Kundenrückgewinnung: Der 3. Weg zu neuen Kunden
Aus den Augen, aus dem Sinn. Dieses Sprichwort bringt auf den Punkt, was vielerorts bezüglich verlorener Kunden praktiziert wird. Verlorene Kunden sind vergessene Kunden. Oder sie werden als „Karteileichen“ einfach aus der Datenbank gelöscht.
Dabei schlummert im Ex-Kundenkreis ein beträchtliches Umsatz- und Ertragspotenzial. Dieses lässt sich systematisch zurückgewinnen.
Unternehmen können auf drei Arten Umsatz generieren, und zwar
- durch loyale Kunden, also solche, die dem Unternehmen und seinen Leistungen emotional verbunden sind, die gerne immer wieder kaufen und zu aktiven Empfehlern werden
» das ist die ergiebigste Art
- durch neue Kunden, die zum ersten Mal bei einem Unternehmen kaufen
» das ist die aufwendigste und kostenintensivste Art
- durch abgesprungene, also ehemalige Kunden, die zurück gewonnen werden können
» das ist die am wenigsten beachtete Art.
Die Neukunden-Gewinnung ist in vielen Bereichen völlig ausgereizt. Auch die Bestandskundenpflege wird zunehmend beschwerlich. Denn klassische Kundenbindungsstrategien funktionieren nicht mehr. Und die Wechselbereitschaft steigt dramatisch. Doch es gibt eine dritte Säule im Kundenmanagement: der verlorene Kundenbestand. Allerdings: Über seine abtrünnigen Kunden schweigt man sich besser aus. Sie sind die Kellerkinder im Vertrieb. Denn sie sind der lebende Beweis für eine Niederlage.
Lieber beschäftigt man sich mit zweifelhaften Siegen im Neukunden-Geschäft - selbst wenn diese mit hohen Streuverlusten und beträchtlichem finanziellen Aufwand teuer erkauft werden. Dabei bietet die Kundenrückgewinnung erhebliche Umsatzchancen. Sie kann sich sogar zu einem zentralen Wettbewerbsvorteil entwickeln. Wer mehr als einmal Geschäfte mit Kunden macht, für den lohnt es sich immer, Zeit und Geld in die Kundenreaktivierung zu investieren. In vielen Punkten ist sie der Neukunden-Akquise deutlich überlegen. Ein systematisches Vorgehen ist dabei gefragt.
Der Prozess des Kundenrückgewinnungsmanagements
Das Kundenrückgewinnungsmanagement beginnt dort, wo alle Loyalisierungsmaßnahmen erfolglos blieben, wenn also der Kunde die Geschäftsbeziehung offiziell beendet hat. Demnach ergeben sich folgende Ansatzpunkte:
- das Kündigungsmanagement mit dem Ziel des Abwehrens beziehungsweise der Rücknahme von Kündigungen
- das Revitalisierungsmanagement mit dem Ziel der Wiederaufnahme der abgebrochenen beziehungsweise eingeschlafenen Geschäftsbeziehung.
Insbesondere geht es darum, zu erkennen, wer aus welchen Gründen abgewandert ist und wen man wie zurückholen kann und will, um es im zweiten Anlauf besser zu machen. Der Prozess des Rückgewinnungsmanagements lässt sich somit in fünf Schritten darstellen:
- Identifizierung der verlorenen Kunden
- Analyse der Verlustursachen
- Planung und Umsetzung von Rückgewinnungsmaßnahmen
- Erfolgskontrolle und Optimierung
- Prävention beziehungsweise Erzielung einer ‚zweiten Loyalität’
Alle Maßnahmen zielen letztlich auf den fünften Schritt: der Prävention von Kundenverlusten. Und bei den zurück gewonnenen Kunden gilt es, eine „zweite Loyalität“ aufzubauen. Eine dritte Chance gibt es so gut wie nie.
Der Prozess des Kundenrückgewinnungsmanagements. Alle Erkenntnisse aus diesem Prozess zielen auf präventive Maßnahmen, um zukünftige Kundenabwanderungen zu minimieren beziehungsweise eine „zweite Loyalität“ aufzubauen.
Fünf Tipps zur Rückgewinnung einzelner Kunden
- Sichten Sie alle Informationen, die Sie über den verlorenen Kunden vorliegen haben und/oder aktuell beschaffen können. Forschen Sie nach den wahren Abwanderungsgründen. Denn nur, wer diese kennt, kann die richtigen korrigierenden Maßnahmen einleiten.
- Telefonieren Sie zu einem optimalen Zeitpunkt, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Bereiten Sie sich auf das Telefonat gut vor. Überlegen Sie sich einen Leitfaden für den möglichen Gesprächsverlauf. Planen Sie ausreichend Zeit ein. Seien Sie auf ein mögliches Lamento des Kunden vorbereitet.
- Planen Sie das anschließende Gespräch sorgfältig. Seien Sie optimistisch, glauben Sie an Ihren Erfolg. Setzen Sie sich ein Teilziel für den Fall, dass Sie Ihr Gesprächsziel, nämlich das Rückgewinnen, nicht erreichen. Beispielsweise: die genauen Hintergründe für den Wechsel ermitteln, negativer Mundpropaganda vorbeugen, den Weg für ein späteres Zurück offen halten.
- Lassen Sie dem Kunden während des Gesprächs ausreichend Redezeit. Fragen Sie nach den Bedingungen, unter denen er zur Rückkehr bereit wäre. Gestalten Sie einen Rückholköder. Dieser kann materieller, finanzieller oder emotionaler Natur sein. Ein geldwertes „Bonbon“ kommt immer gut. Sagen Sie dem Abwanderer aber auch, wie wichtig es Ihnen ist, ihn als Kunden zurückzugewinnen.
- Die ersten Transaktionen nach der Rückkehr müssen perfekt laufen. Kümmern Sie sich um jedes Detail, informieren Sie alle beteiligten Stellen und bleiben Sie in dieser Phase mit dem Kunden in engem Kontakt. Halten Sie ein überraschendes Comeback-Willkommensgeschenk parat. „Brain statt Budget“ ist dabei gefragt. Bedanken Sie sich für die Rückkehr. Markieren Sie den Kunden in der Datenbank als Rückkehrer.
Fünf Tipps zur Rückgewinnung größerer Kundenkreise
- „Karteileichen“ nicht entsorgen, sondern wiederbeleben. Ermitteln Sie unter den abgewanderten beziehungsweise ‚schlafenden‘ Kunden diejenigen, die Sie zurückhaben wollen und die aus Ihrer Sicht rückholbar sind. Forschen Sie nach den wahren Abwanderungsgründen. Diese haben oft mit einem Mangel an Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung zu tun.
- Bereiten Sie ein Mailing vor. Lassen Sie sich dazu einen pfiffigen, möglichst individuellen Text einfallen. Integrieren Sie einen Rückholköder. Ein geldwertes Extra kann kleine Rückkehrwunder bewirken. Sagen Sie dem Abwanderer aber auch, wie wichtig es Ihnen ist, ihn als Kunden zurückzugewinnen. Unterschreiben Sie den Brief persönlich. Kleben Sie eine Briefmarke auf den Umschlag. Das unterstreicht Individualität und Wertigkeit.
- Bereiten Sie eine unmittelbar auf den Brief folgende telefonische Nachfass-Aktion vor. Stellen Sie dazu ausreichend Kapazitäten bereit oder versenden Sie das Mailing sukzessive. Schulen Sie die involvierten Mitarbeiter vorab. Überlegen Sie sich einen Leitfaden für den möglichen Gesprächsverlauf. Planen Sie ausreichend Zeit ein. Es gibt zwei mögliche Gesprächsziele: Erstens, so viel wie möglich über die wahren Wechselgründe zu erfahren, und zweitens, den Kunden zurückzugewinnen.
- Bearbeiten Sie die ersten wieder eingehenden Aufträge mit besonderer Sorgfalt. Informieren Sie alle involvierten Stellen, dass es sich um einen Comeback-Kunden handelt. Stellen Sie sicher, dass alle Zusagen penibel eingehalten werden. Machen Sie die entsprechenden Einträge in der Datenbank. Bestätigen Sie den Kunden in seinem Tun. Und danken Sie ihm.
- Werten Sie die Ergebnisse der Aktion aus. Sichern Sie das Lernpotenzial für spätere Aktivitäten. Und nicht vergessen: Feiern Sie Ihren Erfolg! Beglückwünschen Sie sich! Vor allem aber: Sprechen Sie darüber, wie Sie es gemacht haben. Unser Hirn liebt das Happy-End – und setzt so Potenziale für Folgeaktionen frei.
Fazit: Es ist nicht nur kostengünstiger, sondern häufig auch leichter, abgesprungene Kunden zurückzuholen, als Neukunden zu gewinnen. Erstere kennen Sie, Ihre Produkte und Services ja schon. Und oft waren es nur Kleinigkeiten, die für Verärgerung und Missstimmung sorgten. Wir Menschen vergessen meist schnell und verzeihen gern. Viele ehemalige Kunden wären demnach bereit, Ihnen eine zweite Chance zu geben, würde man sie nur gebührend darum bitten, etwaige Probleme aus der Welt schaffen – und ihnen das Wiederkommen ein wenig versüßen.
Das Buch zum Thema:
Touchpoints: Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute
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