Emmely – BAG stoppt Kündigung und lässt Arbeitgeber ratlos zurück
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat gestern die fristlose Kündigung der Berliner Kassiererin (Emmely), die ihr nicht gehörende Pfandbons von 1,30 € zum eigenen Vorteil eingelöst hat, für unwirksam erklärt. Mit der Begründung der Erfurter Richter kann die Praxis allerdings wenig anfangen – wie in ähnlichen Fällen verfahren werden soll, bleibt offen. Laut Auffassung des BAG könne ein vorsätzlicher Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Vertragspflichten zwar eine fristlose Kündigung auch dann rechtfertigen, wenn der damit einhergehende wirtschaftliche Schaden gering ist. Umgekehrt sei aber nicht jede unmittelbar gegen die Vermögensinteressen des Arbeitgebers gerichtete Vertragspflichtverletzung ohne Weiteres ein Kündigungsgrund. Maßgeblich ist § 626 Abs. 1 BGB, wonach eine fristlose Kündigung nur aus „wichtigem Grund“ erfolgen darf. Das Gesetz kennt in diesem Zusammenhang keine „absoluten Kündigungsgründe“. Ob ein „wichtiger Grund“ vorliegt, muss vielmehr nach dem Gesetz „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile“ beurteilt werden. Dabei sind alle für das jeweilige Vertragsverhältnis in Betracht kommenden Gesichtspunkte zu bewerten. Dazu gehören das gegebene Maß der Beschädigung des Vertrauens, das Interesse an der korrekten Handhabung der Geschäftsanweisungen, das vom Arbeitnehmer in der Zeit seiner unbeanstandeten Beschäftigung erworbene „Vertrauenskapital“ ebenso wie die wirtschaftlichen Folgen des Vertragsverstoßes; eine abschließende Aufzählung ist nicht möglich. Insgesamt muss sich die sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses als angemessene Reaktion auf die eingetretene Vertragsstörung erweisen. Unter Umständen kann eine Abmahnung als milderes Mittel zur Wiederherstellung des für die Fortsetzung des Vertrags notwendigen Vertrauens in die Redlichkeit des Arbeitnehmers ausreichen (BAG, Urteil vom 10.06. 2010; Az.: 2 AZR 541/09).
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