Traumatisiertes Loveparade-Opfer verliert Arbeitsplatz
Eine junge Frau, die seit der Loveparade-Katastrophe arbeitsunfähig ist, hat ihren Arbeitsplatz verloren. Sie hatte gegen ihre Kündigung geklagt. Auf den Vorschlag des Gerichts hin akzeptierte sie jedoch die Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 3.800 €.
Der Fall aus der Praxis
Eine Arbeitnehmerin, die seit über drei Jahren für ihren Arbeitgeber tätig ist, hatte am 24.07.2010 an der Loveparade in Duisburg teilgenommen. Seitdem ist sie arbeitsunfähig erkrankt. Sie gab an, dass sie sich seinerzeit unmittelbar an der Treppe neben der Rampe befunden habe, wo mehrere Menschen zu Tode gekommen seien. Mit Glück habe sie entkommen können. Danach sei sie jedoch durch die unmittelbar erlebten Geschehnisse schwer traumatisiert gewesen und habe unter Panikanfällen sowie Konzentrationsstörungen gelitten. Nach einem von ihr abgebrochenen Arbeitsversuch am 02.08.2010 habe sie sich in ärztliche Behandlung begeben. Zunächst habe sie sich einem stationären Krankenhausaufenthalt unterzogen. Danach habe sie eine ambulante Therapie durchgeführt. Mit Schreiben vom 15.02.2011 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigten krankheitsbedingt zum 31.03.2011. Er begründete die Kündigung damit, dass er von einer lang dauernden Erkrankung mit ungünstiger Zukunftsprognose ausgehe. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei unzumutbar. Er müsse den Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin anderweitig wieder besetzen. Diese erhob Kündigungsschutzklage. Sie bestritt die negative Prognose und behauptete, dass ab dem 01.04.2011 eine von der Rentenversicherung bewilligte Wiedereingliederungsmaßnahme durchgeführt werde, um sie wieder an eine Vollzeittätigkeit heranzuführen. Damit sei eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit absehbar und die Kündigung somit unverhältnismäßig.
Das sagt der Richter
Die Parteien einigten sich im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens auf einen Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung. Beide Parteien haben die Möglichkeit, den Vergleich bis zum 19.04.2011 zu widerrufen (ArbG Krefeld, Vergleich vom 07.04.2011, Az.: 1 Ca 560/11).
Das bedeutet die Entscheidung
Als Prozessvergleich wird die Beendigung eines Rechtsstreits über ein Rechtsverhältnis durch gegenseitiges Nachgeben in der Form eines Schuldvertrages während eines Prozesses bezeichnet. Der Vergleich ermöglicht im Gegensatz zum Urteil einen größeren Gestaltungsraum. Gegenstand des Vergleichs kann alles sein, was sich rechtlich regeln lässt.
Voraussetzungen eines Prozessvergleichs
- Der Vergleich muss vor einem deutschen Gericht geschlossen werden.
- Der Vergleich muss den Streitgegenstand eines anhängigen Verfahrens betreffen und diesen zumindest teilweise erledigen.
- Der Streitgegenstand muss der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegen.
- Die Parteien müssen partei-, prozess- und postulationsfähig sein.
- Der Vergleich muss nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) ordnungsgemäß protokolliert werden.
Wichtiger Hinweis
Der Widerruf eines Prozessvergleichs kann wirksam sowohl dem Gericht als auch der anderen Vergleichspartei gegenüber erklärt werden, wenn die Parteien keine hiervon abweichende Vereinbarung getroffen haben; dies gilt jedenfalls für Prozessvergleiche, die seit dem 01.01.2002 geschlossen wurden (BGH, Urteil vom 30.09.2005, Az.: V ZR 275/ 04).
- Kommentieren
- 5847 Aufrufe