Fehler bei der Klage - Beschäftigter verliert Prozess trotz falscher Kündigungsfrist des Arbeitgebers
Bei einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung muss laut gestrigem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) der Arbeitnehmer die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist innerhalb der 3-Wochenfrist seiner Kündigungsschutzklage geltend machen, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Bedürfte die Kündigung der Umdeutung in eine Kündigung mit zutreffender Frist, gilt die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung als rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum „falschen“ Termin, wenn die Kündigungsschutzklage nicht binnen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben worden ist. Im Ausgangsfall war der Arbeitnehmer seit 1995 bei einer Tankstelle beschäftigt. Im Frühjahr 2007 übernahm die beklagte Arbeitgeberin den Betrieb von einer Vorpächterin, für die der Kläger seit 1999 arbeitete. Im April 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2008. Im November 2008 erhob der Kläger Klage auf Leistung der Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September 2008 mit der Begründung, die gesetzliche Kündigungsfrist betrage fünf Monate zum Monatsende, weil er insgesamt mehr als zwölf Jahre beschäftigt gewesen sei. Die Regelung in § 622 BGB, der bestimme, dass bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs liegen, nicht berücksichtigt werden, dürfe nicht angewendet werden. Sie verstoße gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Das Arbeitsgericht wies die Klage des Beschäftigten ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr dagegen statt. Beim BAG hatte dann der Arbeitgeber Erfolg. Die von ihm gewählte Kündigungsfrist sei zwar zu kurz gewesen. Zum einen hätte die Beschäftigungszeit bei den Rechtsvorgängern seit 1995 berücksichtigt werden müssen. Zudem darf § 622 BGB tatsächlich nicht angewendet werden, weil eine derartige Regelung mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar ist (EuGH vom 19. 01.2010; Az.: C-555/07 - Kücükdeveci). Die Kündigungsfrist betrug deshalb fünf Monate zum Monatsende (hier: 30.09.2008). Gleichwohl konnte das BAG die ausdrücklich zum 31.07.2008 erklärte Kündigung weder nach ihrem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen als eine Kündigung zum 30.09.2008 auslegen. Der Arbeitnehmer hätte deshalb die unzutreffend angenommene Kündigungsfrist binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich geltend machen müssen. Da das nicht erfolgte, hat die Kündigung das Arbeitsverhältnis tatsächlich zum 31.07.2008 aufgelöst (BAG, Urteil vom 01.09.2010; Az.: 5 AZR 700/09).
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