Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung ist fehleranfällig
In wirtschaftlich schlechten Zeiten lässt sich für Sie der Ausspruch betriebsbedingter Kündigung oftmals nicht vermeiden. Bei der dann durchzuführenden Sozialauswahl dürfen Sie zu befürchtende Fehlzeiten aufgrund erhöhter Krankheitsanfälligkeit aber nicht berücksichtigen.
Der Fall aus der Praxis
Eine schwerbehinderte Arbeitnehmerin war in einer Krankenhauswäscherei beschäftigt. Der Arbeitgeber beschloss, die Wäscherei zu schließen und die dortigen Arbeiten auf ein Drittunternehmen zu übertragen. Nachdem er die Zustimmung zur Kündigung durch das Integrationsamt erhalten hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis der Mitarbeiterin betriebsbedingt. Die Arbeitnehmerin wehrte sich gerichtlich gegen die Kündigung, die Sozialauswahl sei fehlerhaft gewesen. Sie war der Meinung, der Arbeitgeber hätte zuerst einer vergleichbaren, aber sozial stärkeren Mitarbeiterin aus einer anderen Abteilung vorrangig kündigen müssen.
Das sagt der Richter
Das Bundesarbeitsgericht folgte dieser Meinung. Der Arbeitgeber könne sich bei der Sozialauswahl zwar darauf berufen, dass solche Beschäftigte nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen seien, deren Weiterbeschäftigung im berechtigten betrieblichen Interesse liege. Ein solches Interesse könne der Arbeitgeber aber nicht allein daraus herleiten, dass der gekündigte Arbeitnehmer aufgrund der Schwerbehinderung besonders krankheitsanfällig sei (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2007, Az.: 2 AZR 306/06).
Das bedeutet die Entscheidung
Nach § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) können Sie ein Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen, kündigen. Diese Erfordernisse dürfen auf außerbetrieblichen oder auch auf innerbetrieblichen Gründen beruhen. Außerbetriebliche Gründe sind bspw.
- Umsatzrückgang,
- Wegfall von Aufträgen,
- Gewinneinbrüche,
- Unrentabilität oder auch
- Wegfall von Drittmitteln.
Innerbetriebliche Gründe sind Outsourcing, Rationalisierungsmaßnahmen oder Einstellung der Produktion oder Produktionszweigen. Diese betrieblichen Gründe müssen in einer Unternehmerentscheidung münden, deren organisatorische Umsetzung dazu führt, dass der Arbeitsplatz wegfällt.
Expertenrat
In einem Gerichtsverfahren über die Berechtigung der Kündigung kann diese Unternehmerentscheidung von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft werden. Eine Kontrolle findet nur insoweit statt, ob Ihre Entscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder gar willkürlich ist. Liegt ein dringender betrieblicher Grund vor und ist auch sonst kein freier Arbeitsplatz vorhanden, auf dem eine Weiterbeschäftigung erfolgen kann, müssen Sie zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern, die vom Wegfall des Arbeitsplatzes betroffen sind, eine Sozialauswahl treffen.
Diese Kriterien müssen Sie berücksichtigen
Kriterien für die Sozialauswahl sind die
- Dauer der Betriebszugehörigkeit,
- das Lebensalter,
- Unterhaltspflichten oder
- Schwerbehinderung.
Bei der Beurteilung sind Auswahlkriterien grundsätzlich gleichwertig. Sie besitzen daher bei der Gewichtung einen gewissen Beurteilungsspielraum, sofern Sie alle Kriterien berücksichtigt. In die Sozialauswahl müssen Sie aber die Mitarbeiter nicht einbeziehen, an deren Weiterbeschäftigung wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur ein berechtigtes betriebliches Interesse besteht.
Checkliste zum Download
Wir haben Ihnen eine Checkliste bezüglich aller Punkte zusammengestellt, die bei einer betriebsbedingten Kündigung unbedingt zu beachten sind.
Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag Kündigung 2010 – die wichtigsten Formalien für Ihr rechtssicheres Vorgehen.
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