Fußball-WM: Liveübertragung nur mit Okay des Arbeitgebers
Live Fußball am Arbeitsplatz - was ist erlaubt?
38 der insgesamt 64 Spiele der 21. Fußball-Weltmeisterschaft in Russland beginnen vor 18:00 Uhr, 22 davon finden an einem Wochentag und somit zu einer Zeit statt, während der viele Beschäftigte noch arbeiten. Für fußballbegeisterte Arbeitnehmer stellt sich angesichts dieser Anstoßzeiten die Frage, wie sie ihre arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllen und gleichzeitig ihrer Fußball-Leidenschaft frönen können. Eines vorweg: Ob, wie viele und in welcher Form Spiele am Arbeitsplatz verfolgt werden dürfen, entscheidet allein der Arbeitgeber.
Live-Fußball nur mit Genehmigung des Arbeitgebers
Im modernen Kommunikationszeitalter stehen den Arbeitnehmern unzählige Möglichkeiten zur Verfügung, während der Arbeitszeit im Büro oder an der Werkbank die Liveübertragungen der Fußball-Weltmeisterschaft zu verfolgen. Egal, ob über TV, Radio, Internet, Handy oder Mini-TV – wo ein Wille ist, steht immer auch eine technische Option zur Verfügung. Die Frage ist vielmehr, ob der Arbeitgeber das Liveerlebnis am Arbeitsplatz duldet, bzw. dulden muss.
Während der Arbeitszeit herrscht TV-Verbot
Arbeitnehmer haben keinen Anspruch darauf, während der Arbeitszeit Fußball-Spiele im TV zu verfolgen, weil sie sich dann nicht mehr auf ihre eigentliche Tätigkeit konzentrieren können und somit ihre Arbeitspflicht im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgabe verletzen. Es besteht also auch während einer Fußball-Weltmeisterschaft grundsätzlich kein „Fernseh-Recht“ während der Arbeitszeit. Es liegt allein im Ermessen des Arbeitgebers, ob er bei besonders wichtigen Spielen ein Auge zudrückt und es der Belegschaft gestattet, die Spiele live im Fernsehen zu verfolgen.
Streitfall Radio
Differenzierter stellt sich die Situation beim Lauschen von Liveübertragungen im Radio dar. Auch hier ist es grundsätzlich die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er das Radio hören während der Arbeitszeit erlaubt oder nicht. Er kann das Radio hören untersagen, wenn es die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung stört oder die Mitarbeiter von ihren Tätigkeiten ablenkt. Insbesondere an Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr und häufigen Telefonanrufen wirkt das Radio fehl am Platz und wird als störend empfunden. Duldet der Arbeitgeber hingegen das Radio hören bereits über einen längeren Zeitraum, kann er ein plötzliches Verbot im gesamten Betrieb nur mit der Zustimmung des Betriebsrats durchsetzen.
Wichtiger Hinweis
Verstößt ein Mitarbeiter gegen das bestehende Verbot des Radio hörens am Arbeitsplatz, kann der Arbeitgeber das Verhalten mit einer Abmahnung sanktionieren. Wurde der Arbeitnehmer bereits aus dem gleichen Grund abgemahnt, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen verhaltensbedingt kündigen.
Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag Kein Radio-Verbot ohne Betriebsrat.
Option Internet: Live-Ticker erlaubt, Livestream verboten
Eine attraktive Alternative zur Liveübertragung im TV oder Radio stellt die WM-Berichterstattung im Internet dar. Sämtliche großen Tageszeitungen, Nachrichten- und Sportmagazine haben sogenannte Live-Ticker in ihre Online-Auftritte integriert, mit denen sie ihre Leser über die aktuellen WM-Geschehnisse informieren.
Praxis-Tipp
Die Information über die Spielstände per Live-Ticker nimmt in aller Regel nicht allzu viel Zeit in Anspruch und lenkt die Mitarbeiter auch nicht über Gebühr von der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben ab. Arbeitgeber sollten deshalb ein Auge zudrücken und den Mitarbeitern die Informationsbeschaffung über Live-Ticker ermöglichen.
Im Büro beschäftigte Mitarbeiter haben außerdem die Möglichkeit, über einen sogenannten Livestream die Übertragungen der WM-Spiele am PC zu verfolgen. Schließlich ist heutzutage nahezu jeder Büroarbeitsplatz mit einem internetfähigen Rechner ausgestattet. Doch wie ist eigentlich die aktuelle Rechtslage zur Frage der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz? Arbeitgeber können die Privatnutzung des für dienstliche Zwecke bereitgestellten Internetzugangs verbieten. Verstößt ein Mitarbeiter gegen ein solches Verbot, berechtigt dies den Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen zur Kündigung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Grundsatzurteil Stellung zur privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz und deren Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis Stellung bezogen (BAG, Urteil vom 27.04.2006, Az.: 2 AZR 386/05).
Wichtiger Hinweis
Die Bundesrichter stellten in den Urteilsgründen ausdrücklich klar, dass die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz auch dann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann, wenn kein dahingehendes explizites Verbot des Arbeitgebers besteht. Zwar ist die fristlose Entlassung der Ausnahmefall, wenn zuvor noch keine Abmahnung erteilt wurde. Allerdings kann bereits ein einmaliger schwerwiegender Verstoß durch die private Internetnutzung zu einer außerordentlichen Kündigung ohne vorherige Abmahnung führen.
Checkliste zum Download
Welche Formen der privaten Internetnutzung nach der Rechtsprechung des BAG als kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten in Betracht kommen, erfahren Sie anhand unserer Checkliste Kündigungsgrund Internetnutzung.
Keine Regelung bedeutet Verbot
Existiert im Unternehmen keine Regelung zur privaten Internetnutzung, bedeutet dies nach dem Urteil des BAG, dass sie verboten ist. Der Arbeitgeber kann die private Nutzung ausdrücklich erlauben oder dulden. Doch selbst dann kommt eine Kündigung in Betracht, wenn die Internetnutzung in einem solchen Ausmaß erfolgt (ausschweifende Nutzung) dass der Arbeitnehmer nicht annehmen kann, sie sei vom Einverständnis des Arbeitgebers gedeckt.
Arbeitsleistung darf nicht leiden
Bringt ein Mitarbeiter auf seinem Laptop einen privaten Internetzugang mit oder verfolgt er die WM auf seinem Mobiltelefon, richtet sich die Rechtslage nach den Kriterien, die das BAG zum Radio hören entwickelt hat (siehe oben). Es macht schließlich keinen Unterschied, ob ein Arbeitnehmer Radio über ein Rundfunkgerät, einen Laptop oder ein Handy hört. Auch beim zweitweiligen Betrachten von Bildern ist das Ausgabegerät kein taugliches Unterscheidungskriterium.
Wichtiger Hinweis
Sobald die Arbeitsleistung negativ beeinträchtigt wird, bedeutet auch die Nutzung eines privaten Internetzugangs eine Verletzung der Arbeitspflicht und kann entsprechend nach vorheriger Abmahnung zur Kündigung führen. Beim Verbot der privaten Nutzung eines eigenen Internetzugangs hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.
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