Pflegezeit muss am Stück genommen werden – Unterbrechungen sind im Gesetz nicht vorgesehen
Das Pflegezeitgesetz hat neue Arbeitnehmerrechte für den Fall der Pflege naher Angehöriger geschaffen. Wie immer wirft auch dieses Gesetz mehr Fragen auf, als der Gesetzgeber vorgesehen hat. Eine für Arbeitgeber – aber selbstverständlich auch für Arbeitnehmer - eminent wichtige Antwort hat jetzt das Arbeitsgericht (ArG) Stuttgart gegeben.
Der Fall aus der Praxis
Die Mutter eines Arbeitnehmers war durch die Pflegekasse als pflegebedürftig eingestuft worden. Deshalb beantragte ihr Sohn bei seinem Arbeitgeber im Juli 2009 für 5 Tage eine Freistellung wegen Pflegezeit, welche ihm auch bewilligt wurde. Einen weiteren Antrag für die Zeit von 28.12. - 29.12.2009 lehnte er jedoch ab, da nach seiner Ansicht der Anspruch bereits aufgebraucht wäre. Die Parteien setzten sich vor Gericht auseinander.
Das sagt der Richter
Dort hatte der Arbeitnehmer das Nachsehen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Pflegezeitgesetz nur eine einmalige Pflegezeit je pflegebedürftigen Angehörigen vorsehe und diese bereits im Zeitpunkt der ersten Bewilligung aufgebraucht worden sei. Zwar bestünde die Möglichkeit, diese bis zu sechs Monate auszudehnen, eine Unterbrechung sei im Gegensatz zur Elternzeit aber nicht vorgesehen. Zudem würde ein solches Vorgehen den spezifischen Sonderkündigungsschutz in das Belieben des Arbeitnehmers stellen und deshalb in einem unbegrenzten Maße ausweiten. Das entspräche nicht der Intention des Gesetzgebers (ArbG Stuttgart, Urteil v. 24.9.2009, 12 Ca 1792/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Nimmt ein Mitarbeiter eine Pflegezeit, so kann diese zwar nicht gestückelt werden, aber auch sechs Monate können eine lange Zeit sein. Sie müssen den Ausfall kompensieren und eventuell auch eine Ersatzkraft einstellen. Eine Ausdehnung auf die Höchstdauer müssen Sie hinnehmen, wenn ein vorgesehener Wechsel des pflegenden Mitarbeiters aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. Welche das sind, ist aufgrund des noch relativ jungen Gesetzes noch nicht gerichtlich abschließend geklärt und bleibt daher abzuwarten.
Einen weiteren Freistellungsanspruch gewährt das Pflegezeitgesetz für den Fall der sogenannten kurzzeitigen Arbeitsverhinderung. Dieser berechtigt Beschäftigte bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn für einen nahen pflegebedürftigen Angehörigen eine akute Situation auftritt.
Bezahlte oder unbezahlte Freistellung?
Sie sind nach der Regelung des § 2 Abs. 3 PflegeZG im Falle einer kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nur dann zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet, soweit sich eine Pflicht aus dem Gesetz oder einer Vereinbarung ergibt. Eine solche Pflicht ist bspw. durch § 616 BGB gegeben. Danach behält ihr Mitarbeiter seinen Lohnfortzahlungsanspruch, wenn er „für eine verhältnismäßig kurze Zeit durch einen nicht selbst verschuldeten Grund an seiner Arbeitspflicht gehindert ist“.
Praxistipp
Sie können diese unpräzise und ggf. teure Regelung umgehen, indem Sie mit ihren Mitarbeitern bereits im Arbeitsvertrag eine davon abweichende Vereinbarung treffen. Dies gilt aber nur, soweit es diesbezüglich nicht bereits tarifvertragliche Vorgaben gibt. Wichtig ist, dass Sie eine Vergütung nicht grundsätzlich ausschließen.
Musterklausel zum Download
Eine diesbezügliche Formulierung stellen wir Ihnen hier als Musterklausel: Vergütung bei kurzzeitiger Abeitsverhinderung zur Verfügung.
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