Entschädigung wegen Verspätung beim Abflug ausgesetzt – BGH wartet auf Entscheidung des EuGH
Verspätung bei Anschlussflug und Abflug müssen laut Berufungsgericht getrennt betrachtet werden
Im Streit um eine Entschädigung wegen verzögertem Abflug und nicht erreichtem Anschlussflug (Ausgleichsanspruch nach der EU-Fluggastverordnung) hat der BGH das Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH jetzt ausgesetzt. Die Reisenden hatten bei der später beklagten Fluggesellschaft für den 20.01.2010 einen Flug von Berlin-Tegel über Madrid nach Costa Rica gebucht. Sie erhielten bereits bei der Abfertigung in Berlin die Bordkarten für den Anschlussflug. Der Abflug von Berlin verzögerte sich um eineinhalb Stunden. Das Flugzeug landete in Madrid um 11.28 Uhr und erreichte die Standposition um 11.39 Uhr. Der Weiterflug nach Costa Rica sollte um 12.05 Uhr von einem anderen Flugsteig erfolgen. Als die Reisenden dort am Ausgang eintrafen, war der Einsteigevorgang bereits beendet. Sie wurden daher nicht mit dem ursprünglich gebuchten Flug, sondern erst am folgenden Tag mit dem Flug um 12.05 Uhr befördert. Die Klägerin verlangt von der Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung (Entschädigung) von 600 € nach der EU-Fluggastrechteverordnung. Das Amtsgericht wies die Klage ab, auch die Berufung blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht entschied, dass einem Fluggast, der einen Flug wegen eines verspäteten Zubringerflugs nicht erreiche, kein Anspruch auf Ausgleichszahlung zustehe. Zubringerflug und Anschlussflug seien nach gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich isoliert zu betrachten. Es liege auch keine zur Ausgleichszahlung verpflichtende Beförderungsverweigerung vor, da sich die Reisenden in Madrid erst nach Abschluss des Einsteigevorgangs und damit nicht mehr rechtzeitig am Flugsteig des Weiterflugs eingefunden hätten. Die Kläger zogen vor den BGH.
EuGH liegen drei Verfahren über Verspätung beim Anschlussflug vor
Der BGH hat die Verhandlung bis zu einer Entscheidung des EuGH in einem von drei bereits dort anhängigen Vorlageverfahren ausgesetzt. Nach Auffassung der Karlsruher Richter kommt es in Betracht, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer ausgleichspflichtigen Verspätung zustehe. Ob die Voraussetzungen hierfür auch dann gegeben sind, wenn sich der Abflug wie hier um eine Zeitspanne verzögert hat, die unterhalb der von der Verordnung definierten Grenze von mindestens zwei Stunden liegt, die Ankunft am letzten Zielort aber mindestens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erfolgt, sei Gegenstand der beim EuGH anhängigen Rechtssache C-11/11 sowie der verbundenen Rechtssachen C-436/11 und C-437/11 (BGH, Beschluss vom 13.03.2012 2012; Az.: X ZR 127/11).
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