Gericht erklärt Betriebsratswahl in Daimler-Zentrale für unwirksam
Arbeitnehmer wählen bekanntlich den Betriebsrat und leitende Angestellte ihren Sprecherausschuss. In großen Unternehmen fällt es bisweilen schwer, die Mitarbeiter richtig zu kategorisieren. Beim Autobauer Daimler hatte die fehlerhafte Zuordnung von Mitarbeitern jetzt sogar die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl zur Folge.
Der Fall aus der Praxis
In der Konzernzentrale der Daimler AG in Stuttgart wurde am 10.03.2010 ein neuer Betriebsrat gewählt. Vier Beschäftigte fochten die Wahl später mit der Begründung an, dass die von den jeweiligen Wahlvorständen (Betriebsratswahl und Sprecherausschusswahl) einvernehmlich erfolgte Zuordnung der Beschäftigten der sogenannten Führungsebene E 3 als leitende Angestellte offensichtlich fehlerhaft erfolgt sei. Betroffen seien 636 Personen, die kraft dieser Statusbeurteilung nicht an der Betriebsrats-, sondern an der zeitgleich stattgefundenen Wahl des Sprecherausschusses als wahlberechtigt angesehen wurden. Da die Beschäftigten der Führungsebene E 3 weder über eine selbstständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis noch über eine Generalvollmacht oder Prokura verfügten, konnte der Status als leitender Angestellter gemäß der gesetzlichen Vorgabe des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nur dann in Betracht kommen, wenn diese Personen jeweils für sich nach Arbeitsvertrag und Stellung regelmäßig Aufgaben wahrnehmen, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind.
Das sagt der Richter
Die Anfechtungsklage der vier Beschäftigten war zulässig und begründet. Das Gericht erklärte die Betriebsratswahl deshalb für unwirksam. Die vom Wahlvorstand getroffene Zuordnungsentscheidung nach § 18a BetrVG , die 636 Führungskräfte der Ebene E 3 als leitende Angestellte von der Betriebsratswahl auszuschließen, sei offensichtlich fehlerhaft gewesen. Eine eigenständige Prüfung sei nicht erfolgt. Der Wahlvorstand habe ohne Rücksicht auf die gesetzlichen Voraussetzungen eine vom Arbeitgeber elektronisch zur Verfügung gestellte Liste mit Beschäftigten der Führungsebene E 3 übernommen, die wiederum auf einer Absprache mit dem alten Betriebsrat beruhte (LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.04.2011, Az.: 7 TaBV 7/10).
Das bedeutet die Entscheidung
Für die Abgrenzung der zum Betriebsrat und zum Sprecherausschuss wahlberechtigten und wählbaren Mitarbeiter hält § 18a BetrVG ein Zuordnungsverfahren bereit. Es sieht vor, dass bei den jeweils anstehenden Wahlen nach Maßgabe der gesetzlichen Definition des leitenden Angestellten (§ 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BetrVG) für beide Wahlen einheitlich entschieden wird, wer zum Kreis der leitenden Angestellten gehört. Die Zuordnung bewirkt, dass die Anfechtung der Betriebsratswahl ausgeschlossen ist, wenn die Zuordnung nicht offensichtlich fehlerhaft erfolgt.
Nicht jeder kann eine Betriebsratswahl anfechten
Anfechtungsberechtigt sind nach § 19 BetrVG
- drei wahlberechtigte Arbeitnehmer,
- eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder
- der Arbeitgeber
Wichtiger Hinweis
Eine Betriebsratswahl ist nach § 19 BetrVG anfechtbar, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und keine Berichtigung erfolgt ist. Voraussetzung ist außerdem, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte.
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