AGG muss nur den eigenen Beschäftigten bekannt gemacht werden
Schwerbehinderter Bewerber klagt auf Schadenersatz wegen Diskriminierung
Ein Arbeitgeber erfüllt nach Ansicht des Arbeitsgerichts (ArG) Stuttgart seine Bekanntmachungspflicht gem. § 12 Abs. 5 AGG, wenn er den Text des AGG und des § 61b ArbGG betriebsüblich in das Intranet eingestellt. Er ist darüber hinaus nicht gehalten, abgelehnten externen Bewerbern, die keine Zugriffsmöglichkeit auf das Intranet haben, die Gesetzestexte gesondert zukommen zu lassen. Im Ausgangsfall ging es um eine Entschädigung nach dem AGG wegen behaupteter Diskriminierung des zu 50 % schwerbehinderten Klägers. Dieser hatte sich bei der Arbeitsagentur unter Beifügung seiner Bewerbungsunterlagen, in denen auf seine Schwerbehinderung hingewiesen wurde, für eine ausgeschriebene Stelle beworben. Die Agentur erteilte ihm eine Absage und schickte die Unterlagen zurück. Der Bewerber klagte auf Entschädigung in Höhe von 31.000 €, da er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Die Agentur lehnte dies ab, u. a. unter Berufung auf eine Versäumung der Klagefrist. Der Kläger behauptete diesbezüglich, dass die Agentur verpflichtet gewesen sei, ihn gemäß § 12 Abs. 5 AGG von der Klagefrist des § 61 b Abs. 1 ArbGG in Kenntnis zu setzen. Wegen dieser Pflichtverletzung sei er so zu stellen, wie wenn er aufklärungskonform rechtzeitig Klage erhoben hätte. Der Entschädigungsanspruch stehe ihm daher zumindest als Schadenersatz zu.
Bekanntmachungspflicht des AGG betrifft nur die eigenen Beschäftigten
Das Arbeitsgericht lehnt die Klage aus mehreren Gründen ab. Unter anderem habe die Agentur nicht gegen ihre Bekanntmachungspflicht aus § 12 Abs. 5 AGG verstoßen. Diese Vorschrift regele lediglich, dass der Gesetzestext des AGG sowie des § 61 b ArbGG im Betrieb oder der Dienststelle bekannt zu machen ist durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder durch den Einsatz der im Betrieb oder der Dienststelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik. Dies ist vorliegend auch durch Einstellung in das allen Mitarbeitern zugängliche Intranet der Agentur erfolgt. § 12 Abs. 5 AGG sei gerade nicht so formuliert, dass der Arbeitgeber die Beschäftigten, somit über § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG auch die Bewerber, über § 61 b ArbGG zu informieren hätte. Vielmehr werde auf die Bekanntmachung im Betrieb abgestellt. Hinzu komme, dass die Regelung des § 12 AGG in den Unterabschnitt 2 des AGG aufgenommen wurde, in dem die Organisationspflichten des Arbeitgebers geregelt sind. Es gehe somit um betriebliche Vorkehrungen. Die Vorstellung, dass zum Beispiel bei 500 Bewerbungen auf eine Stelle der ausschreibende Arbeitgeber, der das AGG und § 61 b ArbGG betriebsüblich bekannt gemacht hat, zudem gehalten sein sollte an alle abgelehnten 499 Bewerber die entsprechenden Gesetzestexte zu verschicken, erscheine absurd und nicht gewollt. Adressatenkreis der betrieblichen Bekanntmachungspflicht können somit nur die bereits betriebsangehörigen Mitarbeiter sein. Nur für diese können auch betriebliche Vorkehrungen getroffen werden (ArbG Stuttgart, Urteil vom 18.01.2012; Az.: 20 Ca 1059/11).
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