Schutz des betrieblichen Eigentums: Videoüberwachung für Unternehmen und Selbständige
Schutz des betrieblichen Eigentums – Videoüberwachung für Unternehmen und Selbständige
Es gibt wohl kaum noch Unternehmen, die auf den Einsatz moderner Videoüberwachung verzichten können – die entsprechende Technik macht‘s möglich.
Die Gründe für die Verwendung von Videokamera, Aufzeichnungsgeräten und Monitoren liegen auf der Hand – der Schutz von Objekten und teurer Betriebsausstattung vor Vandalismus oder Diebstahl, aber auch die Versicherungsbedingungen der betrieblichen Sachversicherung verlangen sogar danach. Trotzdem sollte vor dem Einsatz immer auch die rechtliche Zulässigkeit einer Videoüberwachung geprüft werden – hier lauert nämlich auch ein Haftungsrisiko.
Nicht jede Form der Videoüberwachung ist erlaubt
Selbstverständlich dürfen Sie Ihr Privateigentum schon aufgrund des grundgesetzlich garantierten Hausrechts mittels moderner Videotechnik schützen – aber eben nur Ihr privates Grundstück oder die Wohnung, Der Nachbar und dessen Besitz müssen allerdings immer außen vor bleiben, ihn schützt grundsätzlich sein allgemeines Persönlichkeitsrecht vor unerwünschten Kameraaufzeichnungen.
Aufpassen
Es gibt immer wieder uneinsichtige oder gedankenlose Anwender, die mit einer Videokamera auch den Nachbarbereich aufzeichnen. Dies ist definitiv untersagt – entsprechende Unterlassungsklagen sind vor Gericht regelmäßig erfolgreich und verursachen gravierende Kosten!
Problemfeld Videoüberwachung im betrieblicher Bereich
Schwieriger sieht es allerdings im Umfeld von Unternehmen und Selbstständigen aus. Handelt es sich nach Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten bei dem überwachten Raum um einen öffentlich zugänglichen Bereich (bspw. den Bürgersteig vor dem Unternehmen), ist § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) maßgeblich.
§ 6b BDSG: Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
(2) Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.
(3) Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung entsprechend den §§ 19a und 33 zu benachrichtigen.
(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
Im betrieblichen Bereich darf eine Videoüberwachung daher grundsätzlich zur Wahrnehmung
- des Hausrechts und/oder
- berechtigter Interessen
eingesetzt werden.
Wichtiger Hinweis
Wenn von der Videoüberwachung Mitarbeiter betroffen sind, ist dies nur eingeschränkt zulässig. Das Hausrecht allein kann eine Videoüberwachung von Beschäftigten nicht rechtfertigen, da sich diese aus arbeitsvertraglichen Gründen der entsprechenden Überwachung grundsätzlich nicht durch Verlassen der Räumlichkeiten entziehen können.
Diese Problematik wird anhand eines Falles aus der Praxis besonders anschaulich
Videoüberwachung muss kenntlich gemacht werden
Wenn die Überwachung der Beobachtung der Kunden bzw. Besuchern dient, muss gewährleistet sein, dass die Überwachungsmaßnahmen generell nicht zu Leistungskontrollen der miterfassten Beschäftigten verwendet werden. Von einer offenen Videoüberwachung spricht man, wenn diese so erfolgt, dass die Maßnahme für die Betroffenen ohne weiteres erkennbar ist. Daher ist die Videoüberwachung durch geeignete Maßnahmen kenntlich zu machen. Zur Erfüllung der Hinweispflicht empfiehlt der Bundesdatenschutzbeauftragte in seinem Bundesdatenschutzbericht in Anhang 7 (s. 216 ff. )
dieses Info-Zeichen (DIN 33450) "Dieser Bereich wird von/vom ... videoüberwacht!“ |
Heimliche Videoüberwachungen im Anwendungsbereich des § 6 BDSG – also das Fehlen eines entsprechenden Hinweisschildes - sind deshalb grundsätzlich ausgeschlossen. Üblich und zulässig ist die Überwachung öffentlich zugänglicher Räumen, wenn sie
- der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient,
- für konkret festgelegte Ziele erfolgt und
- keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen.
Verdeckte Videoüberwachung von Mitarbeitern nur bei konkretem Diebstahlsverdacht
Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) ist eine verdeckte Videoüberwachung im öffentlich zugänglichen Bereich nur dann zulässig ist, wenn sie das einzige Mittel zur Überführung eines Mitarbeiters ist, gegen den der konkrete Verdacht vorliegt, eine Straftat begangen zu haben.
Videoüberwachung im nicht öffentlichen Bereich unterliegt § 32 BDSG
§ 32 BDSG: Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses
(1) Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.
(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden.
(3) Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten bleiben unberührt.
Geht es um eine Videoüberwachung im nicht öffentlichen Bereich – also in einem Unternehmen ohne Publikumsverkehr – ist eine Videoüberwachung nur nach den strengen Vorgaben von § 32 BDSG zulässig. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn
- ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung zulasten des Arbeitgebers besteht,
- weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind und
- die Überwachung nicht insgesamt unverhältnismäßig ist
Es muss seitens des Arbeitgebers daher immer eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen werden. Die wesentlichen Prüfpunkte sind hier die
- Geeignetheit der ergriffenen Maßnahme
- Erforderlichkeit der ergriffenen Maßnahme und
- Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im engeren Sinne (d. h. ein milderes Mittel darf nicht zur Verfügung stehen).
Wichtiger Hinweis
Eine Videoüberwachung unterliegt immer der Mitbestimmung des Betriebsrates oder der Personalvertretung, sofern ein solches Gremium existiert. Beachten Sie aber, dass eine an sich unzulässige Videoüberwachung durch die Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats grundsätzlich nicht nachträglich legitimiert werden kann.
Es sind aktuell Bestrebungen im Gange, den Beschäftigtendatenschutz auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen. Wir informieren Sie hier auf www.business-netz.com selbstverständlich über die Ergebnisse.
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