16.000 private SMS per Firmenhandy – Kündigung unwirksam
Ein Leben ohne Handy ist in der modernen Arbeitswelt kaum noch vorstellbar. Für viele Berufstätige sind die mobilen Alleskönner zum unverzichtbaren Bestandteil ihres Arbeitsalltags geworden. Die Kehrseite der Medaille sind die vielen Arbeitnehmer, die Symptome einer Handysucht aufweisen.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer war in der Großküche eines Flughafens beschäftigt. Über einen Zeitraum von 22 Monaten hatte er über 16.000 private Kurznachrichten (SMS) von seinem Firmenhandy abgesetzt. Der dadurch beim Arbeitgeber entstandene Schaden belief sich auf über 2.500 €. Als bei einer internen Revision Unregelmäßigkeiten bei den Abrechnungen des Diensthandys des Beschäftigten auffielen, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer außerordentlich, ersatzweise ordentlich. Der Arbeitnehmer erhob Kündigungsschutzklage.
Das sagt der Richter
Das Gericht erklärte die Kündigungen für unwirksam. Eine Überschreitung des erlaubten Nutzungsumfanges eines Mobiltelefons setze nicht die gleiche kriminelle Energie voraus wie ein Diebstahl oder eine Unterschlagung. Im Gegensatz zu Eigentums- und Vermögensdelikten erfolge die private Nutzung eines Handys nicht heimlich. Seitens des Arbeitgebers hätte eine frühere Reaktion erfolgen müssen. Denn im Unternehmen seien monatlich entsprechend hohe Handyrechnungen eingegangen, sodass der Arbeitgeber zeitnah eine Abmahnung hätte erteilen können. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führe dazu, dass es dem Arbeitnehmer aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht ohne weiteres erkennbar war, dass sein Verhalten das Arbeitsverhältnis gefährden könnte (ArbG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.09.2010, Az.: 24 Ca 1697/10).
Das bedeutet die Entscheidung
Eine außerordentliche oder ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist grundsätzlich nur wirksam, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits zuvor wegen eines gleichartigen Fehlverhaltens eine Abmahnung erteilt hat. Eine Abmahnung ist nur in wenigen Ausnahmefällen entbehrlich:
- Abmahnung verspricht keinen Erfolg, weil der Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er sein Fehlverhalten auch künftig nicht ändern wird
- Fehlverhalten des Arbeitnehmers ist so schwerwiegend, dass es das Vertrauensverhältnis der Arbeitsvertragsparteien grundlegend und nachhaltig erschüttert hat
- Arbeitnehmer hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten so schwer verletzt, dass es ihm bewusst sein musste, die Kündigung zu erhalten
Sorgen Sie für klare Verhältnisse
Um Missverständnissen vorzubeugen, sollten Sie bei der Überlassung von Mobiltelefonen an Ihre Mitarbeiter klare und jederzeit nachprüfbare Regeln aufstellen. Werfen Sie zu diesem Zweck einen Blick in unsereMusterformulierung Betriebsvereinbarung zur Firmenhandynutzung.
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