Unfall mit Kind im Straßenverkehr - Augenblicksversagen der Mutter führt nicht zur Haftung
Versicherung sieht bei der Mutter Verletzung der Aufsichtspflicht
Die Klage einer Versicherung gegen die Mutter eines im Straßenverkehr verletzten Kindes wegen Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht blieb jetzt auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) Bamberg erfolglos. Im Ausgangsfall war die Mutter mit ihrem sechs Jahre alten Sohn als Radfahrer unterwegs. An einer stark befahrenen Straße stiegen beide ab, um diese zu überqueren. Die Mutter meinte, die Straße überqueren zu können, und machte eine leichte Vorwärtsbewegung. Dann bemerkte sie jedoch ein heranfahrendes Auto und blieb stehen. Das Kind nahm die Bewegung der Mutter jedoch zum Anlass die Straße zu überqueren und wurde vom Auto erfasst. Dabei erlitt es schwere Verletzungen, insbesondere am Kopf. Die Kfz-Haftpflichtversicherung der Autofahrerin hat bislang 50.000 € bezahlt, und es ist mit weiteren Aufwendungen für das verletzte Kind zu rechnen. Wegen dieses Vorfalls wollte die Kfz-Haftpflichtversicherung festgestellt wissen, dass die Mutter zu 50 % für den Unfall verantwortlich ist, da sie die Aufsichtspflicht gegenüber dem Sohn verletzt habe. Sie hätte ihn an die Hand nehmen müssen, um Fehlreaktionen zu vermeiden. Auch wäre sie verpflichtet gewesen einen 200 Meter entfernten Fußgängerüberweg mit Ampel zu benutzen. Zudem wäre für den Sohn ein Fahrradhelm erforderlich gewesen. Das Landgericht wies die Klage der Versicherung ab.
Augenblicksversagen ist keine grobe Fahrlässigkeit
Das Oberlandesgericht bestätigte in der Berufung die Entscheidung – hier liege keine grob fahrlässige Verletzung der elterlichen Aufsichtspflicht vor. Aufgrund des sogenannten Haftungsprivilegs des § 1664 BGB müssen Eltern gegenüber ihren Kindern nur so sorgfältig handeln, wie sie dies in ihren eigenen Angelegenheiten tun. Die Überquerung der Straße an der Unfallstelle war grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Straße war gut zu übersehen und der 6jährige hatte sich bis zum Unfall im Straßenverkehr als zuverlässiger und geübter Fahrer gezeigt. Dass die Mutter sich bei der Einschätzung des Straßenverkehrs für den Bruchteil einer Sekunde geirrt und das Auto übersehen hatte, kann nicht als grobe Fahrlässigkeit angesehen werden. Die Mutter gab an, in der konkreten Situation durch die Sonne geblendet gewesen zu sein. Dies wurde durch die in der polizeilichen Ermittlungsakte beschriebenen Lichtverhältnisse bestätigt. Daher kann das Verhalten der Mutter höchstens als Augenblicksversagen, jedoch nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Auch der Einwand, dass das Kind keinen Helm trug, hilft der Versicherung nicht. Zum einen gibt es keine gesetzliche Vorschrift über das Tragen von Helmen als Radfahrer. Zum anderen war der Junge in der konkreten Unfallsituation nicht als Radfahrer, sondern als Fußgänger unterwegs, da er sein Rad schob (OLG Bamberg, Urteil vom 14.02.2011; Az.: 5 U 149/11).
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