Steuerhinterziehung – Straftatbestand mit beachtlichen Folgen
Mit der Steuermoral ist es in Deutschland – wie übrigens auch in den meisten anderen Ländern – nicht weit her. Der größte Teil unserer Bevölkerung hält das eigene Steuersystem überwiegend für ungerecht. Laut einer 2008 veröffentlichten Umfrage des Allensbach-Institus denken dies sogar 78 % - nur 8 % haben den Eindruck, dass das System gerecht sei. Fast jeder Zweite (49 %) besteht allerdings laut einer weiteren Umfrage darauf, dass Steuerhinterziehung grundsätzlich nicht geduldet werden dürfe. Dort betonten übrigens auch 43 % der Befragten, dass Steuerhinterziehung generell verbreitet sei. Ob Steuerhinterziehung ein „Volksport“ ist, dürfte je nach Standpunkt zu beantworten sein.
Steuerhinterziehung ist grundsätzlich eine Straftat
Wie immer hilft hier ein Blick ins Gesetz. Laut § 370 Abgabenordnung (AO) Absatz 1 wird der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn er
- gegenüber Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
- Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
- pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt.
Zusätzlich müssen durch dieses Handeln Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Um den Straftatbestand der Steuerhinterziehung zu erfüllen, verlangt der Gesetzgeber übrigens eine vorsätzliche Begehensweise.
Aufpassen
Auch der Versuch des § 370 AO ist übrigens strafbar.
Besonders schwere Fälle werden mit bis zu 10 Jahren Haft geahndet
2002 hatte der Gesetzgeber mit in § 370a AO den Fall der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung eingeführt. Glücklich wurde er damit allerdings nicht - der Tatbestand war zu unbestimmt gefasst und führte zu lautstarker Kritik von Rechtsprechung und Experten. 2008 wurde deshalb der bisherige Absatz 3 des § 370 AO um die Nr. 5 Steuerhinterziehung einer Bande eingeführt. In den besonders schweren Fällen kann der Richter ein Strafmaß von 6 Monaten bis zu 10 Jahren ausnutzen. Besonders schwere Fälle sind gegeben, wenn
- in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden
- Befugnisse oder die Stellung als Amtsträger missbraucht werden,
- die Mithilfe eines Amtsträgers ausgenutzt wird, der wiederum seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
- unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden oder
- der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt.
Haftstrafen sind nicht mehr selten
Das Strafmaß ist mittlerweile von der jährlichen Steuerschuld abhängig, es wurde im Dezember 2008 durch eine wichtige Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes (Az: 1 StR 416/08) festgelegt, wonach die Steuerhinterziehung mit ähnlichen Strafen wie Betrug zu bemessen ist. Dabei ist vor allem der verursachte Steuerschaden für die Strafzumessung ausschlaggebend. In der Regel gelten seit 2009 die folgenden Eckpunkte
- bis zu einem Steuerschaden von 50.000 € werden meist Geldstrafen verhängt,
- ab 50.000 € kann der Tatrichter auf Freiheitsstrafe (meist auf Bewährung) erkennen,
- in einem besonders schweren Fall mit einem Steuerschaden von mehr als 100.000 € wird meist Freiheitsstrafe verhängt (meist unter zwei Jahren)
- bei einem Steuerschaden ab 1.000.000 € wird in öffentlicher Hauptverhandlung eine zeitige Freiheitsstrafe (nicht unter zwei Jahren) ausgesprochen, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Verjährung bei Steuerstraftaten
„Einfache“ Steuerstraftaten verjähren in 5 Jahren, während die Verjährungsfrist für die besonders schweren Fälle 10 Jahre beträgt. Die Fristen können allerdings durch genau bestimmte Unterbrechungsmaßnahmen – bspw. Durchsuchung, Beschlagnahme etc. - verlängert werden. Die Frist beginnt grundsätzlich mit Tatzeitpunkt der Steuerhinterziehung.
Tipp
Die Frage nach der exakten Verjährung ist für Laien kaum zu beantworten, hier ist der Rat eines ausgewiesenen Steuerrechtsexperten unverzichtbar!
Steuerverkürzung ist mehr als ein Begriff
Nach herrschender Meinung stellt die Steuerverkürzung an und für sich keine strafbare Handlung oder ein Vergehen dar, sondern ist eine Begriffsdefinition. Die sogenannte Legaldefinition finden Sie in § 370 Absatz 4 Satz 1 AO:
Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht.
Als Merkmal des objektiven Tatbestands ist die Steuerverkürzung jedoch eine der Voraussetzungen für die Steuerhinterziehung (s. o.) und die leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs. 1 bezeichneten Taten leichtfertig begeht. § 370 Abs. 4 bis 7 gilt entsprechend. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Leichtfertigkeit bedeutet im Sinne des § 378 AO mehr als die bloße „einfache“ Fahrlässigkeit. Der Tatbestand verlangt eine Fahrlässigkeit, die auf einem besonders gesteigerten Grad der Nachlässigkeit beruht. Der Steuerpflichtige handelt leichtfertig, wenn es sich ihm geradezu aufdrängen musste, dass seine Pflichtverletzung zu einer Steuerverkürzung führen wird. Im Gegensatz zur Steuerhinterziehung ist die leichtfertige Steuerverkürzung keine Straftat, sondern „bloße“ Ordnungswidrigkeit.
Leichtfertigkeit ist Fahrlässigkeit in besonders hohem Maße
- Kommentieren
- 11480 Aufrufe