Fernabsatzvertrag: Rückgaberecht kann Widerrufsrecht ersetzen
Widerrufsrecht kann durch Rückgaberecht ersetzt werden
Wer einen Vertrag schließt, ist grundsätzlich an den Vertragsinhalt und die daraus erwachsenden Rechtsfolgen gebunden. Erst der zunehmende Internethandel machte eine Aufweichung dieses Grundsatzes erforderlich, denn ein auf elektronischem Wege geschlossener Vertrag birgt für den Verbraucher potenziell größere Gefahren als ein in der realen Welt vereinbarter Kontrakt.
Schließlich kann sich der Online-Käufer weder vom Produkt seiner Wahl noch vom Verkäufer ein Bild machen. Um die damit verbundenen Risiken so gering wie möglich zu halten, hat der Gesetzgeber dem Verbraucher ein Widerrufsrecht eingeräumt. Danach kann sich z. B. ein Online-Shopper gemäß § 355 BGB (siehe „Das sagt das BGB“) durch Widerruf innerhalb einer 14-tägigen Frist ohne Angaben von Gründen wieder vom Vertrag lösen.
In diesen Fällen kann das Rückgaberecht das Widerrufsrecht ersetzen
Im Rahmen eines Fernabsatzvertrages über die Lieferung von Waren kann der Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB), mit dem Verbraucher (§ 13 BGB), vereinbaren, das Widerrufsrecht im Sinne des § 355 BGB durch ein Rückgaberecht aus § 356 BGB. zu ersetzen. Die Rechtsgrundlage für diese Gestaltungsmöglichkeit bildet § 312d Abs. 1 Satz 2 BGB (siehe „Das sagt das BGB“). Die Ersetzung des Widerrufsrechts durch das Rückgaberecht setzt voraus, dass
- der Vertrag aufgrund eines Verkaufsprospektes (Katalog, Postwurfsendung) abgeschlossen wurde,
- im Verkaufsprospekt eine deutlich gestaltete Belehrung über das Rückgaberecht enthalten ist,
- der Verbraucher den Verkaufsprospekt in Abwesenheit des Unternehmers eingehend zur Kenntnis nehmen konnte und
- dem Verbraucher in Textform das Rückgaberecht eingeräumt wird.
So unterscheiden sich Widerrufsrecht und Rückgaberecht
Der wesentliche Unterschied zwischen dem Widerrufsrecht aus § 355 BGB und dem Rückgaberecht aus § 356 BGB besteht darin, dass der Verbraucher das Rückgaberecht ausschließlich durch die Rücksendung der Ware ausüben kann (bei nicht paketversandfähigen Sachen genügt eine Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer in Form eines sogenannten Abholungsverlangens). Das Widerrufsrecht hingegen kann durch eine entsprechende Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger oder durch Warenrücksendung ausgeübt werden.
Vor-und Nachteile beim Rückgaberecht
Beim Rückgaberecht hat der Verkäufer den Vorteil, dass der Käufer sein Recht nur durch die Rücksendung der Ware ausüben kann, d. h. ein Brief, eine E-Mail oder ein Fax genügen nicht. Dadurch erhält der Verkäufer stets seine Ware zurück, ohne dem Käufer zuvor den Kaufpreis zurückgezahlt haben zu müssen. Vor allem bei hochpreisigen Waren bedeutet dies Schutz für die Rechte und Interessen des Verkäufers.
Ein Nachteil für den Verkäufer ist im Rahmen eines Rückgaberechts der Umstand, dass er ausnahmslos die Kosten der Rücksendung trägt, weil eine Abwälzung auf den Käufer nicht möglich ist.
Vor-und Nachteile beim Widerrufsrecht
Beim Widerruf hat der Käufer den Vorteil, dass er sein Recht allein durch einen Brief, eine E-Mail oder ein Fax ausüben kann. Streit herrscht über die Frage, ob zuerst der Verkäufer den Kaufpreis an den Käufer zurückzuerstatten hat oder ob zuerst der Käufer dem Verkäufer die Ware zurücksenden muss.
Ein Vorteil des Verkäufers beim Widerrufsrecht ist darin zu sehen, dass er dem Käufer Kosten der Rücksendung bei einem Warenwert bis zu 40,- € auferlegen kann. Bei einem Warenwert von über 40,- € ist dies nur unter der Voraussetzung möglich, dass der Käufer noch nicht bezahlt hat. Liefert der Verkäufer nur auf Vorkasse, so fällt diese Option weg.
Das sagt das BGB
§ 312d Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen
(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.
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§ 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen
(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb der Widerrufsfrist gegenüber dem Unternehmer zu erklären; zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung.
(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage, wenn dem Verbraucher spätestens bei Vertragsschluss eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 entsprechende Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt wird. Bei Fernabsatzverträgen steht eine unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilte Widerrufsbelehrung einer solchen bei Vertragsschluss gleich, wenn der Unternehmer den Verbraucher gemäß Artikel 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche unterrichtet hat. Wird die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher nach dem gemäß Satz 1 oder Satz 2 maßgeblichen Zeitpunkt mitgeteilt, beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer den Verbraucher über das Widerrufsrecht gemäß Artikel 246 § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu einem späteren als dem in Satz 1 oder Satz 2 genannten Zeitpunkt unterrichten darf.
(3) Die Widerrufsfrist beginnt, wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Ist der Vertrag schriftlich abzuschließen, so beginnt die Frist nicht, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, der schriftliche Antrag des Verbrauchers oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Ist der Fristbeginn streitig, so trifft die Beweislast den Unternehmer.
(4) Das Widerrufsrecht erlischt spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Diese Frist beginnt bei der Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empfänger. Abweichend von Satz 1 erlischt das Widerrufsrecht nicht, wenn der Verbraucher nicht entsprechend den Anforderungen des § 360 Abs. 1 über sein Widerrufsrecht in Textform belehrt worden ist, bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen ferner nicht, wenn der Unternehmer seine Mitteilungspflichten gemäß Artikel 246 § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Nr. 1 bis 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche nicht ordnungsgemäß erfüllt hat.
§ 356 Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen
(1) Das Widerrufsrecht nach § 355 kann, soweit dies ausdrücklich durch Gesetz zugelassen ist, beim Vertragsschluss auf Grund eines Verkaufsprospekts im Vertrag durch ein uneingeschränktes Rückgaberecht ersetzt werden. Voraussetzung ist, dass
1. im Verkaufsprospekt eine den Anforderungen des § 360 Abs. 2 entsprechende Belehrung über das Rückgaberecht enthalten ist und
2. der Verbraucher den Verkaufsprospekt in Abwesenheit des Unternehmers eingehend zur Kenntnis nehmen konnte.
(2) Das Rückgaberecht kann innerhalb der Widerrufsfrist, die jedoch nicht vor Erhalt der Sache beginnt, und nur durch Rücksendung der Sache oder, wenn die Sache nicht als Paket versandt werden kann, durch Rücknahmeverlangen ausgeübt werden. Im Übrigen sind die Vorschriften über das Widerrufsrecht entsprechend anzuwenden. An die Stelle von § 360 Abs. 1 tritt § 360 Abs. 2.
§ 13 Verbraucher
Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
§ 14 Unternehmer
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
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