Vorsicht – Personalgespräche können Sie nicht per Weisungsrecht erzwingen
Personalgespräche sind für die meisten Vorgesetzten Routineanglegenheit. Es kann daher durchaus vorkommen, dass Sie dabei den Gesprächspartner „Arbeitnehmer“ aus den Augen verlieren und Sie dessen Rechte unterschätzen. Einen Mitarbeiter per abeitgeberseitigem Weisungsrecht zum Gespräch zu „verdonnern“ ist nicht nur wenig zielführend, dies kann auch gewaltige rechtliche Konsequenzen beinhalten. Einen klassischen Fall musste jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) entscheiden.
Der Fall aus der Praxis
Eine Altenpflegerin wurde von der Personalleitung zu einem Einzelgespräch gebeten. Vorausgegangen waren Gruppengespräche zusammen mit Kollegen, in welchen der Arbeitgeber aufgrund von wirtschaftlicher Schwierigkeiten über die geplante Verminderung des 13. Monatsgehalts gesprochen hatte. Die Kürzung wurde von allen Mitarbeitern abgelehnt. Die Mitarbeiterin war zwar zum Termin beim Personalleiter erschienen, hatte aber darauf bestanden, über die Absenkung der Arbeitsvergütung nur gemeinsam mit anderen betroffenen Kollegen zu sprechen. Der Personalleiter sprach eine Abmahnung aus, da er der Ansicht war, das Verhalten käme einer Arbeitsverweigerung gleich. Es gehöre zur Arbeitspflicht eines Beschäftigten, an Personalgesprächen teilzunehmen. Die Pflegerin hielt dies für unrechtmäßig und zog vors Arbeitsgericht.
Das sagt der Richter
Nachdem die beiden unteren Instanzen durchlaufen waren, gab ihr letztendlich das BAG Recht - der Arbeitgeber muss die Abmahnung aus der Personalakte entfernen. Der Arbeitgeber könne zwar nach § 106 Gewerbeordnung (GewO) gegenüber allen Arbeitnehmern Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gelte auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Dagegen erstrecke sich das Weisungsrecht nicht auf die Bestandteile des arbeitsrechtlichen Austauschverhältnisses, also die Höhe des Entgelts und den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Hier war die Weisung des Arbeitgebers ausschließlich auf eine Verhandlung zur Vertragsänderung gerichtet. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber bei Weisungen auch die grundrechtlich geschützten Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Die Vertragsfreiheit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Artikel 12 GG) umfasst - jedenfalls im Grundsatz - auch das Recht, Verträge nicht abzuschließen. Mit umfasst ist davon auch das Recht, Vertragsänderungen abzulehnen (BAG, Urteil vom 23.6.2009, 2 AZR 606/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Als Chef können Sie viel verlangen, aber nicht alles. Handhabe für Weisungen ist ihr Direktionsrecht. Darunter wird nach § 106 GewO das Recht des Arbeitgebers verstanden, die im Arbeitsvertrag nur grob umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers einseitig durch Weisungen konkretisieren zu können. Wird gegen eine rechtmäßige Weisung verstoßen, dürfen sie abmahnen.
Expertenrat
Gemeint sind Zeit, Ort, Inhalt und Art und Weise der zu leistenden Arbeit.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ist es bei einer nicht klaren zugewiesenen Tätigkeit im Arbeitsvertrag möglich, aufgrund des Weisungsrechtes dem Arbeitnehmer jede Tätigkeit zu übertragen, die der Vergütungsgruppe des Arbeitnehmers entspricht.
Tipp
Aus ihrer Perspektive macht es meist keinen Sinn, sowohl die Aufgabe, als auch den Ort der Arbeit so genau wie möglich zu beschreiben. Halten Sie sich deshalb hier Spielräume offen!
Auf der anderen Seite werden ihre Mitarbeiter auf die Festlegungen der Eckpunkte drängen. Sorgen Sie deshalb bereits im Arbeitsvertrag vernünftig vor und planen sie für die Zukunft, um arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen von vornherein aus dem Weg zu gehen.
Checkliste zum Download
Was geht und was nicht, erfahren Sie in der Checkliste: Weisungsrecht des Arbeitgebers.
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