Stressmanagement: Verabschieden Sie sich von Ihren Stressoren
Stress ist Ihre persönliche Antwort auf Dinge, die geschehen. Reduzieren Sie Ihren Stress, indem Sie Ihre Stressoren erkennen - denn dann können Sie Ihre Verhaltensweise ändern. Obwohl Stress in aller Munde ist und jeder unter Stress leidet, ist Stress keine universelle Erscheinung, sondern eine sehr persönliche Reaktion auf Ereignisse, Begebenheiten oder Situationen, die in Ihnen einen Impuls aktivieren, der in Ihnen Stressgefühle auslöst.
Ändern Sie Ihren Blickwinkel
Bisher haben Sie das Außen für Ihren Stress verantwortlich gemacht: Ihren Vorgesetzten, der ungenaue Angaben machte, die kurzfristigen Deadline; der schwierige Kunde. Diese Sichtweise verschafft einen Vorteil: Um weniger gestresst zu sein, müssen sich die anderen ändern. Allerdings ist dies auch gleichzeitig ein gewaltiger Nachteil: Sie fühlen sich machtlos, hilflos und der Situation ausgeliefert. Sie werden zum Opfer der Umstände, denn durch diese Sichtweise liegt es ja nicht in Ihren Händen, etwas dagegen zu tun. Nur wird sich das Außen nicht für Sie ändern.
Die Verantwortung liegt bei Ihnen. Sie entscheiden sich in der jeweiligen Situation so zu reagieren, wie Sie reagieren: Nämlich mit Ihren Stressgefühlen. Sie können sich auch entscheiden, die Situation anders zu interpretieren und dadurch eine andere Ausgangslage für sich schaffen, die keinen Stress auslöst.
Holen Sie sich Ihre Macht zurück. Erkennen und akzeptieren Sie, dass Stress
- Ihre Reaktion auf diese bestimmte Situation ist.
- nicht gleich Stress ist. Denn Sie reagieren nicht jedes Mal gestresst, wenn Sie beispielsweise im Stau stehen. Was ist der Unterschied in Ihrem Erleben, Ihren Gedanken und Ihrer Bewertung dieser Situation, dass Sie einmal mit einem Gefühl des Stresses reagieren, ein anderes Mal nicht?
Übung:
Listen Sie jetzt einmal alles auf, was Sie stresst. Notieren Sie auch kleinste Stressereignisse wie beispielsweise das verbrannte Toastbrot am Morgen. Wählen Sie sich anschließend ein oder zwei Ereignisse aus. Bearbeiten Sie mit diesen Ereignissen die folgenden Schritte.
Verabschieden Sie sich von Ihren Stressoren: 4 Schritte
Ein durchgängiges Beispiel soll Ihnen dabei die einzelnen Schritte verdeutlichen.
Schritt 1: Gehen Sie Ihrem Stress-Impuls auf den Grund
Ihr Stress ist also Ihre Antwort auf die jeweilige Situation. Und für Ihre Reaktion gibt es einen guten Grund. So manches Mal können sich tatsächlich frühe Kindheitsprogrammierungen dahinter verbergen. Hinterfragen Sie Ihren Stress-Impuls, indem Sie die Anti-Stress-Übung: Den-Gedanken-freien-Lauf-lassen durchführen. Schreiben Sie in dieser Übung alle Gründe auf, die Ihnen als Stress-Faktoren einfallen. Schreiben Sie sich leer, ohne zu stoppen. Mit Hilfe dieser Übung stoßen Sie mühelos an die Gedanken, die tatsächlich für Ihr Stressgefühl verantwortlich sind.
Beispiel:
Herr C. war auf dem Weg zu einem wichtigen Kundengespräch, als er in einen Stau geriet, der bei ihm sofort ein starkes Stressgefühl auslöste. Statt nun wütend auf die Verzögerung zu werden, griff er sich einen Stift und Papier, um die Stress-Impuls-Übung durchzuführen.
Ich fühle mich durch diesen Stau gestresst, weil …
…ich zu spät kommen könnte.
…der Kunde verärgert reagieren könnte.
…Unpünktlichkeit einen schlechten und unprofessionellen Eindruck hinterlässt.
…ich den Auftrag verlieren könnte.
…Papa mit Nachdruck uns allen Pünktlichkeit eingetrichtert hat.
Mit einem Male erkannte er, dass sein Stress-Gefühl nur auf den Pünktlichkeits-Standards seines Vaters basiert – dies ist seine Stress-Ursache.
Schritt 2: Lernen Sie Ihre Stress-Ursache besser verstehen
Auf die wahre Stress-Ursache zu stoßen, ist ein befreiender Moment. Schlagartig entspannen Sie sich. Sie fühlen sich ruhiger und voller Kraft. Sie haben in diesem Augenblick Ihren Stress losgelassen.
Damit dies anhält, ist es wichtig, die Stress-Ursache mit all ihren Verknüpfungen, Bildern und Gedanken, die Sie für diese haben, besser zu verstehen. Hinterfragen Sie Ihre Stress-Ursache, indem Sie erneut die Übung: Den-Gedanken-freien-Lauf-lassen durchführen.
Beispiel:
Der Satzbeginn, den sich Herr C. für diese Übung notierte, war
Papas Pünktlichkeits-Standards zu folgen, bedeutete…
…höflich zu sein,
…den anderen seine Wertschätzung zu zeigen.
…ihm und der Familie keine Schande zu bereiten.
…zuverlässig zu sein und so den Familienablauf zu garantieren.
…Papas Zuneigung zu erhalten, wenn ich pünktlich war.
…Papas Wut und Nichtbeachtung zu spüren, kam ich zu spät.
Schritt 3: Schaffen Sie für sich Realität
Zu entdecken, was Sie mit der Stress-Ursache verbinden, wird Sie meist von der jeweiligen Situation zu einer anderen Problematik führen. Nicht länger ist der Stau oder das Kundengespräch von Relevanz, sondern vielleicht Verlustgefühle gegenüber dem Partner oder die Angst eigene Standards zu entwickeln, die denen der Eltern oder wichtige Bezugspersonen widersprechen.
Obwohl Sie jetzt viel erkannt und begriffen haben, kann es dennoch sein, dass Sie die Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Wut oder Hilflosigkeit auf die jetzige Situation übertragen, obwohl diese nichts mit diesen Gefühlen zu tun hat. Deshalb schaffen Sie für sich Realität. Fragen Sie sich:
- Betrifft Ihre Angst wirklich diese Situation? Haben Sie beispielsweise Angst, dass der Kunde wütend reagieren könnte? Haben Sie hier Erfahrungen gesammelt, die diese mögliche Reaktion untermauern?
- Sind Sie wütend auf die Personen, die an der jetzigen Stress-Situation beteiligt sind?
- Ist Ihr Gefühl des Ausgeliefertsein oder der Hilflosigkeit für diese Situation angemessen? Welche Kompetenzen haben Sie, um diese Situation zu bewältigen?
- In welchen vergangenen ähnlichen Situationen gab es welches Ergebnis? Was können Sie dafür jetzt nutzen?
Beispiel:
Schnell hatte Herr C. die Situation neu bewertet. Bisher hatte er keinerlei negativen Erfahrungen mit dem Kunden gemacht, die seine Ängste bestätigen könnten. Seine Befürchtungen basieren auf Vermutungen.
Schritt 4: Ändern Sie dank Ihrer Erkenntnisse Ihre Handlungsweise
Sie haben die tieferliegende Ursache für Ihren Stress erkannt. Durch diese Erkenntnis wissen Sie jetzt,
- welche Problematik wirklich gelöst werden muss.
- wie Sie stressfrei in der augenblicklichen Situation neu und anders handeln können.
Überlegen Sie sich erst einmal, wie Sie mit der aktuellen Begebenheit umgehen möchten und können.
- Wie können Sie Ihre Kommunikation ändern?
- Welche Lösungsideen fallen Ihnen spontan ein?
- An welche Kompetenzen und Fähigkeiten können Sie anknüpfen?
- Wie ließe sich die Angelegenheit schnell und zufriedenstellend klären?
- Was müssten Sie wie, wann und mit/bei wem tun?
Abhängig von der wahren Stress-Ursache werden Sie komplexere – meist innere – Strukturänderungen vornehmen. Hier einige Tipps zur Auflösung der Stress-Ursache:
- Legen Sie eigene Standards fest, die Ihr Leben, Ihre Arbeit und Karriere, Ihre Familie, Ihre Auffassung zu verschiedenen Themen usw. betreffen.
- Hinterfragen Sie Ihr bisheriges Rollenverständnis. Definieren Sie es neu. Lassen Sie einschränkende Auffassungen los.
- Passen Sie Ihr Erfolgsverständnis den eigenen Vorstellungen an.
- Verabschieden Sie sich von blockierenden Glaubenssätzen.
- Stärken Sie Ihr Selbstbild und Ihr Selbstbewusstsein.
Beispiel:
Der Stau hat sich bei Herrn C. noch nicht aufgelöst – sein Stressgefühl allerdings schon. Ruhig greift er zu seinem Handy und ruft seinen Kunden an, der ihm freundlich mitteilte, dass eine Verspätung kein zeitliches Problem darstelle. Erleichtert nach diesem Telefonat kontaktiert er noch seine Sekretärin und bittet sie, den anschließenden Termin auf einen anderen Tag zu verlegen. Und als dies alles erledigt ist, beginnt er während der Stopp-und Go-Phasen an seinen eigenen Pünktlichkeits-Standards zu arbeiten.
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