Arbeitnehmer verunglückt auf der Heimfahrt mit 2,2 Promille – Hinterbliebenenrente abgelehnt
Alkohol am Arbeitsplatz war üblich
Das Hessische Landessozialgericht musste jetzt entscheiden, ob der Witwe eines stark alkoholisierten Unfallopfers Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht. Ein Arbeitnehmer war auf der Heimfahrt nach seiner Arbeit in einer Eisengießerei verstorben. Der Mann wurde 1 ½ Stunden nach dem Ende seiner Spätschicht tot im Straßengraben aufgefunden. Eine Blutprobe ergab eine Alkoholkonzentration von 2,2 Promille. Die Zuständige Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung der Hinterbliebenen ab, weil allein wesentliche Unfallursache die absolute Fahruntüchtigkeit gewesen sei. Die klagende Ehefrau des Verstorbenen beruft sich hingegen darauf, dass im Betrieb Alkoholkonsum während der Arbeit üblich und vom Arbeitgeber toleriert gewesen sei. Zudem hätten Vorgesetzte nicht nur mitgetrunken, sondern auch selbst den Alkohol in die Firma gebracht. Das Sozialgericht wies die Klage der Witwe auf eine Hinterbliebenenrente ab. Die tödliche Heimfahrt habe aufgrund der absoluten Fahruntüchtigkeit in keinem inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gestanden. Versicherungsschutz ergebe sich auch nicht aus einer Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Denn Alkoholkonsum sei - auch bei Duldung des Arbeitgebers - eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit und unterliege der privaten Entscheidung des Versicherten. Dem Arbeitgeber bleibe es zudem überlassen, was er konkret gegen Alkoholkonsum am Arbeitsplatz unternehme. Durch das offiziell erteilte Alkoholverbot, einer entsprechenden Betriebsvereinbarung und das Bereitstellen alkoholfreier Getränke habe der Arbeitgeber hier jedenfalls die gebotenen Schutzmaßnahmen ergriffen.
Arbeitgeber hat Fürsorgepflicht nicht verletzt
Auch das LSG gab der Berufsgenossenschaft Recht, der Arbeitgeber habe hier seine Fürsorgepflicht nicht verletzt. Der Versicherungsschutz durch die gesetzliche Unfallversicherung entfalle, wenn dem Versicherten absolute Fahruntüchtig unterstellt werden könne. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum während der Arbeit nicht verhindert hat. Unterlässt es der Arbeitgeber, Alkoholmissbrauch während der Arbeitszeit zu unterbinden, könne dies allenfalls zu einer untergeordneten Mitverursachung führen. Eine maßgebliche Verletzung der Fürsorgepflicht kommt nach Meinung der Richter nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz dulde und keinerlei Schutzvorkehrungen gegen das anschließende Benutzen eines Pkw in verkehrsuntüchtigem Zustand getroffen habe. Dies sei hier durch offizielles Alkoholverbot und die Betriebsvereinbarung aber gerade nicht der Fall gewesen (Hessisches LSG, Urteil vom 13.05.2011; Az.: L 9 U 154/09).
Um weitergehende Informationen zu erhalten, lesen Sie auch unseren Beitrag: Alkohol am Arbeitsplatz: Kein Versicherungsschutz bei tödlichem Unfall mit 2,2 Promille.
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