Nicht ohne meine Abfindung: Auf diesen Kündigungsschutz haben Sie Anspruch
Opel zwar „gerettet“, fürchten bei anderen Unternehmen wie Scheffler, Porsche & Co. Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz. Die Krise greift zu: Immer mehr Arbeitgeber planen einen drastischen Stellenabbau. 6.500 Stellen bei Commerzbank und Dresdner Bank, Siemens setzt 5.000 Mitarbeiter vor die Tür, die Textilkette Sinn Leffers reduziert ihre Belegschaft um 1.000 Mitarbeiter – der Anfang vom Ende?! Wohl kaum, denn die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit 4,4 Millionen Arbeitslosen bis zum Jahresende 2009: eine Million mehr.
Prognosen, die jeden das Fürchten lehren. Zeit, dass Sie sich informieren über Abfindungen, Kündigungsschutz oder Abkommen zur Beschäftigungssicherung.
Fakt Nr. 1: Nur 16 % mit Abfindung
Diese erschreckend niedrige Zahl war das Ergebnis einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung, die diese im Jahre 2008 durchführte. Befragt wurden 2.500 Frauen und Männer, denen 2007 gekündigt worden war. Viele Firmen – gerade kleinere – können sich Abfindungen auch nicht leisten. Bei den großen dagegen sind Abfindungen ein Einstieg in das Spiel „Geld gegen Job“, bei denen Mitarbeiter ohne Kündigung aus dem Unternehmen gedrängt werden sollen.
Sich darauf einzulassen, ist nur dann interessant, wenn gute Chancen bestehen, dass Sie wieder einen Job finden oder Sie vor der Rente stehen. Dann ist die Abfindung ein „Überbrückungsgeld“. Ansonsten stehen Sie „dumm da“, da die Abfindung auf Ihr Arbeitslosengeld angerechnet wird – sie dadurch vielleicht gar keins erhalten – und gleich bei Hartz IV landen. Klären Sie diese Fakten unbedingt mit Ihrem Anwalt, bevor Sie sich auf solche Deals einlassen.
Fakt Nr. 2: Gelockerte Sozialauswahl
Seit 2004 haben die Unternehmen die Möglichkeit, besonders wichtige Mitarbeiter von der Regelung der Sozialauswahl auszunehmen. Die bisherigen sozialen Kriterien wie Alter, Unterhaltsverpflichtung, Behinderung, Dauer der Betriebszugehörigkeit greifen nach wie vor bei betriebsbedingten Kündigungen. Nur kann der Unternehmer Mitarbeiter, die normalerweise durch das Raster der Sozialauswahl fielen, behalten, wenn sie wichtig für die Firma sind wie beispielsweise Brandschutzbeauftragte.
Fakt Nr. 3: Unkündbar – von wegen
Viele Unternehmen höhlen auch diese Regelung aus. Ob nun Behinderte, Ältere oder Frauen/Männer, die in Elternzeit sind – auch in solchen angeblichen unkündbaren Fällen wird das Entlassungsschreiben zugestellt. Da hilft nur eins: Anwalt nehmen und vors Arbeitsgericht ziehen.
Fakt Nr. 4: Beschäftigungssicherung, und dennoch Kündigung
Die Abkommen für Beschäftigungssicherung – betriebsbedingte Kündigungen werden bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt ausgeschlossen -, die viele Unternehmen wie Commerzbank und Dresdner Bank oder auch Daimler mit ihren Arbeitnehmern treffen, sind vor Gericht nicht einklagbar. Im Klartext: Wenn ein Unternehmen solche Abkommen einseitig aufkündigt, wie bei Heidelberger Druck geschehen, stehen Sie als Arbeitnehmer auf der Straße.
Fakt Nr. 5: Recht bekommen, Job trotzdem weg
Fristlos entlassen. Und das Arbeitsgericht bestätigt Ihnen die Kündigung als unwirksam, kann es leider dennoch passieren, dass Ihr Arbeitgeber Wege und Mittel findet – wie beispielsweise Abmahnungen - um Sie aus Ihrem Arbeitsverhältnis hinaus zu mobben.
4 Tipps, wie Sie zu Ihrem guten Recht kommen
Tipp 1: Rechtsschutzversicherung
Falls Sie noch keine Rechtsschutzversicherung haben, schließen Sie jetzt eine ab. Diese Investition lohnt sich.
Tipp 2: Arbeitsvertrag studieren
Lange ist es her, als Sie Ihren Arbeitsvertrag unterzeichnet haben. Da verblassen schon einige Klauseln. Lesen Sie ihn durch. Machen Sie eine Kopie, auf der Sie die Stellen zum Thema Kündigung markieren.
Tipp 3: Rechtsanwalt konsultieren
Legen Sie Ihrem Anwalt die Kopie Ihres Arbeitsvertrages vor. Lassen Sie sich erläutern, welche Rechte und Sicherheiten Sie haben. Und wie Sie bei einer eventuellen Kündigung reagieren sollten.
Tipp 4: Rechtliche Schritte abwägen
Kommt es zur Kündigung, sollten Sie die rechtlichen Schritte in jedem Falle abwägen. Zeit, Energie, auch Geld sind zu leisten, die das Ergebnis in jedem Falle einfahren sollte.
Tipp 5: Um das Recht kämpfen
Hinterfragen Sie Ihr eventuelles Zögern. Befürchten Sie zu verlieren? Ihr Anwalt wird Ihnen zu keinen gerichtlichen Schritten raten, die wenig Aussicht auf Erfolg haben. Geben Sie sich nicht schon im Vorfeld geschlagen. Es geht nämlich nicht allein um eine Abfindung. Es geht auch darum, eine Grenze zu ziehen und zu sagen „So geht niemand mit mir um“.
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