Das Insolvenzverfahren – Endstation oder Neuanfang?
Das Insolvenzverfahren gilt für die einen als letzter Rettungsanker, während es für die anderen das sichere Aus kennzeichnet. Richtig ist, dass die Insolvenz keineswegs zwangsläufig zur Zerschlagung des Unternehmens führen muss.
So läuft das Insolvenzverfahren
Am 01.01.1999 löste die Insolvenzordnung (InsO) die alte Konkursordnung ab. In der InsO sind die Voraussetzungen für die Durchführung bzw. den Ablauf des Insolvenzverfahrens geregelt. Es handelt sich dabei um ein geordnetes Verfahren unter Aufsicht des zuständigen Insolvenzgerichts. Ziel des Verfahrens ist es, die Gläubiger eines Schuldners, der seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, gleichmäßig zu befriedigen und eine planlose Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern. Das Verfahren lässt sich grob in die drei nachstehend näher beschriebenen Abschnitte gliedern:
1. Antrag und Eröffnungsverfahren
Die Durchführung eines Insolvenzverfahrens setzt einen Antrag voraus. Das kann sowohl der Eigenantrag des Unternehmers als auch ein Fremdantrag eines Gläubigers sein. Sobald ein solcher Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht eingeht und Insolvenzgründe zunächst glaubhaft gemacht wurden, ordnet der zuständige Insolvenzrichter in der Regel ein vorläufiges Insolvenzverfahren an und setzt hier bereits einen vorläufigen Insolvenzverwalter ein.
Folgende Insolvenzgründe sind möglich:
- Zahlungsunfähigkeit:
Sie tritt ein, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
- drohende Zahlungsunfähigkeit:
Dieser Insolvenzgrund ist nur möglich, wenn der Schuldner selbst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt hat.
- Überschuldung:
Bei einer juristischen Person (GmbH oder AG) ist auch die Überschuldung ein Insolvenzgrund.
Wichtiger Hinweis
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Die Bewertung des Vermögens erfolgt nicht auf Basis von Liquidations- sondern nach Fortführungswerten, wenn die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist.
Vorläufiges Verfahren gibt Richtung vor
Der vorläufige Insolvenzverwalter prüft zunächst die wirtschaftliche und rechtliche Situation des Unternehmens und achtet darauf, dass der Betrieb weiterläuft, soweit dies wirtschaftlich möglich ist und den Gläubigerinteressen entspricht.
Bereits in der vorläufigen Insolvenz werden häufig die Weichen für die Zukunft des Unternehmens gestellt.
Der vorläufige Insolvenzverwalter, der in der Regel gleichzeitig auch als Sachverständiger vom Gericht eingesetzt wird, reicht nach Beendigung seiner Prüfung ein Gutachten ein, in dem er sich neben der rechtlichen und wirtschaftlichen Situation vor allem auch zur Frage einer etwaigen Betriebsfortführung und Sanierung äußert.
Bei fehlender Liquidität droht Einstellung mangels Masse
Voraussetzung für die Eröffnung und Durchführung eines Insolvenzverfahrens ist das Vorhandensein ausreichender finanzieller Mittel im Unternehmen, um die Kosten des Verfahrens decken zu können. Sollte die erforderliche Liquidität nicht gegeben sein und sich in der vorläufigen Insolvenz auch nicht erwirtschaften lassen, wird das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt.
2. Berichts- und Prüfungstermin
Mit der Insolvenzeröffnung legt das Gericht einen Berichtstermin (Gläubigerversammlung) sowie einen Prüfungstermin fest. Beide Termine können getrennt, aber auch zusammengelegt durchgeführt werden. In der Gläubigerversammlung wird
- der endgültige Insolvenzverwalter gewählt,
- entschieden, ob ein Gläubigerausschuss eingesetzt wird und
- entschieden ob das Unternehmen fortgeführt werden kann und soll.
Darüber hinaus werden weitere notwendige Weichen für den weiteren Verfahrensablauf und die Zukunft des Unternehmens gestellt.
Forderungsprüfung steht im Mittelpunkt
Im Prüfungstermin prüft der Insolvenzverwalter die Forderungen der Gläubiger. Die zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bekannten Gläubiger erhalten zu diesem Zweck vom Gericht oder vom Insolvenzverwalter neben der Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses auch ein Anmeldeformular, das fristgerecht beim Insolvenzverwalter mit den dazugehörigen Nachweisen eingereicht werden sollte, um an der Prüfung teilzunehmen.
Nach der Gläubigerversammlung leitet der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der Beschlussfassung der Gläubiger die weiteren Geschicke des Unternehmens. In Betracht kommt eine Sanierung, eine sogenannte übertragende Sanierung (Verkauf der wesentlichen Werte des Unternehmens) oder eine Zerschlagung und Verwertung des Unternehmens.
3. Abwicklung und Beendigung des Insolvenzverfahrens
Hat der Insolvenzverwalter das Unternehmen saniert, übertragen oder liquidiert und alle angemeldeten Forderungen der Gläubiger abschließend geprüft, teilt er dies dem Gericht mit und regt die Beendigung des Verfahrens an.
Wichtiger Hinweis
Nach der InsO trägt zunächst der Insolvenzverwalter die Kosten des Verfahrens und verteilt den darüber hinausgehenden Erlös prozentual an die Gläubiger. Sobald er Schlussrechnung und Schlussverzeichnis eingereicht hat, wird das Verfahren nach Abhaltung eines Schlusstermins aufgehoben und ist beendet. Sodann erhalten die Gläubiger ihre – zumeist äußerst bescheidene - Quote.
Die durchschnittliche Dauer mittlerer Unternehmensinsolvenzen beträgt 4 bis 8 Jahre. Dies heißt aber nicht, dass der Insolvenzverwalter das Unternehmen zwingend während des gesamten Zeitraums führen muss.
Heißer Tipp
In den überwiegenden Fällen ist es sinnvoll, das Unternehmen bereits frühzeitig vom Insolvenzverfahren zu separieren und wieder „auf eigene Beine zu stellen“. Das Verfahren hat nämlich zur Folge, dass dem Unternehmen ein Makel anhaftet, der die unternehmerische Entfaltung erheblich beeinträchtigt.
Die speziellen Gestaltungsmöglichkeiten eines Insolvenzverfahrens können diesen Makel nur anfangs und auch nur vorübergehend kompensieren. Primäres Ziel muss es deshalb sein, eine schnelle und solide Lösung herbeizuführen.
Schaubild zum Download
Werfen Sie auch einen Blick auf unser Schaubild zum Ablauf des Insolvenzverfahrens.
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