Bossing: Mobbing von oben verordnet geschickt ablehnen
Bossing: Mobbing durch Vorgesetzte – Reihen Sie sich nicht ein
Manches Mal ist die Versuchung groß – und der Druck von oben auf Sie als Führungskraft immens. Die Geschäftsleitung stellt hohe Forderungen an Sie:
- Eine höhere Produktivität bei Ihren Mitarbeitern oder im Team soll in kurzer Zeit erzielt werden,
- Der Krankenstand soll auf niedrigstes Niveau gedrückt werden,
- Eine Umstrukturierung soll mühelos in wenigen Wochen bewerkstelligt werden,
- Die Kundenbeschwerden sollen sich halbieren,
- Personal soll abgebaut werden.
Einige typische Anforderungen, die Sie als Führungskraft bewerkstelligen müssen und sollen. Doch manches Mal gelingt es nicht so mühelos. Der eine oder andere Mitarbeiter blockiert Ihr Vorgehen. In solchen Fällen – und speziell beim Personalabbau – wird Ihnen inoffiziell ein Tipp gegeben: Machen Sie sich Ihre Mitarbeiter gefügig bzw. treiben Sie sie durch entsprechende Maßnahmen zur eigenen Kündigung – setzen Sie Mobbing ein. Doch Mobbing ist keine geeignete Strategie – unabhängig von der moralischen Bewertung – weder um Mitarbeiter gefügig zu machen, noch um eine Personalreduzierung durchzuführen.
Hinweis:
Bedenken Sie stets: Falls Sie zum Mobbing als Führungsinstrument greifen, können Ihnen auch rechtliche Konsequenzen drohen – beispielsweise durch eine Privatklage des Mobbingopfers.
Bossing: Gegen Mobbing durch den Chef argumentieren
Mobbing durch den Vorgesetzten ist keine Alternative. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter und Ihr Team für neue Vorgaben gewinnen wollen, müssen Sie durch Ihre Kommunikation und Ihr Auftreten überzeugen. Sollen Sie in Ihrer Abteilung Stellen abbauen, müssen Sie Mitarbeitern kündigen. Diese Entscheidung und diese Haltung müssen Sie jedoch nicht allein gegenüber Ihren Mitarbeitern und Ihrem Team vertreten, sondern in erster Linie auch gegenüber Ihrem Vorgesetzten und der Geschäftsleitung. Und gerade dies mag am schwierigsten sein. Deshalb untermauern Sie Ihren Standpunkt durch glaubwürdige und überzeugende Argumente.
Mobbing durch Vorgesetzte – 4 Gegenargumente
Contra-Argument 1: Das Unternehmen zahlt stets drauf
Mobbing durch den Chef, gerade beim Personalabbau, soll die Kosten des Unternehmens gering halten. Doch eine Kündigung wegen Mobbing kommt teurer als eine, die durch das Unternehmen ausgesprochen wird. Denn bis der Mitarbeiter diesen letzten Schritt geht, vergehen viele Wochen, Monate, gar Jahre, in denen die Folgen von Mobbing das gesamte Unternehmen erfasst – gerade auch monetär. Folgende Kosten entstehen:
- Arbeitsausfall des Mobbingopfers – durch Konzentrationsverlust bis hin zur Krankschreibung.
- Entgeltfortzahlung wegen Krankheit. In einigen schlimmen Fällen sind dies Monate oder sogar ein gesamtes Jahr.
- Produktionsausfall. Denn der gemobbte Mitarbeiter wird nicht mehr so produktiv arbeiten können.
- Motivationsstörung bei unbeteiligten Mitarbeitern – und dadurch ein weiterer Leistungsabfall.
- Kosten der Fluktuation: Nicht allein das Mobbingopfer, auch andere Mitarbeiter können aufgrund des Mobbing kündigen.
- Abfindungen, eventuell auch Schmerzensgeld- und Schadensersatzzahlungen
- Anwaltskosten
- Gerichtskosten
- Imageverlust des Unternehmens: Kunden wandern ab und die eigenen Produkte werden weniger verkauft.
Dies sind nur die reinen Kosten für das Unternehmen. Rechnen Sie dies einmal konkret aus. So können schnell Kosten in Höhe von 65.000 Euro und mehr auf das Unternehmen zukommen.
Die Zeitschrift Capital befragte im Jahr 2003 zahlreiche Unternehmen, welche Kosten diesen durch Mobbing entstehen und die Antwort lautete: Rund 15 Milliarden Euro pro Jahr. Natürlich beinhalten diese auch die Kosten, die durch Kollegen-Mobbing hervorgerufen werden.
Doch bei Mobbing treten auch Kostenfaktoren für die Volkswirtschaft auf:
- Ärztliche Behandlung
- Psychologische Behandlung
- Krankengeld
- Bei Frühverrentung noch Rentenzahlungen
- Bei Kündigung Arbeitslosengeld bzw. anschließend Hartz IV
- Beitragsausfälle in der Sozialversicherung
- Steuerausfälle
Contra-Argument 2: Motivation und Leistungsbereitschaft sinkt
Der Mobbing-Report der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aus dem Jahre 2002 zeigt auf, welche Auswirkungen Mobbing auf das Arbeits- und Leistungsverhalten der Betroffenen haben:
- 71,9 % waren demotiviert.
- 67,9 % entwickelten ein starkes Misstrauen.
- 60,9 % wurden nervös.
- 60,0 % wurden verunsichert.
- 58,9 % zogen sich zurück.
- 57,3 % haben innerlich gekündigt.
- 57,0 % klagten über Leistungs- und Denkblockaden.
- 54,3 % zweifelten an ihren Fähigkeiten.
- 53,2 % litten unter Angstzuständen.
- 51,5 % waren unkonzentriert bei der Arbeit.
- 33,5 % bestätigten vermehrt Fehler zu machen.
Bevor also beim einzelnen Mitarbeiter die gewünschte Kündigung erreicht wird, muss das Unternehmen einen starken Motivations- und Leistungsabfall beim Mobbingopfer verzeichnen, was sich auf das Team, die Abteilung und somit auf die Produktivität des Unternehmens auswirkt.
Darüber hinaus muss bedacht werden, dass das Mobbingopfer nie isoliert reagieren wird, d.h. gerade die Mobbinghandlungen, die durch den Vorgesetzten ausgeführt werden, haben stets Auswirkungen auf die anderen Mitarbeiter. Viele werden unter Stress leiden oder Angstzustände entwickeln, so dass auch im Team ein Leistungsabfall zu beobachten ist.
Contra-Argument 3: Corporate Identity wird schwer beschädigt
Der Werteverlust innerhalb eines Unternehmens, indem Bossing betrieben wird, sollte nicht unterschätzt werden. Denn der Vorgesetzte ist ein Vorbild, an dem sich die Mitarbeiter orientieren. Mobbing durch den Vorgesetzten führt also dazu, dass nicht allein die Vorbildfunktion des Vorgesetzten negativ bewertet wird – er wird zu einem schlechten Vorbild.-, sondern dass sich durch dessen Handeln und Verhalten selbst eine Anti-Kultur des Respektes entwickelt, die nicht länger durch Fair-Play und das wichtige Wir-Gefühl geprägt ist. Darunter leidet auch die Identifikation mit dem Unternehmen und die Loyalität gegenüber dem Betrieb sinkt.
Dies birgt viele Risiken für das Unternehmen:
- Der Krankenstand kann sich erhöhen,
- die Arbeit nach Vorschrift nimmt zu,
- die innere Kündigung kann verstärkt vollzogen werden,
- der Diebstahl von materiellen und immateriellen Gut kann steigen,
- gute Fachkräfte wandern zur Konkurrenz ab.
Contra-Argument 4: Imageverlust des Unternehmens
Ein Imageverlust durch Mobbing und/oder Bossing hat für ein Unternehmen weitreichende Folgen:
- Eine Krisen-PR muss eingeleitet werden.
- Zusätzliche Kosten für Image-Anzeigen in den Medien oder online entstehen.
- Anleger und Aktionäre müssen informiert und beruhigt werden,
- Stammkunden müssen durch gezielte Events und /oder Kundenbesuche von der Einmaligkeit solcher Mobbingvorfälle überzeugt werden,
- Einer grundsätzlichen Kundenabwanderung muss vorgebeugt werden,
- Die Anwerbungskosten für Personal werden steigen. Denn in Zeiten, in denen die einzelne Fachkraft händeringend gesucht wird und in der, der demographische Wandel das Anwerben von Fachkräften noch verschärft, wählen Mitarbeiter das geeignete Unternehmen systematisch aus. Firmen, die durch Mobbing oder Bossing auffallen, verschlechtern dadurch ihre Chancen qualifiziertes Personal zu finden.
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