Ein Monatsgehalt Entschädigung - Unternehmen darf nicht nur nach einem „Geschäftsführer“ suchen
Stellenanzeige wurde durch Rechtsanwalt formuliert
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat entschieden, dass eine Stellenanzeige "Geschäftsführer gesucht" zu geschlechtsbezogener Benachteiligung führt. Die Beklagte ist ein mittelständisches Unternehmen. In ihrem Auftrag gab eine Rechtsanwaltskanzlei 2007 zwei Stellenanzeigen in der örtlichen Zeitung mit folgendem Inhalt auf - „Geschäftsführer im Mandantenauftrag zum nächstmöglichen Eintrittstermin gesucht“. Die auch als Rechtsanwältin zugelassene Klägerin war bereits 20 Jahre bei Versicherungsunternehmen tätig gewesen. Nachdem ihre Bewerbung nicht berücksichtigt worden war, meldete sie umgehend Entschädigungsansprüche in Höhe von knapp 25.000 € an und begehrte Auskunft über den Auftraggeber der Stellenanzeige. Den benannte die Rechtsanwaltskanzlei erst, nachdem sie vom Landgericht dazu verurteilt worden war. Die danach erhobene Klage gegen das ausschreibende Unternehmen auf Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung wurde vom Landgericht zurückgewiesen.
Entschädigung für Benachteiligung von einem Monatsgehalt ist angemessen
Die Berufung zum OLG hatte dagegen teilweise Erfolg – die Richter sprachen der Frau eine Entschädigung von 13.000 Euro zu, die Klage wurde im Übrigen abgewiesen. Die Stellenausschreibung verstoße gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 AGG), nach dem nicht nach männlichen oder weiblichen Kandidaten gesucht werden. Geschlechtsneutral sei eine Ausschreibung nur dann formuliert, wenn sie sich in ihrer gesamten Ausdrucksweise sowohl an Frauen als auch an Männer richte. Dem sei jedenfalls dann Rechnung getragen, wenn die Berufsbezeichnung in männlicher und weiblicher Form verwendet oder ein geschlechtsneutraler Oberbegriff gewählt werde. Diesen Vorgaben genüge die Stellenausschreibung hier nicht, da der Begriff "Geschäftsführer" eindeutig männlich sei und weder durch den Zusatz "/in" noch durch die Ergänzung "m/w" erweitert werde. Dass die Stellenanzeige nicht von dem beklagten Unternehmen, sondern von der Rechtsanwaltskanzlei formuliert worden sei, ändere nichts; bediene sich der Arbeitgeber nämlich zur Stellenausschreibung eines Dritten, so sei ihm dessen Verhalten in aller Regel zuzurechnen. Den Arbeitgeber treffe die Sorgfaltspflicht, die Ordnungsgemäßheit der Ausschreibung zu überwachen. Diese nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung führe gemäß § 22 AGG dazu, dass eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermutet werde und deshalb das ausschreibende Unternehmen nachweisen müsse, dass die Klägerin nicht wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei. Das sei dem Unternehmen hier nicht gelungen. Die Klägerin habe deshalb einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung im Umfang eines Monatsgehaltes. Für die Höhe sei unter anderem ausschlaggebend, dass sie auch abschreckende Wirkung haben müsse, also geeignet sein müsse, den Arbeitgeber künftig zu ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Pflichten nach dem AGG anzuhalten und Dritte von ähnlichen Verstößen abzuhalten (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.09.2011; Az.: 17 U 99/10).
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