Aufzeichnung eines Personalgesprächs rechtfertigt fristlose Kündigung
Fristlose Kündigung nach heimlicher Aufzeichnung eines Personalgesprächs ist rechtens
Die heimliche Aufzeichnung eines vertraulichen Personalgesprächs stellt eine gravierende Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Eine solche Pflichtverletzung berechtigt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln (Az.: 8 Sa 364/11) den Arbeitgeber grundsätzlich zu einer fristlosen Kündigung.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 war in einem Betrieb als Gärtner beschäftigt. Zugleich bekleidete er das Amt des Vertrauensmanns der schwerbehinderten Menschen in einer Behörde. Nachdem der Arbeitgeber erfahren hatte, dass der Arbeitnehmer heimlich drei Personalgespräche auf Tonband aufgezeichnet hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung von Personalrat und Integrationsamt fristlos. Der Gärtner wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage. Er gab an, dass er sich aufgrund einer Erkrankung nicht länger als 15 Minuten konzentrieren habe können. Deshalb habe er die Aufzeichnungen gemacht, um sich das Gespräch später noch einmal anhören zu können.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab dem Arbeitgeber recht. Der Arbeitnehmer habe durch sein Verhalten wiederholt und gravierend seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Durch das Mitschneiden des Personalgesprächs habe er die Vertraulichkeit des Wortes verletzt und damit eine Straftat nach § 201 Strafgesetzbuch (StGB) begangen. Das Verhalten des Gärtners sei auch nicht mit seiner Einlassung zu entschuldigen, er könne sich aufgrund einer Erkrankung nicht länger als 15 Minuten konzentrieren. Eine Abmahnung als milderes Mittel sei hier entbehrlich gewesen, weil der Arbeitnehmer erkennen konnte, dass sein Fehlverhalten für den Arbeitgeber nicht hinnehmbar war. Die Tonbandaufzeichnungen hätten den Vertrauensbereich gegenüber den Mitarbeitern und dem Arbeitgeber betroffen. Der Glaube daran, dass sich der Arbeitnehmer nicht in unehrlicher Art und Weise gegen die Interessen des Arbeitgebers stelle und dass er sich nicht falsch, unaufrichtig oder hinterhältig verhalte, sei in diesem Fall ernsthaft und unwiederbringlich gestört gewesen. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Umstand, dass es sich nicht um einen einmaligen Vorfall sondern um mehrfache erhebliche Vertragsverletzungen gehandelt habe. Die fristlose Kündigung sei somit zulässig (LAG Köln, Urteil vom 18.05.2011, Az.: 8 Sa 364/11).
Fazit
Die heimliche Aufzeichnung eines Personalgesprächs durch einen schwerbehinderten Arbeitnehmer ist als erhebliche Pflichtverletzung anzusehen, die das Vertrauen in die Redlichkeit des Arbeitnehmers so ernsthaft stört, dass vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung entbehrlich ist, weil ein Hinnehmen der Folgen der Pflichtverletzung durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar ausscheidet.
Das sagt das Gesetz
§ 201 StGB Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt
1. das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt oder
2. eine so hergestellte Aufnahme gebraucht oder einem Dritten zugänglich macht.
….
Arbeitsrechtliche Abmahnung erfüllt unterschiedliche Funktionen
Nach der Rechtsprechung soll die Abmahnung das beanstandete Verhalten tatbestandsmäßig festhalten (Dokumentationsfunktion), sie soll den Arbeitnehmer darauf hinweisen, dass der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten als vertragswidrig ansieht (Hinweisfunktion) und die Abmahnung soll den Arbeitnehmer davor warnen, dass im Fall einer wiederholten Pflichtverletzung die Kündigung droht (Warnfunktion).
Bei schweren Pflichtverletzungen ist eine Abmahnung entbehrlich
Eine Kündigung kommt nach dem Ultima-Ratio-Prinzip nur als letztes Mittel in Betracht. Bevor ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gegenüber kündigt, muss er alle ihm zumutbaren und geeigneten Mittel ausschöpfen, die geeignet sind, zukünftige Störungen im Arbeitsverhältnis zu vermeiden. Als geeignetes, milderes Mittel gilt insbesondere die Abmahnung. Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt grundsätzlich eine vorherige Abmahnung voraus, um dem Arbeitnehmer zu signalisieren, dass ein derartiges Verhalten nicht hingenommen wird.
Wichtiger Hinweis
Das Abmahnungserfordernis im Rahmen einer Kündigung ist in der betrieblichen Praxis die Stolperfalle für Arbeitgeber. Denn eine ohne vorherige Abmahnung ausgesprochene verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich unwirksam. Ausnahmsweise kann eine Abmahnung entbehrlich sein, wenn sie ihren Zweck, ein zukünftiges störungsfreies Arbeitsverhältnis zu ermöglichen, von vornherein nicht erreichen kann. Dies ist zum einen der Fall, wenn der Arbeitnehmer sein Verhalten in Zukunft nicht ändern kann oder will. Zum anderen kann eine Abmahnung entbehrlich sein, wenn die Vertrauensgrundlage aufgrund des konkreten Vorwurfs so schwer gestört ist, dass eine Abmahnung diese Störung nicht beheben kann, sondern für den Arbeitgeber nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommt.
- Kommentieren
- 6794 Aufrufe