Bei Verdacht auf vorgetäuschte Erkrankung haben Arbeitnehmer gesteigerte Beweislast
Täuscht ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nur vor, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Der Beweiswert einer vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist laut Hessischem Landesarbeitsgericht (LAG) erschüttert, wenn er sich gegenüber einem Vorgesetzten als "psychisch und physisch topfit" bezeichnet. Im Sachverhalt ging es um einen erkrankten Krankenpfleger, der seinen Vorgesetzten aufgesucht hatte, um eine Verlängerung der Krankschreibung abzugeben. Als dieser fragte, ob er am Montag mit ihm rechnen könne, antwortete er, dass er sich erst noch mal einen gelben Schein hole. Ihm ginge es zwar richtig gut, er sei psychisch und physisch so fit wie noch nie, aber nicht für den Arbeitgeber. Daraufhin kündigte das Krankenhaus fristlos. Der Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht statt. In der Berufungsverhandlung trug der Pfleger vor, dass sein Arzt das Weiterbestehen der Arbeitsunfähigkeit fachgerecht indiziert und attestiert habe, und befreite insoweit seinen Arzt von der Schweigepflicht. Das LAG hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab. Der Arbeitnehmer habe zwar eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, die in der Regel die Arbeitsunfähigkeit beweise. Der Beweiswert des Attestes sei jedoch durch die Äußerung gegenüber dem Vorgesetzten erschüttert worden. Damit trete hinsichtlich der Behauptungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor der Vorlage des Attestes bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers darzulegen, welche Krankheiten bzw. welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln der Arzt aufgetragen habe. Ein solcher Vortrag fehlte aber trotz entsprechender Aufforderung durch das Gericht hier. Damit stehe fest, dass die Erkrankung nur vorgetäuscht sei. Da hierdurch das Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Beschäftigten zerstört sei, gehe die erforderliche Interessenabwägung zu seinen Lasten aus (Hessisches LAG, Urteil vom 08.02.2010; Az.: 16 Sa 890/09).
Weitere Informationen über dieses Urteil erhalten Sie in dem Beitrag Vorgetäuschte Krankheit kostet Job.
- Kommentieren
- 5431 Aufrufe