Fristlose Kündigung wegen mehrfacher falscher Dokumentation der Arbeitszeit
Arbeitnehmerin rechtfertigt falsche Zeitangabe mit Parkplatzsuche
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kürzlich festgestellt, dass die mehrfache falsche Dokumentation der Arbeitszeit bei einem in Gleitzeit beschäftigten Arbeitnehmer die fristlose Kündigung rechtfertigt. Im Ausgangsfall war die Klägerin als Verwaltungsfachangestellten in Gleitzeit beschäftigt. Aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit konnte ihr nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. Laut tarifvertraglicher Regelung beginnt und endet ihre Arbeitszeit „an der Arbeitsstelle“. Beginn und Ende der Anwesenheitszeit sind minutengenau durch Eingabe in ein elektronisches Zeiterfassungssystem am Mitarbeiter-PC zu dokumentieren. Die Frau dokumentierte nachweislich an sieben Arbeitstagen jeweils mindestens 13 Minuten, an einigen Tagen sogar mehr als 20 Minuten als Arbeitszeiten, obwohl sie noch nicht im Betrieb gewesen war oder den Betrieb bereits verlassen hatte. Daraufhin wurde ihr wegen „Arbeitszeitbetrugs“, zumindest wegen eines entsprechenden Verdachts außerordentlich gekündigt. Die Frau erhob Kündigungsschutzklage und gründete diese darauf, dass ihre Arbeitszeit bereits beim Durchfahren der Parkplatzeinfahrt beginne. Es habe keine Anweisung bestanden, dass die Uhr im Eingangsbereich maßgeblich sei. Vielmehr habe sie häufig viel Zeit mit der Suche nach einem Parkplatz verbracht, da nur wenige Parkplätze vorhanden waren.
Pflichtverletzung und Vertrauensverlust sind für Arbeitgeber unzumutbar
Das BAG sah dies anders. Das Verhalten der Klägerin rechtfertige eine außerordentliche Kündigung. Ein Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der an Gleitzeit teilnehmenden Arbeitnehmer vertrauen können. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die geleistete Arbeitszeit mithilfe des Arbeitsplatzrechners zu dokumentieren und macht er hierbei vorsätzlich falsche Angaben, verletzt er damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber. Dies stellt einen schweren Vertrauensbruch dar. Angesichts der nicht unerheblichen Abweichungen zwischen den angegebenen Arbeitszeiten und dem tatsächlichen Betreten des Dienstgebäudes können die Falschangaben hier nicht fahrlässig oder aus Versehen erfolgt sein. Die festgestellten Arbeitszeitdifferenzen erklärten sich selbst dann nicht, wenn man mit der Klägerin das Durchfahren der Parkplatzeinfahrt zu Tagesbeginn und -ende als maßgeblich zugrunde legt. Eine Abmahnung war vorliegend nicht erforderlich, da eine Hinnahme des vorsätzlichen und systematischen Fehlverhaltens durch die Arbeitgeberin - auch für die Klägerin erkennbar - aufgrund der Schwere ihrer Pflichtverletzung unabhängig von einer Wiederholungsgefahr ausgeschlossen werden kann. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung und des durch sie bewirkten Vertrauensverlusts war es der Beklagten nicht zumutbar, die Klägerin auch nur bis zum Ablauf einer „fiktiven“ Kündigungsfrist weiterzubeschäftigen (BAG, Urteil vom 09.06.2011; Az.: 2 AZR 381/10).
Für weitergehende Informationen lesen Sie auch unseren Beitrag: Arbeitszeitbetrug rechtfertigt fristlose Kündigung ohne Abmahnung.
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