Direktionsrecht - Arbeitgeber kann Zusatzaufgabe einseitig entziehen
Betrauen Sie einen Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum mit einer bestimmten Zusatzaufgabe, ist darin keine dauerhafte Übertragung einer Arbeitsaufgabe unter stillschweigender Änderung des Arbeitsvertrags zu sehen. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer war in Vollzeit als Lagerverwalter beschäftigt. Im Jahre 1988 wurde ihm seitens der Arbeitgeberin zusätzlich die Aufgabe des Schließdienstes übertragen. Die zusätzliche Arbeitszeit wurde in Form von Überstunden vereinbarungsgemäß auf entsprechenden Formularen vermerkt. Für diese Zusatzaufgabe wurde der Mitarbeiter mit 200 € brutto mehr im Monat entlohnt. Der Betriebsrat war von der Arbeitgeberin darüber informiert worden. Am 31.05.2006 entzog die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer schriftlich die Aufgabe des Schließdienstes zum Jahresende und stellte die Überstundenvergütung ein. Sie begründete ihr Vorgehen damit, dass die Übertragung der Zusatzaufgabe schließlich nicht vertraglich vereinbart worden sei. Der Mitarbeiter entgegnete, es habe sich hinsichtlich der Zusatzarbeit nicht um Überstunden gehandelt. Vielmehr sei eine dauerhafte Verlängerung der Wochenarbeitszeit vereinbart gewesen. Deshalb könne ein einseitiger Entzug der Zusatzaufgabe nicht wirksam sein.
Das sagt der Richter
Das Gericht gab der Arbeitgeberin Recht. Kraft ihres Weisungsrechts sei sie berechtigt gewesen, dem Mitarbeiter die Zusatzaufgabe ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung zu entziehen. Zum Zeitpunkt der Übertragung der Zusatzaufgabe sei der schriftliche Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer nicht in Form einer Aufgabenergänzung abgeändert worden. Eine stillschweigende einvernehmliche Ergänzung des Arbeitsvertrags ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Mitarbeiter von der Arbeitgeberin über lange Zeit hinweg unter Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt worden sei. Mangels des Vorliegens einer ergänzenden, gegenseitigen Vereinbarung im Arbeitsvertrag, die an sich nur durch Änderungskündigung aufgehoben werden kann, sei der einseitige Entzug der Zusatzaufgabe durch die Arbeitgeberin rechtswirksam gewesen (BAG, Urteil vom 22.04.2009, Az.: 5 AZR 133/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Als Arbeitgeber steht Ihnen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses das Recht zu, ihren Arbeitnehmern Weisungen zu erteilen (sogenanntes Direktions- oder Weisungsrecht). Dieses Recht ist in § 106 GewO (Gewerbeordnung) sowie in § 315 BGB geregelt. Danach liegt es in ihrem Belieben, wie Sie Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung bestimmen. Ihre betriebliche Organisation als solche unterliegt keiner arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Eingeschränkt ist Ihre Weisungsbefugnis jedoch in den Fällen, in denen Arbeitsbedingungen durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen bereits konkret festgelegt sind. Möchten Sie diese Bedingungen ändern, bleibt Ihnen nur die Möglichkeit eines Änderungsvertrags. Sollte ein Mitarbeiter mit dieser Lösung nicht einverstanden sein, können Sie Ihr Ziel einseitig nur durch eine Änderungskündigung erreichen.
Vorsicht
Eine Änderungskündigung birgt immer die Gefahr, dass der Mitarbeiter diese vorbehaltlich annimmt. In diesem Fall verlieren Sie ein wichtiges Druckmittel, weil der Arbeitnehmer das Recht hat, nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zur Verhandlung vor dem Arbeitsgericht weiterbeschäftigt zu werden. Verliert er den Prozess, wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt. Der Arbeitsplatz ist aber nicht verloren. Gewinnt er hingegen, wird das Arbeitsverhältnis zu den alten Arbeitsbedingungen fortgesetzt.
Haben Sie keine Regelungen vereinbart, muss Ihr Mitarbeiter Ihren Weisungen nur dann Folge leisten, wenn Sie die wesentlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und beiderseitige Interessen angemessen abgewogen haben.
Expertenrat
Fordern Sie deshalb von Ihren Mitarbeitern keine Handlungen, die nach Art und Inhalt der Arbeitspflicht nicht zumutbar sind.
Übersicht zum Download
Nutzen Sie unsere Übersicht zum Direktionsrecht, damit Ihre Weisungen nicht bloß Schall und Rauch bleiben.
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