„Satellitenschlüssel“-Verbot: Verfassungsrichter stärken Mieterrechte
Informationsfreiheit verletzt: Vermieter muss „Satellitenschüssel“ in bestimmten Fällen dulden
Die türkischen Mieter turkmenischer Abstammung hatten an der Außenfassade eine „Satellitenschüssel“ angebracht, um ein nur über Satellit verfügbares Programm in ihrer Sprache über die turkmenische Region sowie die dort lebenden Menschen empfangen zu können. Die nach dem Mietvertrag erforderliche Zustimmung der Vermieterin hatten sie dafür nicht eingeholt. Die Vermieterin forderte die Mieter deshalb auf, die Parabolantenne zu beseitigen bzw. die Anbringung zu unterlassen. Amtsgericht (AG) und Landgericht (LG) gaben der Klage statt, woraufhin die Mieter Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügten die Verletzung ihrer Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG).
Mit Erfolg. Die Verfassungsrichter bestätigten eine Verletzung der Mieter in ihrer Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Ist eine angemessene Zahl von Programmen aus dem jeweiligen Heimatland nicht über den vom Vermieter bereitgestellten Kabelanschluss, sondern nur über eine Parabolantenne zu empfangen, so ist das Interesse der ausländischen Mieter am Empfang von Rundfunkprogrammen ihres Heimatlandes bei der Abwägung mit den Eigentümerinteressen des Vermieters zu berücksichtigen. Im Streitfall haben die Gerichte erster und zweiter Instanz das spezifische Informationsinteresse der Mieter nicht ausreichend berücksichtigt und damit die Bedeutung des Grundrechts der Informationsfreiheit verkannt. Das Amtsgericht hatte fälschlicher Weise angenommen, Turkmenisch sei lediglich ein türkischer Dialekt, nicht aber eine eigene Sprache. Das Landgericht hat zwar zumindest hilfsweise angenommen, dass Turkmenisch eine eigene Sprache ist. Es hat dann aber mit einem schlichten feststellenden Satz das Ergebnis der amtsgerichtlichen Interessenabwägung bestätigt, ohne dies irgendwie weiter zu begründen. Damit war nicht nachvollziehbar, ob und wie das Landgericht das spezifische Interesse der Mieter, in turkmenischer Sprache Informationen über die turkmenische Minderheit in der Türkei zu erhalten, gewürdigt und gewichtet hatte. Die Verfassungsrichter verwiesen die Sache deshalb zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück, das nun die Abwägung nachholen muss (BVerfG, Beschluss vom 31.03.2013, Az.: 1 BvR 1314/11).
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