Kein Unfallschutz für Vergewaltigungsopfer durch gesetzliche Unfallversicherung
Gasthörer an der Uni genießen keinen Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung
Jemand der eine Universitätsveranstaltung besucht, ohne als Student immatrikuliert oder von der Universität in anderer Form, etwa als Gasthörer, offiziell registriert zu sein, genießt keinen Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz im Fall einer jungen Frau entschieden, die auf dem Weg von der Universität nach Hause vergewaltigt wurde und keinen Anspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung hat.
Der Fall aus der Praxis
Die Klägerin hatte im Januar 1989 an der Universität ein Proseminar und eine Vorlesung besucht. Sie war weder immatrikuliert noch als Gasthörerin förmlich registriert gewesen. Auf dem Weg von der Universität nach Hause wurde sie von einem unbekannten Täter vergewaltigt. Seitdem leidet sie an Angstzuständen mit Schlafstörungen und einer Verschlechterung anderer körperlicher Erkrankungen.
2008 wurde ihr Antrag auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung abgelehnt. Die Begründung lautete, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Klägerin im Januar 1989 Studentin gewesen sei. Dem Sozialgericht (SG) wurde eine Stellungnahme des kunstgeschichtlichen Seminars der Universität vom Juni 2009 vorgelegt, in denen zwar Seminarbesuche aufgrund handschriftlicher Eintragungen auf dem Personalblatt der Studentenkartei des Wintersemesters 1988/89 bestätigt wurden. Allerdings sei die Klägerin nach Auskunft des Studentensekretariats vom 10.06.1988 an exmatrikuliert gewesen.
Die Sozialrichter wiesen die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein.
Das sagt das Gericht
Ohne Erfolg. Das Gericht urteilte wie folgt: Die Klägerin hatte an dem besagten Tag im Jahr 1989 keinen nach § 550 Abs. 1 RVO (Reichsversicherungsordnung) versicherten Wegeunfall erlitten, weil keine vom Gesetz geforderte formale Beziehung zwischen ihr und der Hochschule bestand.
Das Erfordernis einer formalen Beziehung zwischen Hochschule und Teilnehmern an einer Veranstaltung der Universität ergebe sich sowohl aus dem Gesamtkontext der gesetzlichen Regelung, wonach in anderen Bereichen ebenfalls an eine solche formale Beziehung angeknüpft werde, als auch aus der Entstehungsgeschichte. Die Einbeziehung der Studierenden in die gesetzliche Unfallversicherung erfolge aufgrund eines Vergleichs mit Personen, die eine berufliche Aus- oder Fortbildung absolvierten. Diese Betonung der Gleichbehandlung spreche dafür, keine geringeren Anforderungen an die Studierendeneigenschaft zu stellen, als bei Kindern in Tageseinrichtungen, Schülern und Auszubildenden, die ebenfalls in einer formalen Beziehung zur jeweiligen Einrichtung bzw. dem jeweiligen Betrieb stehen müssen, um den Versicherungsschutz zu haben.
Diese formale Beziehung sei hier zwischen der Klägerin und der Universität im Wintersemester 1988/1989 nicht dadurch begründet worden, dass die Dozenten der Veranstaltungen, die Berechtigung zur Teilnahme nicht geprüft und gegen diese nichts eingewandt hatten. Ebenso wenig habe die Eintragung der Klägerin in das Personalblatt des Seminars der Universität ausgereicht. Auch die Korrektur einer Hausarbeit habe keinen Status der Klägerin im Verhältnis zur Universität begründet. Letztlich habe auch der Umstand, dass die Teilnahme der Klägerin an den Veranstaltungen der Universität im Wintersemester 1988/1989 für die spätere Zulassung zum Rigorosum an der Universität von Bedeutung war, keine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigt (LSG Rheinland-Pfalz , Urteil vom 14.07.2011, Az.: L 5 U 240/10).
Unfallkasse der Länder ist für Unfallschutz von Studenten zuständig
Während des Studiums sind Studenten gesetzlich gegen Unfall versichert. Die Unfallkassen der Bundesländer sind für die gesetzliche Unfallversicherung der Studenten zuständig.
Wichtiger Hinweis
Studenten zahlen keine Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, weil die Länder für die Kosten zuständig sind.
Diese Bereiche sind vom Unfallschutz umfasst
Die nachstehenden Tätigkeiten von Studenten sind von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt:
- Wege zur und von der Immatrikulation
- Wege zu und von den Vorlesungen
- Besuch der Vorlesungen
- Repetitorien und Exkursionen, die von der Hochschule veranstaltet werden
- Besuch der Universitäts- und staatlichen Bibliotheken
- Hochschulsport
- Teilnahme an den von der Uni organisierten Auslandsexkursionen
- Tätigkeiten für die studentische Selbstverwaltung
Gesetzliche Unfallversicherung sorgt für Wiederherstellung der Gesundheit
Erleidet ein versicherter Student einen Unfall, so ist es Aufgabe der gesetzlichen Unfallversicherung, die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Studenten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und ihn oder seinen Hinterbliebenen mit Geldleistungen zu entschädigen. Dies geschieht durchdie Übernahme von Heilbehandlungskosten sowie die Versorgung mit Arzneimitteln, Verbandsmitteln und Heilmitteln. Verbleibt nach Ablauf der Heilbehandlung eine dauerhafte Erwerbsminderung, hat der Student Anspruch auf eine Unfallrente.
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