Mobbing: Strategien gegen Mobbing
Mobbing am Arbeitsplatz: Was tun bei Mobbing?
Bei Mobbing auf der Arbeit sollten Sie als Führungskraft frühestmöglich und beherzt eingreifen.
Nur so können Sie Schaden gegenüber dem
- Mobbingopfer
- Team und
- dem Unternehmen
abwenden oder diesen wenigstens so minimal wie möglich halten. Denn Mobbing geht über einen normalen Konflikt zwischen einzelnen Mitarbeitern hinaus. Mobbing ist der soziale Missbrauch von Macht, wodurch nicht nur das Mobbingopfer betroffen ist, sondern auch das soziale Gefüge in der Abteilung. Die Folgen von Mobbing betreffen alle –beispielsweise:
- Die Krankschreibung wegen Mobbing trifft das Team (es muss die Arbeit des Mobbingopfers mitübernehmen) und das Unternehmen (Lohnfortzahlung im Krankheitsfall).
- Mobbing Sprüche wie „Immer so eine Mimose, unsere Frau S , die bei so ein bisschen Zugluft gleich zu zittern anfängt. Dass wir im Team jedoch den Gestank ihres billigen Parfüms ertragen müssen, darüber macht sich Frau S. natürlich keinerlei Gedanken. Aber dafür müsste sie ja auch menschlich mehr drauf haben.“ oder „Hat Herr K. gerade etwas gesagt? Ich habe nichts gehört. Ihr etwa?“ schaden dem Teamgeist, wodurch sich die Leistungen verschlechtern und somit dem Unternehmen finanzielle Einbußen bescheren.
- Kündigung wegen Mobbing ist keine Seltenheit, wodurch dem Unternehmen Kosten der Fluktuation entstehen, im schlimmsten Falle sogar Kosten wie eine Abfindung oder Schmerzensgeld bei Mobbing.
Deshalb müssen Sie eingreifen.
Maßnahmen gegen Mobbing – die 3 x 3 Analyse:
Phase 1: Den Mobbingverlauf verstehen
Sammeln Sie die Fakten
Entwickeln Sie ein Gespür für Veränderungen im Team bzw. in der Abteilung. Überprüfen Sie solche Umschwünge, indem Sie zum einen unsere Liste der 100 typischsten Mobbinghandlungen zu Rate ziehen und zum anderen mit Hilfe unserer Checkliste: Mobbing Frühwarnsystem kontrollieren, welche Art der minimalsten Veränderung Sie wahrnehmen.
Beginnen Sie dann, diese Vorfälle zu protokollieren. Legen Sie sich als Vorgesetzter ein Mobbing-Tagebuch an, indem Sie alle Vorfälle des Mobbing notieren, die Sie beobachten. Dies hat den großen Vorteil, dass Sie die Fakten detailliert zusammentragen und so wirklich entscheiden können, ob es sich um Mobbing handelt oder nicht. Darüber hinaus hilft es, geeignete Maßnahmen gegenüber dem Mobber einleiten zu können.
Hinterfragen Sie Vorkommnisse und Schlussfolgerungen
Nachdem Sie eine gewisse Zeit die Vorkommnisse dokumentiert haben, sollten Sie Ihre Schlussfolgerung „Konflikt oder Mobbing?“ treffen. Unabhängig davon, welche Folgerung Sie gezogen haben, Sie müssen als Führungskraft in beiden Fällen einschreiten.
Falls Sie sich unsicher sind, weil Sie als Vorgesetzter nur einige Mobbinghandlungen bemerken können, da die anderen in Ihrer Abwesenheit durchgeführt werden, sollten Sie jetzt das Gespräch mit dem Betroffenen – also dem Mobbingopfer – suchen. Schildern Sie Ihre Beobachtungen. Bitten Sie den Betroffenen zu berichten wie er die Dinge erlebt hat und ob sich weitere Vorkommnisse zugetragen haben.
Formulieren Sie Ihre Erwartungen an den Mobber konkret und positiv
Sie sollten bereits in dieser ersten Phase konkretisieren was Sie von dem Mobber – also demjenigen, der für das Mobbing verantwortlich ist – erwarten. Formulieren Sie solche Erwartungen jedoch stets positiv, d.h. sagen Sie deutlich was Sie wollen, statt nur zu benennen womit er aufhören soll. Denn es genügt nicht ihn aufzufordern das Mobbing einzustellen. „Ich möchte, dass Sie Frau H. arbeitsrelevante Informationen zügig und pünktlich weiterleiten. Ich möchte, dass Sie Frau H. mit Respekt behandeln und ihre Qualifikationen anerkennen – und zwar im Team und vor dem Team.“
Besprechen Sie diese Erwartungen unbedingt mit dem Mobbingopfer. Klären Sie dabei welche Forderungen das Mobbingopfer für sich selbst stellen sollte „Ich möchte, dass auch mir etwas zu trinken mitgebracht wird, wenn es für alle anderen im Team erfolgt“ und welche Forderungen Sie aus Ihrer Position als Vorgesetzter zusätzlich stärken können – „Ich möchte, dass Sie Frau H. fachlich und sachlich angemessen antworten, wenn diese Ihnen eine fachliche Frage stellt.“ Unterstützen Sie das Mobbingopfer dabei eigene Strategien gegen das Mobbing zu entwickeln, indem Sie aufzeigen welche Formulierungen der betroffene Mitarbeiter einsetzen sollte.
Phase 2: Die Motive des Mobbers herausfinden
Versetzen Sie sich in die Rolle des Mobbers
Den Mobber und seine Beweggründe besser verstehen zu lernen heißt nicht, dass Sie dessen Verhalten und seine Handlungen billigen. Es hilft Ihnen jedoch die Ursachen für Mobbing – ob genereller oder ganz persönlicher Natur – zu erkennen, um so eine bessere Lösungsstrategie entwickeln zu können, die nachhaltig greift. Sich in die Rolle des Mobbers zu versetzen heißt also, einmal zu versuchen, sich in die Situation des Mobbers zu begeben, damit seine Sicht auf die Dinge erkennbar wird. Fragen Sie sich dafür:
- Was bekämpft er?
- Was ist wohl sein Ziel? Was will er mit dem Mobbing erreichen?
- Wo und wann reagiert er wie am heftigsten?
- Welche Befürchtungen und Ängste könnte der Mobber im Hinblick auf seine Arbeit, seine Anstellung und seine berufliche Zukunft haben?
- Welche unternehmerischen Ursachen – wie Arbeitsdruck, neue Vorgaben, Fusion, Stellenabbau – können die Befürchtungen und Ängste verstärken und so das Mobbing schüren?
- Welche Einbußen befürchtet der Mobber durch das Mobbingopfer – beispielsweise Rangverlust innerhalb des Teams, weniger Anerkennung unter den Kollegen, geringere Chancen auf die eigene Beförderung.
Die Vor- und Nachteile des Mobbing für den Mobber berücksichtigen
Für den Mitarbeiter, der das Mobbing durchführt, überwiegen bisher die Vorteile gegenüber den Nachteilen, die ihm das Mobbing erbringen. Das Mobbing ist aus seiner Sicht erfolgreich, d.h. er zieht bisher eine positive Bilanz aus seinem Mobbing. Sich dies einmal zu veranschaulichen hilft zu verstehen, warum nach Ihrem Machtwort als Vorgesetzter das Mobbing vielleicht kurzfristig nachlässt, dann aber oftmals umso heftiger wieder aufflammt. Der Grund dafür ist einfach: Aus der Sicht des Mobbers würde er sich durch das widerspruchlose Aufgeben des Mobbing nachträglich ins Unrecht setzen.
Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich aus der Sicht des Mobbers einmal fragen: „Was hätte ich als Mobber davon, dass Mobbing vollständig einzustellen?“ Listen Sie spontan die Vor- und die Nachteile auf. Solch eine Liste könnte folgende Einträge enthalten:
Mögliche Vorteile, wenn ich das Mobbing einstellen würde: |
Mögliche Nachteile, wenn ich das Mobbing einstellen würde: |
|
|
Leicht erkennen Sie nun, dass sowohl quantitativ als auch qualitativ aus der Sicht des Mobbers die Nachteile überwiegen. Ihn nur aufzufordern das Mobbing zu unterlassen wird wenig bewirken. Sie müssen deshalb im nächsten Schritt überlegen, welche Vorteile Sie dem Mobber noch anbieten könnten.
Überzeugende Argumente finden, die den Mobber zum Aufhören bewegen
Durch Ihre erarbeiteten Antworten aus den Schritten vier und fünf erahnen Sie welche Motive der Mitarbeiter für sein Mobbing haben könnte. Überlegen Sie sich jetzt erste Ideen, wie Sie dem Mobber einen Weg aus seinem Mobbing zeigen können, der mehr Vorteile als Nachteile für ihn beinhaltet.
Hinweis:
Es geht nicht darum den Mobber für sein Tun zu belohnen. Es geht darum die Mobbingspirale zu durchbrechen. Und dies gelingt nur nachhaltig, wenn Sie überzeugende Argumente finden, die ganz persönliche egoistische Vorteile des Mobbers befriedigen – wie beispielsweise ihm zu ermöglichen, seine Interessen zu wahren oder ihm neue Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, die ihm helfen, seine Position im Team zu wahren.
Als Führungskraft und Vorgesetzter sollten Sie bei Ihren Überlegungen natürlich auch den Fokus auf Ihre Möglichkeiten der Führung lenken:
- Wie können Sie beispielsweise die Zusammenarbeit in der Abteilung neu strukturieren, so dass die Mobbing-Ursachen entfallen würden?
- Wie müssten Sie sich sowohl gegenüber dem Mobbingopfer als auch dem Mobber verhalten, so dass beide eine gleich starke Position einnehmen würden?
- Welches Bedürfnis müssen Sie beim Mobber befriedigen – vielleicht öfters anerkennend loben?
- Welche Unterstützung können Sie zukünftig dem Mobbingopfer zukommen lassen?
Phase 3: Zur Tat schreiten
Sprechen Sie mit dem Mobber
Nachdem Sie all diese Vorüberlegungen notiert haben, bitten Sie den Mitarbeiter, der mobbt, zu einem ausführlichen Gespräch. Kommen Sie in diesem Gespräch sofort auf den Punkt, indem Sie aus Ihrem Mobbing-Tagebuch einige Vorkommnisse vorlesen. Gehen Sie dabei jedoch mit Fingerspitzengefühl vor. Sie wollen schließlich keinen unnötigen Widerstand beim Mobber erzeugen. Sagen Sie „Diese Vorkommnisse sind in unserem Team und in unserem Unternehmen nicht tolerierbar und müssen von Ihnen unterlassen werden. Da ich Sie allerdings bisher als einen umgänglichen Teamspieler kennengelernt habe, möchte ich natürlich auch einmal erfahren, was Sie dazu bewegt hat, solch ein Verhalten zu zeigen.“
Geben Sie ihm anschließend die Gelegenheit, sich zu äußern. Hören Sie zu. Fragen Sie nach, falls Sie keine genauen Antworten über die Motive für das Mobbing erhalten. Teilen Sie ihm mit, was Sie konkret erwarten (siehe auch Ihre Antworten aus Schritt 3). Erläutern Sie dabei unbedingt all die Vorteile, die seine Verhaltensänderung hervorbringen, beispielsweise keine betrieblichen Sanktionen oder keine Abmahnung zu erhalten.
Erarbeiten Sie mit ihm zusammen weitere vorteilhafte Lösungen, wodurch die Mobbingspirale durchbrochen werden kann. Dafür ist es wichtig, auf die Motive zu schauen. Wahrscheinlich haben Sie sich in Ihrer Analyse schon sehr nah an die Beweggründe herangetastet – und natürlich auch Lösungsideen aufgelistet. Tragen Sie diese jedoch nicht einfach autoritär vor. Lassen Sie den Mitarbeiter eigene Lösungsideen entwickeln. Fragen Sie beispielsweise „Was müsste getan werden, damit der Arbeitsdruck in der Abteilung weniger würde? Was erwarten Sie hier konkret vom Mobbingopfer? Welche Verantwortung können Sie hierbei selbst übernehmen?“
Beenden Sie das Gespräch, indem Sie erneut Ihre Forderungen – auch mit zeitlichen Kontrollpunkten – mitteilen. Fassen Sie die Lösungsperspektiven zusammen, die Sie beide erarbeitet haben und bestimmen Sie hier erste Realisierungsschritte.
Werten Sie das Gespräch alleine und anschließend mit dem Mobbingopfer aus
Protokollieren Sie das Gespräch. Beurteilen Sie das Ergebnis.
- Verlief das Gespräch zu Ihrer Zufriedenheit?
- Gibt es Punkte, über die Sie ein weiteres Gespräch führen müssen?
- Welche Vereinbarungen wurden getroffen?
Teilen Sie schließlich das Ergebnis dem Mobbingopfer mit. Fragen Sie nach, wie sich das Mobbingopfer mit diesem Ergebnis fühlt. Klären Sie, welche zusätzliche Mobbing Hilfe der betroffene Mitarbeiter genutzt hat und/oder welche weiteren Maßnahmen gegen Mobbing (wie z.B. rechtliche Schritte) er eingeleitet hat. Suchen Sie, falls es noch notwendig sein sollte, nach weiteren gemeinsamen Lösungen.
Etablieren Sie eine Anti-Mobbing-Kultur
Damit Mobbing zukünftig keine Chance erhält, sollten Sie eine Anti-Mobbing-Kultur etablieren, die alle unterstützen und die alle leben. Hinterfragen Sie dafür auch die betrieblichen Formen - denn Mobbing gedeiht in hierarchischen Strukturen am besten – und wie bisher miteinander umgegangen wurde. Dies schließt auch die Führung und die Vorgaben von oben mit ein.
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