdings bei Vorliegen eines wichtigen Grunds abberufen werden – es kommt hier aber auf die entsprechenden Umstände an:
1. Modalitäten einer Abberufung sind im Gesellschaftsvertrag geregelt
Viele Gesellschaftsverträge enthalten eine Klausel mit dem Inhalt, dass der Geschäftsführer nur bei Vorliegen eines wichtigen Grunds abberufen werden kann. Sie beziehen sich insoweit meist ausdrücklich bzw. indirekt auf den o. g. § 38 Absatz 2 GmbHG.
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Es ist rechtlich zulässig, eine derartige Vereinbarung auch außerhalb des Gesellschaftsvertrags gesondert zu treffen. Allerdings ist ein solcher Schutz für den Geschäftsführer nicht besonders weitreichend, da Gesetz und Gesellschaftsvertrag einer sonstigen schuldrechtlichen Vereinbarung grundsätzlich vorgehen. Im Grunde genommen bleibt dem Geschäftsführer hier nur ein finanzieller Ausgleich im Wege des Schadenersatzes.
Manche Fachleute gehen davon aus, dass eine solche Vereinbarung auch im Wege der Auslegung aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleitet werden kann – bspw. wenn dieser eine Bestellung des Geschäftsführers auf Lebenszeit beinhaltet.
2. Sonderfall der zweigliedrigen GmbH
Bei einer zweigliedrigen GmbH (d. h. zwei Gesellschafter-Geschäftsführer sind an der Gesellschaft jeweils zur Hälfte beteiligt) sprechen sich einige Stimmen in der Literatur aufgrund der engen Verbundenheit der Gesellschafter für eine analoge Anwendung der OHG-Regeln aus (Abberufung nur durch gerichtliche Entscheidung und Vorliegen eines wichtigen Grundes). Der BGH hat eine solche Auffassung in der Vergangenheit stets abgelehnt
Hinweis
Trotzdem ist in der Vergangenheit bei der Abberufung des Geschäftsführers einer zweigliedrigen GmbH durch die unteren Instanzen der Grundsatz der freien Abberufbarkeit in Einzelfällen immer wieder in Frage gestellt worden.
Der wichtige Grund i. S. d. § 38 Absatz 1 GmbHG
Unumstritten ist, dass als wichtiger Grund grundsätzlich jeder Umstand anzusehen ist, der ein Verbleiben des Abzuberufenden in seiner Position für die Gesellschafter der GmbH unzumutbar macht. Diese Umstände sind allerdings nicht auf die in § 38 genannten Tatbestände (grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung) beschränkt. Die Rechtsprechung hat diesbezüglich wichtige Entscheidungen getroffen. Hier die tabellarische Übersicht: Wichtiger Grund zur Abberufung des GmbH-Geschäftsführers.
Gesellschafterbeschluss reicht aus
Für eine Abberufung ist grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig. Die entsprechende Rechtsgrundlage findet sich in § 46 Nr. 5 GmbHG.
§ 46 GmbHG
Der Bestimmung der Gesellschafter unterliegen:
1. die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
1a. die Entscheidung über die Offenlegung eines Einzelabschlusses nach internationalen Rechnungslegungsstandards (§ 325 Abs. 2a des Handelsgesetzbuchs) und über die Billigung des von den Geschäftsführern aufgestellten Abschlusses;
1b. die Billigung eines von den Geschäftsführern aufgestellten Konzernabschlusses;
2. die Einforderung der Einlagen;
3. die Rückzahlung von Nachschüssen;
4. die Teilung, die Zusammenlegung sowie die Einziehung von Geschäftsanteilen;
5. die Bestellung und die Abberufung von Geschäftsführern sowie die Entlastung derselben;
6. die Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung;
7. die Bestellung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten zum gesamten Geschäftsbetrieb;
8. die Geltendmachung von Ersatzansprüchen, welche der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung gegen Geschäftsführer oder Gesellschafter zustehen, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Prozessen, welche sie gegen die Geschäftsführer zu führen hat.
Für die Abberufung ist ein mit einfacher Mehrheit gefasster Gesellschafterbeschluss ausreichend.
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Dies gilt sogar dann, wenn der Gesellschaftervertrag ansonsten für sämtliche Beschlüsse höhere Mehrheiten vorschreibt.
Gesellschaftergeschäftsführer dürfen meist mitstimmen
Gesellschaftergeschäftsführer können grundsätzlich an der Abberufungsabstimmung teilnehmen, da ihnen ansonsten wichtige Gesellschafterrechte vorenthalten würden. Diese Rechte werden allerdings eingeschränkt, wenn es sich um eine Abberufung aus wichtigem Grund handelt. Ursächlich dafür ist § 47 Absatz 4 GmbHG.
§ 47 GmbHG
….
(4) Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlussfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreites gegenüber einem Gesellschafter betrifft.
Sobald der Beschluss gefasst ist, benötigt er zu seiner rechtlichen Wirksamkeit der entsprechenden Bekanntgabe an den Geschäftsführer. Ist dieser bei der Versammlung anwesend, dürfte dies unproblematisch sein. Anderenfalls tritt die Wirksamkeit erst mit Zugang der Benachrichtigung ein. Ist eine korrekte Beschlussfeststellung durch den Leiter der Gesellschafterversammlung nicht erfolgt bzw. nicht möglich, ist für die Wirksamkeit der Abberufung entscheidend, ob der Abzuberufende ein gesellschaftsvertraglich eingeräumtes Sonderrecht auf die Geschäftsführung besitzt. In diesem Fall verbleibt der Geschäftsführer bis zur Rechtskraft einer die Abberufung bestätigenden gerichtlichen Entscheidung im Amt.
Hinweis
Ist im Gesellschaftsvertrag ein Sonderrecht zur Geschäftsführung enthalten, muss der Abberufungsbeschluss grundsätzlich notariell beurkundet werden. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung ursächlich ist.
Abberufungsrechte können verwirken
Laut GmbHG ist eine Abberufung an keine Frist gebunden. Trotzdem kann sie in Einzelfällen verwirkt sein – und zwar dann, wenn die GmbH bzw. die Gesellschafter das ihnen zustehende Recht nicht innerhalb eines angemessenen Zeitablaufs in Anspruch nehmen. So etwas wird von der Rechtsprechung konstatiert, wenn die Gesellschafter über längere Zeit hinweg keine Konsequenzen ziehen, obwohl ihnen die entsprechenden Umstände, die zur Abberufung berechtigen würden, bekannt sind.
Hinweis
Die Gesellschafter sind allerdings nicht verpflichtet, einen Antrag auf Abberufung des Geschäftsführers sofort auf die Tagesordnung der nächsten Gesellschafterversammlung zu setzen. Es muss ihnen selbstverständlich zugestanden werden, zuerst einen Verständigungsversuch durch zu führen.
Eine Abberufung darf grundsätzlich auch nachträglich auf Umstände gestützt werden, die zum Zeitpunkt der Abgabe der Abberufungserklärung zwar bereits bestanden, aber der Gesellschafterversammlung zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt waren. Voraussetzung für ein solches Nachschieben von Gründen ist allerdings immer die Fassung eines erneuten Abberufungsbeschlusses
Geschäftsführer können sich gegen Abberufung gerichtlich wehren
Wenn ein Abberufungsbeschluss mindestens vorläufig wirksam ist, kann und sollte der Geschäftsführer – insofern die entsprechenden Gründe vorliegen – den Beschluss mit
- einer Nichtigkeitsklage analog § 241 AktG oder
- mit einer Anfechtungsklage analog § 243 AktG
innerhalb eines Monats angreifen. Nur so kann der Beschluss für nichtig erklärt werden. Darüber hinaus ist es dem Geschäftsführer auch möglich, im Wege der Feststellungsklage die Unwirksamkeit durchsetzen.
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Die Feststellungsklage ist laut BGH ausgeschlossen, wenn eine Anfechtungsklage analog § 246 Abs. 1 AktG verfristet wäre.
Ein weiteres und probates Rechtsschutzinstrument stellt der Antrag auf einstweilige Verfügung dar. Der Geschäftsführer kann auf diesem Wege beantragen, dass der Gesellschaft die Anmeldung seiner Abberufung zum Handelsregister verweigert werden soll oder dass dem neu bestellten Geschäftsführer die Betätigung verboten wird.
Fazit:In diesen Fällen geht es ausschließlich um gesellschaftsrechtliche Ansprüche des Geschäftsführers – über die dienstvertraglichen Ansprüche (bspw. auf Vergütung) wird hier nicht entschieden!
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