Interessenabwägung - Fristlose Kündigungen gegenüber Betriebsrätin sind unwirksam
Arbeitgeber kündigt wegen Pflichtverletzung im Betriebsratsamt
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden Württemberg hat jetzt die fristlose Kündigung der Betriebsrätin eines Bekleidungskaufhauses aufgehoben. Die Klägerin ist dort seit 1990 als Mitarbeiterin im Verkauf beschäftigt und seit Mai 2010 Mitglied des Betriebsrats. Der Arbeitgeber warf der Betriebsrätin vor, sie habe in der Sitzung des Betriebsausschusses am 01.09.2010 unter Zuhilfenahme eines Mobiltelefons einem Außenstehenden ermöglicht, die Beratung des Gremiums heimlich mitzuhören. Er hat die Frau nach Bekanntwerden des Vorwurfs persönlich angehört und am 13.09.2010 deshalb fristlos gekündigt. Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass zumindest der dringende Verdacht bestehe, die Betriebsrätin habe einen Außenstehenden heimlich mithören lassen. Am 20.09.2010 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis nochmals fristlos und wirft der Klägerin insoweit vor, sie habe in einem anderen gerichtlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben. Das Arbeitsgericht hat beide Kündigungen für unwirksam erklärt.
Interessenabwägung betont beanstandungsfreie Tätigkeit seit 20 Jahren
Das LAG bestätigte diese Entscheidung. Unabhängig davon, dass der behauptete Pflichtenverstoß (Abhören der Ausschusssitzung) zwischen den Parteien streitig ist, führt jedenfalls die vorzunehmende umfassende Interessenabwägung dazu, dass die Kündigung vom 13.09. unwirksam ist. Innerhalb der Interessenabwägung hat das Gericht insbesondere berücksichtigt, dass die Klägerin seit über 20 Jahren beanstandungsfrei bei der Beklagten beschäftigt ist und es bei der vorgeworfenen Pflichtverletzung vorrangig um die Verletzung von Pflichten aus dem Betriebsratsamt geht. Die Kündigung vom 20. September 2010 wurde für unwirksam erklärt, weil das Gericht nicht davon überzeugt ist, dass die Klägerin tatsächlich eine falsche Versicherung an Eides statt abgegeben hat (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.09.2011; Az.: 17 Sa 16/11).
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