Steuerfahndung: Kein Beweisverwertungsverbot bei nur formal rechtswidriger Beschlagnahme
Die rechtswidrige Beschlagnahme von Unterlagen führt laut aktueller Entscheidung des Finanzgerichts (FG) München nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn der Beschlagnahmebeschluss nur wegen eines Formalfehlers aufgehoben wurde. Im Ausgangsfall liegt der Entscheidung ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) zugrunde. Im November 2004 hatte bei dem Ehemann einer GmbH-Geschäftsführerin eine Durchsuchung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzes (BTMG) stattgefunden. Das ermittelnde LKA beschlagnahmte dabei Unterlagen, die auf eine Steuerhinterziehung hindeuteten und übergab die Unterlagen am 02.12.2004 der Steuerfahndung. Diese leitete noch am selben Tag ein Steuerstrafverfahren gegen den Ehemann und fast drei Jahre später (am 21.08.2007) gegen die Geschäftsführerin ein. In der darauffolgenden Woche erließ das Amtsgericht Durchsuchungsbeschlüsse gegen beide Beschuldigte, bei denen weitere Unterlagen beschlagnahmt und ausgewertet wurden. Wiederum ein Jahr später wurden die Unterlagen, die das LKA Ende 2004 beschlagnahmt hatte, auf Antrag der Steuerfahndung für das Steuerstrafverfahren beschlagnahmt. Dieser Beschlagnahmebeschluss wurde durch das Landgericht aufgehoben, weil die Beschlagnahme wegen des langen Zeitablaufs zwischen Übergabe der Unterlagen und Beschlagnahme nicht mehr zeitnah und damit unverhältnismäßig sei. Gleichwohl wertete das Finanzamt die Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndungsprüfung aus und erließ geänderte Bescheide.
Das FG bestätigte die Vorgehensweise des Finanzamts. Ein qualifiziertes materiell-rechtliches Verwertungsverbot könne nur dann greifen, wenn die Ermittlung der Tatsachen einen verfassungsrechtlich geschützten Bereich des Steuerpflichtigen verletzt hat. Die auf diese Weise ermittelten Tatsachen sind dann ohne Ausnahme unverwertbar; der Verstoß kann auch nicht durch erneute und zulässige Ermittlungsmaßnahmen geheilt werden. Die Verletzung eines verfassungsrechtlich geschützten Bereichs der Betroffenen könne hier jedoch ausgeschlossen werden. Aus dem Gericht vorliegenden Unterlagen ließen sich keine grundgesetzwidrigen Aufklärungsmethoden feststellen. Die rechtswidrige Beschlagnahme habe nicht den absoluten Kernbereich privater Lebensgestaltung berührt. Einen Rechtssatz, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise grundsätzlich unzulässig wäre, gibt es nicht (FG München, Beschluss vom 17.02.2011; AZ.: 7 V 3363/10).
- Kommentieren
- 4091 Aufrufe