EuGH untersagt Steuerdiskriminierung in Homo-Ehe
Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der Partner einer Lebenspartnerschaft Anspruch auf die gleichen Zusatzversorgungsbezüge wie ein verheirateter Partner, wenn eine mit der Ehe rechtlich und tatsächlich vergleichbare Situation besteht.
Der Fall aus der Praxis
Ein Verwaltungsangestellter war von 1950 bis zu seiner Erwerbsunfähigkeit 1990 bei der Stadt Hamburg beschäftigt. Er lebt seit 1969 mit seinem Partner zusammen. 2001 gingen die beiden eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein. Der Verwaltungsangestellte informierte die Stadt Hamburg als seinen ehemaligen Arbeitgeber hierüber und beantragte, seine Zusatzversorgungsbezüge von nun an unter Zugrundelegung einer günstigeren Steuerklasse für verheiratete Versorgungsempfänger zu berechnen. Dadurch wäre sein Ruhegeld um rund 300 € monatlich gestiegen. Die Stadt Hamburg lehnte ab und verwies darauf, dass die günstigere Steuerklasse nur für verheiratete Versorgungsempfänger gelte, die nicht dauernd getrennt leben, oder solche, die Anspruch auf Kindergeld bzw. eine entsprechende Leistung haben. Der Verwaltungsangestellte fühlte sich aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert und sah in dem Verhalten der Stadt Hamburg einen Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Er erhob entsprechend Klage zum zuständigen Arbeitsgericht (ArbG) Hamburg. Die Hamburger Richter befragten den EuGH über die Auslegung der allgemeinen Grundsätze und der Vorschriften des Unionsrechts bezüglich der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf wegen der sexuellen Ausrichtung.
Das sagt der Richter
Der EuGH stellte fest, dass eine Diskriminierung vorliegt, wenn die Personen der Lebenspartnerschaft sich in einer mit der Ehe rechtlich und tatsächlich vergleichbaren Situation befinden. Im Streitfall setzte die Anwendung der günstigeren Steuerklasse voraus, dass der Versorgungsempfänger verheiratet ist und von seinem Ehegatten nicht dauernd getrennt lebt. Damit soll gewährleistet sein, dass auch Personen, die mit dem Versorgungsempfänger zusammenleben, von dem Ersatzeinkommen profitieren. Denn Ehegatten sind verpflichtet, während des Zusammenlebens füreinander zu sorgen, sich zu unterstützen und mit ihrem Vermögen angemessen zu unterhalten. Dasselbe gilt nach dem Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG) allerdings auch für Lebenspartner. Die günstigere Steuerklasse für Verheiratete hängt zudem nicht davon ab, welche Einkünfte der Ehegatte hat oder ob es Kinder gibt. Der Familienstand des Verwaltungsangestellten hatte darüber hinaus keinerlei Einfluss auf seine Beiträge. Sie waren genauso hoch wie die seiner verheirateten Kollegen. Folglich sind die beiden Situationen vergleichbar (EuGH, Urteil vom 10.05.2011, Az.: C-147/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Zusatzversorgungsbezüge eines in einer Lebenspartnerschaft lebenden Partners, die niedriger sind als diejenigen, die einem Ehepartner in einer bestehenden Ehe gezahlt werden, können eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellen. Das ist der Fall, wenn die Lebenspartnerschaft Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist und sich in einer mit der Ehe rechtlich und tatsächlich vergleichbaren Situation befindet.
Praxis-Tipp
Lebenspartner können mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die EU Gleichbehandlungsrichtlinie, also ab dem 03.12.2003, eine Ehepartnern entsprechende Berechnung ihrer Zusatzversorgung verlangen. Öffentliche Arbeitgeber sind unmittelbar daran gebunden. Grundsätzlich ist das Urteil auch auf die betriebliche Altersversorgung übertragbar. Für den Fall, dass ein privater Arbeitgeber die Gleichbehandlung unter Hinweis auf deutsche Gesetze verweigert, können Lebenspartner gegen den Bund einen Anspruch auf Schadenersatz haben.
Wichtiger Hinweis
Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gehört zu den Altersvorsorgesystemen und stellt eine ergänzende Altersvorsorgemaßnahme für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst dar. Es handelt sich um eine besondere Art der Betriebsrente.
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